Warum man das Trinkwasser auf Ammonium-Ionen untersucht

Trinkwasser gehört in Deutschland zu den unbedenklichsten Lebensmitteln. Deshalb müssen die Stadtwerke das Trinkwasser, das sie dem Verbraucher liefern, ständig auf toxische Bestandteile untersuchen.


Warum ist das Ammonium im Trinkwasser bedenklich?
Warum ist der Grenzwert mit 0,5 mg/l so gering angesetzt worden? Letzteres ist besonders verwunderlich, denn manche Genussmittel wie Lakritz oder Salmiakpastillen enthalten Ammoniumchlorid im Bereich von 10-20 Masse%. Für die toxikologische Einordnung gibt es drei Gründe.

1. Grundsätzlich ist das Auftreten von Ammonium-Ionen ein Hinweis darauf, dass Gülle (Jauche) oder andere tierische Abfälle ins Trinkwasser gelangt sind. Denn aus Eiweiß und besonders aus im Harn enthaltenem Harnstoff wird durch Bakterien Ammoniak bzw. Ammonium gebildet.

O=C(NH2)2 + H2O ———> CO2 + 2 NH3

2. Zuviel Ammonium schädigt beim Menschen die Nieren, die das Hauptausscheidungsorgan für wasserlösliche Ionen sind. Es bildet sich durch Abspaltung von Protonen übermäßig viel Ammoniak zurück. Dieses ist ein Zellgift.
3. Ammonium-Ionen wirken offenbar auch auf das Zentralnervensystem. Wenn man z. B. zu viele Salmiakpastillen isst, kann einem sehr heiß werden. Ein Grund ist, dass Ammonium-Ionen und Kalium-Ionen physikalisch ähnlich sind: Sie haben gleiche Ladungen und gleiche Ionenradien. So kann es zum Verdrängen der für die Nervenfunktion wichtigen Kalium-Ionen kommen.

Zu den Feinmechanismen der Toxizität von Ammonium-Ionen haben wir eine besondere Webseite.


Die Ammonium-Nachweise
Für Ammonium-Ionen gibt es verschiedene Nachweise.

1.

Man könnte Perchlorsäure zur Wasserprobe geben. Die bildet mit Kalium- und den physikalisch ähnlichen Ammonium-Ionen einen schwerlöslichen weißen Niederschlag.

NH4+ + ClO4- ———> NH4ClO4

Der Nachteil ist aber, dass man beide Ionen nicht auseinanderhalten kann. Schließlich kommen beide im Trinkwasser vor.

2.

Bei stark belasteten und vor allem bei verschmutzten Gewässern destilliert man die Wasserprobe. Hierzu wird die Wasserprobe mit Natronlauge stark alkalisch eingestellt, wodurch Ammonium in flüchtiges Ammoniak umgewandelt wird.

NH4+ + OH- ———> NH3 + H2O

Das ist in Wasser zwar stark löslich, kann aber durch Erhitzen ausgetrieben werden. Das so abgetrennte Ammoniak wird in Schwefelsäure bekannter Konzentration aufgefangen. Man titriert die nicht verbrauchte Schwefelsäure mit Natronlauge zurück.

3. 

Der klassische Nachweis erfolgt immer noch mit Neßlers Reagenz. Das ist eine Mischung von Kalium-Iodid KI und Quecksilber-Iodid HgI2, welche in Lösung zu einem farblosen Komplex reagieren: Kalium-tetra-iodo-mercurat(II).

2 KI + HgI2 ———> K2[HgI4]

Mit diesem sehr giftigen Reagenz bildet Ammonium in alkalischem Milieu einen orangegelben, schwerlöslichen (ebenso giftigen) Farbstoff, dessen Konzentration man bei geringen Ammoniumkonzentrationen fotometrisch bestimmen kann.

2 K2[HgI4] + NH3 ———> [Hg2N]+ I- + 4 KI + 3 HI

Das ist ein Beispiel dafür, dass man leider häufig zum Nachweis von Umweltgiften giftige Stoffe einsetzen muss. Diese werden aber fachgerecht entsorgt.

4. Ein weiteres fotometrisches Verfahren ist die Bildung von Indophenolblau. Die zugrundeliegenden komplizierten Reaktionen wollen wir hier nicht weiter erörtern.


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Letzte Überarbeitung: 16. April 2012, Dagmar Wiechoczek