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(Fotos: Blume) |
Hintergrundwissen zu Holz, Cellulose und Papier
Experimente:
Versuch: Holzaufschluss mit dem Acetosolv-Verfahren
Versuch: Bleichen der Roh-Cellulose
Papier ist ein aus Cellulose hergestellter flächiger Werkstoff. Seine
Bestandteile sind:
- | Cellulose (Polysaccharid aus Holz, Lumpen, Stroh...) | |
- | Füllstoffe (Kaolin, Asbest, Gips, Schwerspat, Titandioxid etc.) | |
- | Leimsubstanzen (Harzseifen, fixiert mit Aluminium- oder Chromsulfaten (Alaune), Wasserglas, Knochenleim). |
Primärer Rohstoff zur Cellulosegewinnung ist Holz, aber auch Stroh usw. findet Verwendung. Holz ist wie folgt zusammengesetzt:
- | 25-30 % | Holzstoff (Lignin) | |
- | 25-30 % | Hemicellulose-Polymere (Pentosane) | |
- | 40-50 % | Cellulose (Poly-ß-Glucose) |
- | Harzstoffe (Harzsäuren, Harzseifen, Kolophonium) | |
- | Terpene (Terpentinöl, Pinen etc.) | |
- | Tallöl (Fettsäuren) |
Zum Aufbau von Holz: Mehrere Cellulosemoleküle bilden Stränge (Fibrillen), die von Hemicellulosepolymeren umwickelt sind. Diese Struktur wird durch Wasserstoffbrücken zusammengehalten. An die Hemicellulosepolymeren sind von außen die Ligninpolymere über Ether- und Esterbindungen fixiert. Eine Rolle spielen auch Wasserstoffbrücken und van der Waals-Bindungen.
Pro Jahr werden in der BRD ca. 10 Mio. t Papier (davon ca. 1/5 Pappe) hergestellt. Dabei treten eine Reihe von Umweltproblemen auf, die vor allem Müllmenge, Abwasser und Abluft betreffen:
"Zellstoffwerke gehören mit ihrem enormen Holzverbrauch, ihren
schwefelhaltigen, stinkenden Abgasen und immensen Abwasserfrachten zu den
schlimmsten Umweltverschmutzern überhaupt. In der BRD merken wir nur
deshalb relativ wenig davon, weil der größte Teil des hier verwendeten
Zellstoffs, nämlich 80 %, importiert wird. Die Probleme werden so
exportiert. Die meisten dieser Anlagen stehen dort, wo wenig Menschen wohnen -
etwa in den Weiten Skandinaviens oder Nordamerikas" [1].
Holzaufschlussverfahren
Das Problem ist stets, die vielen Cellulosebegleitstoffe unter möglichst weitgehendem Erhalt
der Cellulosestruktur abzutrennen. Dabei ist vor allem das wasserunlösliche Lignin, das die
Cellulose dunkel färbt, möglichst quantitativ herauszulösen.
Die Inhaltsstoffe des Holzes sind untereinander chemisch vor allem durch Wasserstoffbrücken verbunden. Diese können durch Kationen oder Protonen gespalten werden (Konkurrenz um H-Brücken).
1 | Bei dem klassischen Schwefelaufschluss werden je nach Verfahren Calcium-Hydrogensulfit Ca(HSO3)2, Natriumsulfid Na2S oder starke Säuren verwendet. Durch die Behandlung mit Schwefelverbindungen entstehen Ligninsulfonsäure R-SO3H sowie Ester zwischen Lignin und Schwefliger Säure R-O-SO2H (bzw. deren Salze), die - anders als Lignin - in Wasser löslich sind und somit durch Ausspülen von der Cellulose getrennt werden können. Diese Ligninsulfonsäuren haben darüber hinaus noch Tensidcharakter und fördern so ihre eigene Ausspülbarkeit. |
2 | Bei den Organosolv-Verfahren ist eine Sulfonierung von Lignin nicht erforderlich. Statt dessen werden als Katalysator starke Säuren und zur Abtrennung des Lignins organische Lösemittel eingesetzt. |
Allerdings ist auch die Cellulose selbst gegen Säuren und Laugen empfindlich. Deshalb ist die so gewonnene Cellulose schon von vornherein in einem gewissen Umfang geschädigt. Die im Folgenden beschriebenen Verfahren stellen deshalb Kompromisse dar. Optimieren kann man die Verfahren noch, indem man die unterschiedliche Qualität von Cellulose aus verschiedenen Pflanzenarten berücksichtigt. So kann man Cellulose statt aus Holz auch aus Stroh gewinnen.
Zum Holzaufschließen kocht man zerkleinerte Holzstückchen unter Druck mit bestimmten Chemikalienlösungen. Dabei gehen Harze, Lignin und andere Holzbestandteile in Lösung, der Zellstoff bleibt zurück. Er wird gewaschen und gebleicht. Hier einige Verfahren genauer:
A. Sulfitverfahren (Kalksteinverfahren)
Saures Verfahren, 10 Stunden bei 5 atü und 145 °C.
Aufschlussmittel: Ca-hydrogensulfit Ca(HSO3)2 bzw.
in mit SO2 gesättigtem Wasser suspendierter Kalkstein
CaCO3.
Chemischer Vorgang: Elektrophile Substitution durch HSO3¯-Ionen sowie Wasserstoffbrückenspaltung.
Die Verluste an Sulfit-Ionen werden durch Einleiten von SO2 ausgeglichen.
Die Cellulose ist weiß, aber durch partiellen Abbau nicht besonders hochwertig.
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B. Sulfatverfahren (Kraftaufschluss)
Basisches Verfahren, 4 Stunden bei 4 atü und 170 °C.
Aufschlussmittel: NaOH, Na2S, Na2CO3 und
Na2SO4.
Chemischer Vorgang: Wie beim Sulfitverfahren. Die Verluste an Sulfit werden durch Na2SO4-Zugabe
ausgeglichen. Daraus entsteht während des Aufschlussprozesses reduktiv neues Sulfit.
Die Cellulose ist braun wie Packpapier, aber hochwertig. Die Bleichung ist daher notwendig. Mit dem Sulfatverfahren
werden 80 % der Cellulose hergestellt.
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C. ASAM-Verfahren
Basisches, katalysiertes Verfahren mit organischem Lösemittel ("Organosolv-Verfahren");
180 °C, hoher Druck und 2 - 3 h.
Dieses Verfahren entspricht dem Kraftausschluss, allerdings setzt man 15
- 30 % Methanol als Lösemittel und etwas NaHSO3 zu.
Katalysator ist Anthrachinon.
Die Cellulose ist sehr hochwertig und durch Peroxide bleichbar.
Umweltbelastungen entfallen weitgehend. Es bilden sich kaum
Ligninsulfonsäuren, sondern vorrangig reines Lignin.
D. Acetosolv-Verfahren (-> Versuch)
Saures Verfahren in organischem Lösemittel (hier konzentrierte
Essigsäure), 1 Stunde bei 110 °C und Luftdruck.
Aufschlussmittel: 1proz. HCl als Katalysator.
Chemischer Vorgang: Durch Protonen katalysierte Hydrolyse von Ether- und Esterbindungen sowie Auflösung
von Wasserstoffbrücken. Das chemisch
abgetrennte schwarzbraune Lignin löst sich gut in konzentrierter Essigsäure. Der Prozess
wird im geschlossenen System durchgeführt. Das Lösemittel wird
quantitativ zurückgewonnen. Es fällt reines Lignin an, ein sehr
wichtiger nachwachsender Rohstoff, aus dem man hofft, biologisch abbaubare Kunststoff-Folien herstellen zu können.
Die Cellulose ist sehr hochwertig.
Trotz der umweltschonenden Bedingungen ist das Acetosolv-Verfahren wegen
Korrosionsproblemen noch nicht über das Pilotverfahren hinausgekommen.
Bleichung (-> Versuch)
Die so erhaltene Cellulose ist aufgrund der Lignin- und
Harzsäurereste braun gefärbt. Die Cellulosebleiche erfolgt durch
deren oxidativen Abbau mit Chlorkalk CaClOCl, Chlordioxid ClO2,
Ozon oder Wasserstoffperoxid. Die Verwendung von ammoniakalischem
Wasserstoffperoxid hat den Vorteil, dass keine festen Salze entstehen, die die Abwässer belasten.
Man sagt auch, dass die Abwässer nicht aufgesalzen werden.
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