Was ist Carbolineum?

Viele Gärtner bestreichen im Herbst ihre Holzzäune immer noch mit einer stinkenden schwarzbraunen Flüssigkeit: Carbolineum (lateinisch carbo, Kohle und oleum, Öl. Im -lin steckt wohl ein bisschen die Erinnerung an das flüssige Leinöl). Das Wort bedeutet also „Die ungesättigte Ölfarbe aus der Kohle“. Das soll die Zäune vor Fäulnis, vor allen möglichen Tieren und bohrenden Insekten schützen. Das machte auch die Bahn mit ihren Holzschwellen. Viele Leute haben von der Bundesbahn die alten Schwellen abgekauft, als die in den 1970iger Jahren Schwellen aus Beton einführte. Damit haben sie ihre Gärten eingefasst oder auch schon mal Sandkästen für die Kinderspielplätze gebaut, auf denen die Kinder sitzen konnten. In Bielefeld gibt es sogar ein Freizeithaus aus solchen Altschwellen:

Bild 1: Freizeithaus aus Eisenbahnschwellen - Sicherlich keine gesunde Bleibe…
(Foto: Blume)


Was ist Carbolineum?
Bei der Destillation von Stein- und Braunkohle (Verkokung) gewinnt man Teer und Teeröle. Diese enthalten unter anderem verschiedene Phenole und Kresole. Letztere sind Phenole des Toluols. Davon sind drei verschiedene bekannt.

Carbolineum ist eine Mischung der Teeröle mit Wasser. Die Teeröle sind nicht wasserlöslich. Es kann aber durch Zugabe von Seife, Soda oder auch Lauge eine Emulsion aus Wasser und Öl hergestellt werden. Vor allem das in den Teerölen enthaltene Phenol wirkt als Emulgator. Das Phenolmolekül besteht wie die klassischen Seifen aus einem unpolaren, hydrophoben Kohlenstoffgerüst und einem polaren, hydrophilen Teil. Durch Zugabe von alkalischen Substanzen wird die Emulgatorfunktion des Phenols noch verstärkt, da dann das Phenol ins stärker polare Phenolat übergeht.

Bild 2: Stillgelegtes Bahngleis mit Holzschwellen
(Foto: Helene)


Die im Carbolineum enthaltenen Phenole und Kresole wirken fäulnishemmend und desinfizierend. Außerdem wirkt Carbolineum gegen verschiedene Insekten oder deren überwinternde Brut, indem es sie in einen erstickenden Ölfilm hüllt. Deswegen wurde Carbolineum lange Zeit als konservierender Anstrich für Eisenbahnschwellen, Telegrafenmasten, Pfähle, Holzzäune und überhaupt alle möglichen Hölzer, die der Außenwelt ausgesetzt sind, verwendet. Leider ist es jedoch nicht völlig unbedenklich. Es ist nämlich stark haut- und atemwegreizend und bei längerer Einwirkung sogar krebserregend. Der Grund hierfür sind die im Carbolineum enthaltenen polykondensierten Aromaten (PAK). Deswegen ist der Einsatz von Carbolineum stark eingeschränkt und zum Teil gänzlich verboten worden.

Warum diese eigentlich chemisch völlig inerten Aromaten überhaupt krebserregend sind, erklären wir hier.

Zur Entdeckung der Eigenschaften von Carbolineum und zur Isolierung einiger seiner Inhaltsstoffe klicke hier.


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Letzte Überarbeitung: 12. Juni 2010, Dagmar Wiechoczek