Einleitung

Bild 1: Schwefelfäden und Schwefelstange
(Foto: Daggi)


Zuvor ein Hinweis: Diese Webseitengruppe ist kein Lehrbuch über Schwefel, sondern soll Schülern und chemisch Interessierten die Vielfalt dieses Nichtmetalls und seiner Verbindungen vor Augen führen.

Das Element Schwefel ist für Chemie, Geochemie, Biochemie und Umweltchemie von so großer Bedeutung, dass es sich lohnt, mehr über dieses Element zu erfahren und sich ausführlicher damit zu beschäftigen.

Aber es gibt noch andere, tieferliegende und nicht so sehr naturwissenschaftliche Gründe: Nichts wird so sehr mit Alchemie verknüpft wie die Eigenschaften von Schwefel und seiner Verbindungen. Und dann erst seine Gerüche - die assoziierte man mit Unterwelt und Hölle! Rochen doch die Vulkane danach. Mit Schwefel stellte man auch so ein Höllenzeugs her wie Schwarzpulver. Die Mischung von Schwefel und Kohlenstaub gab nach dem Anzünden einen blauen Dunst - den konnte man den Leuten auf dem Jahrmarkt sprichwörtlich vormachen. Auf diese Weise hielt man sie auf Abstand, und so konnten sie den Quacksalbern nicht so genau auf die Finger sehen.

Bild 2: Brennender Schwefel
(Foto: Daggi)


Meine Freude an der Chemie führe ich auf häusliche Schwefelchemie zurück. Meine Eltern hatten ein Haus komplett mit allem Inhalt gekauft. Darin befanden sich auch die Rückstände eines Krämerladens.
Den Schwefel fand ich dort in vielen Formen. Da waren Fäden (auch heute noch notwendig zum Ausschwefeln von Fässern für selbst gestampftes Sauerkraut, um Fehlgärungen zu verhindern), Pulver und auch viele fette Schwefelstangen. Damit habe ich viele Experimente gemacht. Ich habe den Schwefel erhitzt, sein merkwürdiges Schmelzverhalten studiert. Mein Interesse weckte, wie sich die Farbe des Schwefels dabei von Gelb nach Rotschwarz veränderte. Und das Allermerkwürdigste, was ich immer wieder probiert habe: Schwefel wird, wenn man ihn erhitzt, erst flüssig, dann aber über einen Zeitraum hinweg wieder fest, bevor er sich dann entschließt, wieder so richtig flüssig zu werden und mit gelbem Dampf zu sieden. Und wenn man ihn dann in kaltes Wasser gießt, entsteht eine kaugummiartige Substanz. Die haben wir auch gekaut - denn das war damals "in". Das echte Kaugummi bekamen wir sonst von den amerikanischen GIs, die kriegsbedingt bei uns im Hause wohnten und uns Kinder mit allem, was sie selbst hatten, versorgten und verwöhnten. Glücklicherweise ist Schwefel völlig ungiftig.

Schwefel diente mir auch zur Reaktion mit Eisenspänen, die ich mir mit Hilfe einer Feile durch Bearbeiten von beliebigen Eisenteilen wie zum Beispiel Eisenträgern selbst hergestellt habe. Wie schön das aufglühte, wenn ich das entzündete!

Es entstand eine schwarz-grau glänzende Masse, die - mit Salzsäure übergossen - ein nach faulen Eiern riechendes Gas entwickelte. Diese typische Geruchsmischung aus Salzsäure, Eisenverbindungen und Schwefelwasserstoff vergesse ich nie.

Ein Freund von mir stellte sich selbst Schwefelwasserstoff her, mit dem er sein Zimmer einnebelte. Er brauchte den Geruch irgendwie wie Friedrich Schiller das Schnuppern an seinem faulenden Apfel. Heute weiß ich, dass Schwefelwasserstoff ein Suchtmittel ist. Glücklicherweise störte es andere im Haus so sehr, dass dieser Sucht nicht allzu lange und intensiv gefrönt werden konnte. Denn Schwefelwasserstoff ist giftig - sogar giftiger als Blausäure. Sein Problem: Wenn man nichts mehr riecht, ist es zu spät; denn Schwefelwasserstoff ist ein Nervengift.

Beim Schmelzen habe ich den Schwefel das eine oder andere Mal auch versehentlich entzündet. Ich habe seine blaue Flammenfarbe bewundert und mir auch den Geruch nach Schwefeldioxid SO2 - also den Geruch von Braunkohleheizungen eingeprägt. Den habe ich bei Reisen in die DDR und in die anderen Ostblockländer immer gleich wieder erkannt.

Von den Gerüchen der Schwefelverbindungen her war mir bald klar, weswegen der eigentlich brave Schwefel und Hölle assoziiert werden. Und dass auch des Stinktiers oder des Katers Duft auf Schwefelverbindungen beruhen, rundete das Bild ab. Aber der Kaffee? Frisch gerösteter Kaffee riecht auch irgendwie nach Katzenklo - jawohl, auch der enthält solchen Schwefelkram. Schnuppern Sie einmal an einer vakuumverpackten Kaffeeprobe! Und dann erst der Buchsbaum im Garten...

Aber dann habe ich dummerweise auch einmal ein Stück der Zinkdachrinne klein gefeilt und mit Schwefel gemischt. Erwartungsfroh habe ich das Reagenzglas erhitzt - und eine kräftige Explosion erlebt. Also - nicht nachmachen. Seitdem weiß ich, wie der Feuerball gemacht wird, der sich hinter dem kleinen Drachen in der Muppet-Show entwickelt... Der Versuch gehört auch heute noch zu meinem Überraschungsrepertoir.

Das war Chemie, wie ich sie auch heute noch mag.


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Letzte Überarbeitung: 27. April 2006, Dagmar Wiechoczek