Prof. Blumes Tipp des Monats Januar 2002 (Tipp-Nr. 55)
Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis
unbedingt beachten.
Pünktlich zur Einführung der neuen Währung:
Warum rostet der Euro nicht?
Bild 1: Euro-Münzen (Foto: Daggi) |
Überall werden schon seit langem die neuen Euromünzen vorgestellt. Ab heute kann
sie jeder in Händen halten und sich seine Gedanken darüber machen, nicht nur
monitäre, sondern auch chemische.
Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die 1 und 2-Euromünzen, denn sie
bestehen deutlich aus zwei Metallen. Das hat man aus Gründen der
Fälschungssicherheit gemacht. Damit tritt für den Chemiker ein Problem auf: Wenn
zwei verschiedene Metalle zusammentreffen, bilden sie dann in der Feuchtigkeit nicht
Lokalelemente, die zur Zerstörung des unedleren Metalls führen? Solche
Korrosionsprozesse kennen wir ja vom Kupfer und Eisen. Zwar rostet Eisen in
Leitungswasser auch allein, aber im Kontakt mit Kupfer geht es schneller, denn Kupfer
katalysiert die Korrosion. Das nutzt man sogar zum
Korrosionsschutz durch die Technologie der Opferanode aus.
Hier folgt zunächst die Beschreibung des Korrosionsversuchs.
Versuch 1: Lokalelemente
Wir benötigen drei Bechergläser B1-B3 (100 ml). In diese füllen wir
Leitungswasser.
B1: In den ersten Becher geben wir ein Eisenblech.
B2: In den zweiten Becher geben wir ein Eisenblech und ein Kupferblech und achten
darauf, dass sie sich im Wasser berühren.
B3: In den dritten Becher geben wir eine zweifarbige Euromünze.
Wir lassen die Anordnung an einem ruhigen Ort stehen. Damit das Wasser nicht so
rasch verdunstet, decken wir alles mit einem Filterpapier ab.
Ergebnis
Schon nach kurzer Zeit fängt das Eisen im B1 an zu rosten. Mit Kupferkontakt
(B2) geht es deutlich schneller (-> Bild). Die Euromünze in B3 bleibt auch nach Wochen
unverändert.
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Vorher |
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Nach 12 Stunden |
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Warum zersetzt sich die Euromünze nicht?
Offenbar bildet sich kein Lokalelement aus. Das Entstehen eines Lokalelements hat bekanntlich
zur Voraussetzung, dass sich Metalle mit unterschiedlich edlem Charakter in wässriger Elektrolytlösung
berühren. Dabei entzieht das edlere dem unedleren Metall aufgrund seiner höheren
Elektronegativität Elektronen und überträgt diese auf H+-Ionen aus dem Elektrolyten
(Säurekorrosion) oder auf Sauerstoffmoleküle (Sauerstoffkorrosion), die reduziert
werden. Gleichzeitig beginnt das unedle Metall positive Ionen zu bilden; es zersetzt
sich oder (wie man nicht ganz richtig sagt) "es löst sich auf".
Zwischen den beiden Metallen muss also eine Potentialdifferenz bestehen. Der darauf beruhende
Elektronenfluss bewirkt bei Kurzschluss einen elektrischen Strom, der im Lokalelement fließt und
die Voraussetzung ist für die Korrosion des unedlen Metalls.
Versuch 2: Potentialdifferenz bei Lokalelementen
Ein Eisenblech und ein Kupferblech werden mittels Krokodilklemmen an Kabeln
befestigt, die man mit einem Spannungsmessgerät verbindet. Dann taucht man die
Bleche in Leitungswasser und achtet darauf, dass die Krokodilklemmen nicht mit
eintauchen. Auch dürfen sich jetzt die Bleche nicht berühren. Man misst die Spannung.
Ergebnis
Die Spannungsdifferenz beträgt etwa 0,4 V.
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Das kann man jetzt auch mit einer zweifarbigen Euromünze probieren. Zur Messung
des Potentials müssen wir die beiden Metalle trennen. Die Euromünzen darf man aber
nicht zerlegen, denn dann bekommt man Ärger mit der Bundesbank. Wir greifen
deshalb auf Urlaubsmitbringsel zurück: Länder wie Portugal und Belgien
kennen diese zweifarbigen Münzen schon lange. Da diese Währungen sowieso
entfallen, kann man sich ihrer ohne Skrupel bedienen.
Bild 3: Portugiesische Escudo-Münzen
(Foto: Daggi) |
Versuch 3: Potentialmessung bei den Münzmetallen (Beispiel Escudos)
Man trennt Randbereich und Innenteil einer zweifarbigen Münze voneinander.
Entweder bohrt man dazu den Innenteil heraus und schleift bei einer zweiten Münze
den Außenrand ab. Oder man stanzt sie aus, wie wir es gemacht haben.
Dann geht man vor wie bei Versuch 2 beschrieben.
Ergebnis
Die Potentialdifferenz ist sehr gering. Sie beträgt etwa 50 - 70 mV. Bei der 200-Escudomünze
bildet das messingfarbene Metall den Pluspol, bei der 100-Escudomünze ist es umgekehrt. Offenbar
spielt der Nickelkern noch eine potentialbestimmende Rolle.
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Bild 4: Durch Ausstanzen getrennte Münzmetalle
(Foto: Daggi) |
Jetzt verstehen wir, weshalb die Euromünzen nicht korrodieren, obgleich sie aus
scheinbar völlig verschiedenen Metallen aufgebaut sind. Denn diese sind gleich edel,
d. h. sie bauen untereinander kein nennenswertes elektrisches Potential auf. Es fließt
deshalb zwischen den Metallen fast gar kein Strom, und wir haben aus diesem Grunde auch
kein Lokalelement.
Woraus die Münzen bestehen
Genau genommen bestehen die höherwertigen Euromünzen nicht aus reinen
Metallen, sondern aus Metallmischungen, also Legierungen.
Die silberfarbene Legierung ist Kupfer-Nickel. Seine Zusammensetzung ist 75 % Cu
und 25 % Ni. Man schreibt auch Cu75Ni25 oder nur CuNi25. Aus dieser Legierung
bestanden früher auch die guten alten Markmünzen.
Die goldfarbene Legierung ist Nickel-Messing mit der Zusammensetzung
Cu75Zn20Ni5.
Die zentralen Mittelplatten sind stets dreilagig aufgebaut. Die mittlere Lage ist ein
Nickelkern.
Wir sehen, dass trotz des völlig unterschiedlichen Aussehens die Legierungen ähnlich
zusammengesetzt sind und deshalb kaum eine Potentialdifferenz zu erwarten ist.
Wenn wir schon dabei sind: Die 10 bis 50 Cent-Münzen bestehen aus "Nordischem
Gold"; das ist eine Kupfer-Aluminium-Zink-Zinn-Legierung: Cu89Al5Zn5Sn1. Die 1
bis 5 Cent-Münzen bestehen aus Stahl mit Kupferauflage.
Zum Schluss ein Hinweis: Diese Betrachtungen gelten für neutrale bis alkalische
Elektrolyt-Lösungen, auch für konzentrierte Kochsalzlösungen. In einmolarer Salzsäure
zersetzen sich die zweifarbigen Münzen. Bei den Lire-Münzen geht das sehr schnell. Bei
den neuen Euromünzen dauert es aber mindestens zwei Tage, bis sich etwas tut. Das darf
man zwar nicht ausprobieren, denn deutsche Münzen und Geldscheine darf man nicht vorsätzlich
zerstören. Aber wir wissen es, weil uns unbeabsichtigt eine Münze in die Salzsäure gefallen
ist... Wir haben sie so rechtzeitig wieder heraus genommen, dass man ihr nichts ansieht.
Nur ist die Lösung grün geworden, denn es haben sich entsprechend gefärbte
Nickelkomplexe gebildet.
Wie man die Lösungen, die man dann erhält, chemisch untersuchen
kann, schildern wir in einer besonderen Webseite.
Rüdiger Blume
Weitere Tipps des Monats
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Letzte Überarbeitung: 12. August 2008, Dagmar Wiechoczek
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