Jeder Schüler und jede Schülerin fühlt sich im Chemieunterricht mit Molmassen
"gequält". Hier folgt eine typische E-Mail:
Ich will´s versuchen…
Chemiker denken beim Grübeln über chemische Reaktionen immer nur an Teilchen wie Atome,
Moleküle, Ionen. Die sind aber verflucht klein. Deshalb bedienen wir uns des Molbegriffs. Ein Mol ist
nichts anderes als eine Portion von 6 · 1023 Teilchen. Das ist die Zahl
der Atome, die in einem Gramm Wasserstoff enthalten sind. Ein Mol Wasserstoffatome wiegt also ein
Gramm - das ist die Atommasse von Wasserstoff. (Leider kann man hier nicht die Atommasse und Molmasse
gleichsetzen, denn Wasserstoff kommt in der Natur nur als Molekül vor, das aus zwei Atomen zusammengesetzt
ist: H2; deshalb ist die Molmasse also 2. Das soll hier aber im Moment nicht interessieren.)
Die Atome der anderen Elemente sind schwerer, ein Kohlenstoffatom zum Beispiel ist 12mal so schwer
als das vom Wasserstoff. Deshalb wiegen 6 · 1023 (also ein Mol)
Kohlenstoffatome eben 12 g.
Alles klar?
Und zu Recht fragt sich jeder Schüler und jede Schülerin, wie man denn die
Molmassen überhaupt ermittelt. Deshalb geht es heute um Möglichkeiten zur
Molmassenbestimmung. Weil es so am einfachsten geht, zeigen wir das am Beispiel
von einigen Gasen.
Der italienische Physiker Amadeo Avogadro hat um 1830 nur durch Nachdenken
herausgebracht, dass sich alle Gase gleich verhalten müssen. Dazu musste er sich nur
darüber klar sein, das Gase aus kleinen Teilchen (Atomen und Molekülen) bestehen.
Er meinte: In ein bestimmtes Volumen passt immer die gleiche Stoffportion von
verschiedenen Gasen, egal ob die Gase aus großen oder kleinen Molekülen bestehen.
Denn zwischen den Gasmolekülen ist ausreichend Platz, so dass der kleine
Größenunterschied nicht weiter auffällt. Er hatte mit diesem Modell Recht.
Unter dem Begriff „Stoffportion" verstehen wir heute eine bestimmte Anzahl von
Teilchen (Atome bei Edelgasen, Moleküle bei anderen Elementen wie Sauerstoff O2,
Stickstoff N2 oder Verbindungen wie Kohlenstoffdioxid CO2 oder Ammoniak
NH3). Wir nennen die Stoffportion von 6 · 1023 Teilchen ein Mol.
Avogadro fand weiter heraus: Das Volumen von 1 Mol eines Gases beträgt bei 0 °C
(273,16 K) und 1,013 bar Druck 22,4 l. Merken wir uns auch: Bei schnuckeligen 20 °C
Raumtemperatur (abgekürzt RT) sind das 24,00 l/mol.
Für Kenner: Zur Umrechnung von Gasvolumen auf eine andere Temperatur nutzen wir
die folgende Formel.

Die Gleichung folgt aus dem Zustandsgesetz für ideale Gase. Man nennt es
merkwürdigerweise auch „Ideales Gasgesetz".
Wir müssen hier aber eine für die Praxis bedeutsame Einschränkung machen: Das
Gesetz von Avogadro gilt (wie gesagt) streng für sogenannt „ideale" Gase. Darunter
versteht man Gase, deren Teilchen keine Wechselwirkung aufeinander ausüben. Das
sind nur Gase im Zustand weit weg von ihrem Siedepunkt. Denn beim Sieden
hängen die Teilchen noch zusammen - und das bedeutet schlicht ein geringeres
Volumen. Reale Gase haben also ein geringeres Molvolumen.
Deshalb können wir zur Molmassenbestimmung z. B. nicht Brom Br2 einsetzen. Das
siedet erst bei 58,78 °C.
Beim Kohlenstoffdioxid CO2 (Siede- bzw. Sublimationspunkt -78,5 °C) ist die
Abweichung vom Idealgas und damit der Fehler bei der Molmassenbestimmung unter
Einbeziehung von Avogadros Annahmen deutlich: Das Molvolumen von CO2 ist statt
22,4 nur 22,25 l/Mol bei 0 °C, bei 20 °C 23,88 l/Mol. Deshalb ist der Wert für die
Molmasse von CO2, die wir nach den unten folgenden Gleichungen berechnen, immer
zu hoch, wenn wir die Molvolumina für ideale Gase einsetzen. Die Abweichung liegt
unter 1 %, was die Aussage des Versuches nicht weiter stört.
Übrigens können wir im Unterricht umgekehrt die Abweichung vom Idealwert nutzen,
um über die Eigenschaften eines realen Gases wie CO2 zu sprechen.
Und noch etwas: Die im Folgenden beschriebenen Versuche lassen sich nicht bei
Gasen anwenden, die leichter als Luft sind. Schon beim Stickstoff N2 (besonders aber
beim Wasserstoff H2) muss die Messanzeige der Waage aufwendig auftriebskorrigiert
werden. Denn das Gefäß mit dem leichten Gas strebt wie ein Luftballon noch oben,
und die Waage zeigt deshalb einen zu geringen Wert an.
Nach dieser Vorrede kommen jetzt die Versuche. Die sind eigentlich erstaunlich
einfach und machen erfahrungsgemäß Spaß.
Wir benötigen an Geräten:
Einen Erlenmeyerkolben (500 ml) mit Gummistopfen oder eine Gasmaus, Feinwaage
(auf 2 Stellen genau), Grobwaage (grammgenau) oder Messzylinder (250 ml),
Thermometer.

Gasmaus (Foto: Daggi)
Versuch 1: Bestimmung der Molmasse von wasserunlöslichen Gasen
Vorbemerkung: Es dürfen keine wasserlöslichen Gase wie
SO2, CO2, NH3 etc.
eingesetzt werden. Wir nehmen auch keine Gase, die leichter sind als Luft.
Aus einer zuvor genau abgewogenen kleinen Gasflasche (Gasfeuerzeug) lässt man
über Wasser ein bestimmtes Volumen (etwa 1 - 2 l) Gas in einen großen Messzylinder
ab. Das Volumen des abgelassenen Gases muss notiert werden. Da es sich beim
Ablassen abkühlt, lohnt es sich, zur Temperierung etwas mit der Ablesung zu warten.
In der Zwischenzeit trocknet man die Gasflasche gut (!) ab und wiegt erneut. Die
Wägedifferenz ist die Masse des abgelassenen Gases.
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Zur Berechnung der Molmasse formulieren wir einen Dreisatz:
Molmasse des Gases (g/mol) / Molvolumen (l/mol) (bei RT) =
Gasmasse (g) / Volumen des abgelassenen Gases (l)
Daraus folgt für die Molmasse des Gases:

Hier sind unsere Messergebnisse:
500 ml wiegen 1,3 g. Das ergibt eine Molmasse von 62,5 g/mol. Es handelt sich um Butan
(genaue Molmasse 58 g/mol). Die Abweichung ergibt sich daraus, dass Butan ein "sehr reales" Gas
ist, das Molvolumen also kleiner ist als 24 l.
Versuch 2: Bestimmung der Molmasse von wasserlöslichen Gasen
Vorbemerkung: Es können nur trockene Gase untersucht werden, die schwerer sind
als Luft, also CO, CO2, O2, SO2.
Ein Erlenmeyerkolben wird mit Gummistopfen gewogen. Nun wird das zu
bestimmende Gas eingefüllt, der Kolben verschlossen und erneut gewogen.
Anschließend wird das Volumen bestimmt, indem man den Kolben mit Wasser füllt.
Entweder wird der Kolben mit einem Messzylinder gefüllt oder die einzufüllende
Wassermenge durch Differenzwägung auf einer groben Waage bestimmt (1 ml
Wasser = 1 g).
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Was beim Wiegen des leeren Glases immer vergessen wird: Wir haben ja von
vornherein ein Gas im Glas. Das ist die Luft. Deren Masse müssen wir bei der
Bestimmung der Masse des wirklich leeren, also luftleeren Glases natürlich abziehen.
Masse des luftleeren Glases (g) = gewogene Glasmasse (g) - Volumen des Glases (l)
· Dichte der Luft (g/l)
Die Dichte der Luft ist bei RT und 1,013 bar = 1,2 g/l.
Nun können wir die Gasmasse berechnen.
Gasmasse (g) = Masse des vollen Glases (g) - Masse des luftleeren Glases (g)
Die Molmasse wird dann wie im Anschluss zu Versuch 1 berechnet.
Hier sind unsere Messergebnisse:
Volumen 372 ml. Masse des Glases (mit Luft) 192,99 g, mit CO2 193,21 g. Die Molmasse berechnet sich
zu 43,2 g/mol (Richtiger Wert 44 g/mol).
Rüdiger Blume
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