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Tipp des Monats Februar 2017 (Tipp-Nr. 236)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wieso haben Blasinstrumente manchmal rote Flecken?

Sabine Streller

Blechblasinstrumente wie Trompeten, Hörner oder Posaunen weisen manchmal ab einem gewissen Alter Flecken auf. Letztere erscheinen meist rot und besitzen aber oft in der Mitte einen grau-blauen Bereich. Solche Flecken habe ich auf dem Instrument einer Kollegin entdeckt. Dabei handelt es sich um ein Kornett, das im Bau und im Klang einer Trompete ähnlich ist, jedoch einen etwas weicheren Ton hat. Auf meine Frage, woher denn diese Flecken kämen, sagte sie mir, dass es sich dabei um Zinkfraß handele, der bei Messing auftreten kann und häufig an Blasinstrumenten aus Messing zu beobachten sei. Zinkfraß? Das musste ich dann etwas genauer unter die Lupe nehmen.

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Bild 1: Kornett aus Messing mit Flecken
(Foto: Streller)

Woraus bestehen Blechblasinstrumente?
Blechblasinstrumente bestehen meist aus Messing oder auch aus sogenanntem Neusilber (Legierung aus Kupfer, Nickel und Zink) [1]. Messing ist eine Legierung aus Kupfer und Zink, deren Zusammensetzung je nach Verwendungszweck variiert. Für Musikinstrumente werden meist Messinge der Zusammensetzung Kupfer (72 %) und Zink (28 %), sogenannter Gelbtombak (CuZn28; auch als Ms72 bezeichnet), und der Zusammensetzung Kupfer (85 %) und Zink (15 %) (Ms85) verwendet. Der Begriff Tombak leitet sich vom malayischen Wort „tambaga“ für Kupfer ab [2]. Messing mit einem Kupferanteil von 85 % wird auch als Goldmessing oder Goldtombak (CuZn15) bezeichnet. Rotmessing, das 90 % Kupfer und 10 % Zink enthält, wird seltener verwendet. Messing ist ein idealer Werkstoff für Blechblasinstrumente, da es sehr gute tongebende Eigenschaften aufweist und außerdem relativ korrosionsbeständig ist. Der Klang von Instrumenten aus Goldmessing (Ms85) soll etwas wärmer und weicher als der von Messinginstrumenten sein und ist aufgrund des höheren Kupferanteils korrosionsbeständiger als Messing, so dass bei diesem hochwertigen Goldtombak praktisch kein Zinkfraß auftritt.

Wie ist Messing aufgebaut?
Bei der Herstellung von Messing werden Kupfer und Zink zusammengeschmolzen. Kupfer besitzt ein kubisch-flächenzentriertes Gitter, Zink ein hexagonales. Je nach Menge des zugegebenen Zinks werden Kupferatome im Kristall durch Zinkatome ersetzt, wobei bis zu einer Konzentration von ca. 37 % Zink sogenannte a-Mischkristalle entstehen. a-Mischkristalle sind im Prinzip eine homogene Lösung von Zink in festem Kupfer, wobei der Kristall seine kubisch-flächenzentrierte Anordnung beibehält [2]. Da Zinkatome größer als Kupferatome sind, tritt eine gewisse Spannung im Kristallgitter ein. Dies ist ein Faktor für die höhere Härte des Messings. Bei einem Zinkanteil von über 37 % tritt eine zweite Phase, der ß-Mischkristall auf. Dieser hat ein kubisch-raumzentriertes Gitter [2]. Jede Kristallart ist durch unterschiedliche Eigenschaften charakterisiert, die sich in der Verformung und Zerspanbarkeit unterscheiden und damit für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden.

Was sind das für Flecken und welche Ursache haben sie?
Betrachtet man die Flecken mit einem Binokular wird deutlich, dass die Flecken einen rötlichen Kupferton aufweisen. Darüber hinaus sind gräuliche Krümel zu erkennen (Bild 2).

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Bild 2:
(Foto: Streller)

Messinglegierungen mit einem Zinkanteil von mehr als 20 % können korrodieren. Diese Art der Korrosion wird auch Entzinkung genannt. Der Begriff „Ent“-Zinkung ist eigentlich nicht ganz richtig. Die Korrosion von Messing erfolgt dann, wenn das Messing beispielsweise durch eine Säure zersetzt wird und sich aus der entstehenden Lösung, die Kupfer und Zink im gleichen Verhältnis wie die Legierung enthält, Kupfer auf Grund der Potentialverhältnisse wieder abscheiden kann. Die Abscheidung des Kupfers erfolgt in schwammiger, rotbrauner Form. Die grauen Stellen in der Mitte sind basische Zinksalze. Da sich der ß-Kristall leichter zersetzt als der a-Kristall, unterliegt in Legierungen, die beide Mischkristalle enthalten, bevorzugt der ß-Kristall der Entzinkung, die meist örtlich begrenzt auftritt. Damit sie entstehen kann, muss die Kupferkonzentration an der Grenzfläche zwischen Legierung und Lösung hoch sein. Das ist z.B. dann der Fall, wenn nur wenig Flüssigkeit zur Verfügung steht, wenn die Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit gering ist, oder wenn die Flüssigkeit sich örtlich eng begrenzt konzentrieren kann - etwa unter unlöslichen Salzresten (Lötmittel), unter eingebranntem Fett oder sonstigen Fremdbestandteilen [2]. Die Korrosion erfolgt meist punktförmig und breitet sich dann im Messing aus. Bei den rötlichen Stellen handelt es sich um wieder abgeschiedenes Kupfer. Die Entzinkung kann soweit fortschreiten, dass sich letztlich kleine Löcher im Messing bilden. Deutlich drastischer sind die beiden Begriffe Zinkfraß oder Zinkpest für dieses zerstörerische Werk [3]. Übrigens ist Zinkpest nicht mit Zinnpest zu verwechseln: Bei der sogenannten Zinnpest handelt es sich um die Umwandlung einer Modifikation des Zinns in eine andere, begünstigt durch tiefe Temperaturen.

Wie können die Flecken nun an dem Instrument entstehen?
Blechblasinstrumente werden gewöhnlich aus Messingblech und -rohren mit einer Wandstärke von 0,4 bis 0,6 mm gefertigt. Die Messingteile werden gefaltet, gelötet, in Form gedrückt und gebogen. Die zu biegenden Rohre werden mit flüssigem Blei gefüllt, damit das Messingrohr beim Biegen nicht zusammengedrückt wird, und nach dem Erkalten mit der Hand gebogen. Mit Hämmern werden die entstehenden Biegefalten geglättet. Das Blei wird anschließend verflüssigt und wieder entfernt [2]. Wird das Material während der Drück- und Biegevorgänge zu stark gedehnt, können die Kristallstrukturen punktuell reißen und Haarrisse bekommen, in die dann beim Spielen des Instruments Kondenswasser eindringen kann [2]. Ist dann die Oberfläche des Instruments von außen lackiert, kann das Wasser nicht verdunsten und das Messing kann gelöst werden. Dies wäre eine mögliche Erklärung für die Fleckenbildung. Andere Erklärungen rücken eher einen Eintrag von Speichel in das Instrument in den Mittelpunkt. Die Entstehung der Flecken am Instrument kann aufgrund der im Instrument verbleibenden Feuchtigkeit und der Salze im Speichel beschleunigt werden [5]. Konkreter gesagt: Wasser mit erhöhtem Chloridgehalt soll bei höheren Temperaturen die Entzinkung begünstigen können [5]. In diesem Zusammenhang sei auf das ähnliche Verhalten von Kupfer-Aluminium-Legierungen hingewiesen.

Sind Chlorid-Ionen im Kondenswasser des Blasinstruments enthalten?
Da Blechbläser wohl kaum in ihre Instrumente spucken, sollte das Kondenswasser eigentlich frei von Chlorid-Ionen sein. Ob das aber tatsächlich der Fall ist, können wir untersuchen. Dazu wird zunächst Kondenswasser, das beim Spielen des Instruments entsteht, mit dem Speichel verglichen. Außerdem wird die in der Atemluft enthaltene Feuchtigkeit in einem sauberen Gefäß als Kondenswasser gewonnen und ebenfalls untersucht, um auszuschließen, dass eventuell vorhandene Chlorid-Ionen nicht aus dem Instrument selbst stammen. Als vierte Probe wird das Instrument mit feuchter Luft durchströmt und so Kondenswasser aus dem Instrument gewonnen, das damit frei von feinsten Speicheltröpfchen sein muss. Sollten in dieser Probe Chlorid-Ionen nachgewiesen werden, müssten sie aus dem Instrument selbst stammen.


Versuch: Untersuchung des Kondenswassers eines Blechblasinstruments – Chlorid-Nachweis

  1. Gewinnung der Proben
    1. Gewinnung des Kondenswassers, das beim Spielen des Instruments entsteht
      Der kundige Blasmusiker spielt für ca. 10 Minuten das Instrument und entleert über die Klappen das angefallene Kondenswasser in ein sauberes Gefäß.
    2. Gewinnung von Kondenswasser aus dem Instrument
      Eine Gaswaschflasche wird halb voll mit dest. Wasser gefüllt und mit Hilfe eines Wasserbades auf ca. 35 °C temperiert. Das Kornett wird sehr sorgfältig am Stativ aufgehängt und mit einem Schlauchstück mit der Gaswaschflasche verbunden. Durch den Schlauch wird nun Luft mit Hilfe einer größeren Luftpumpe durch das Instrument gepumpt (Bild 3). Nach ca. 10 Minuten wird das Kondenswasser wieder durch die Klappen abgelassen.
    3. Gewinnung von kondensierter Feuchtigkeit aus der Atemluft Die gleiche Person, die zur Gewinnung von Kondenswasser das Instrument gespielt hat, bläst nun in eine Gaswaschflasche, die sich im Eisbad befindet. Das Kühlen der Flasche beschleunigt die Kondensation der Atemfeuchtigkeit.
    4. Gewinnung von Speichel In ein sauberes Gefäß wird aus dem leicht geöffneten Mund Speichel tropfen gelassen. Nicht spucken, sonst wird die Probe schaumig.

Bild 3: Versuchsaufbau zur Gewinnung von Kondenswasser im Blechblasinstrument (Kornett)
(Foto: Streller)

Da die Probenmengen sehr gering sind, haben wir zunächst den Chlorid-Nachweis auf einer Tüpfelplatte durchgeführt, indem wir zwei Tropfen jeder Probe mit einem Tropfen Silbernitratlösung versetzt haben. Das Ergebnis war nicht überzeugend, so dass wir uns dann entschieden haben, kleine Reagenzgläser zu verwenden und die Proben anschließend im Binokular bei 10-facher Vergrößerung zu betrachten.


  1. Untersuchung der Proben
    Material: Reagenzgläser (8 x 70 mm), Pasteurpipetten, Binokular, Objektträger
    Silbernitratlösung (c = 0,1 mol/L) (Xi)
    Je zwei Tropfen der Proben werden in je ein Reagenzglas gegeben und mit einem Tropfen Silbernitratlösung versetzt und leicht geschwenkt.
    Mit neuen Pipetten wird je ein Tropfen aus den Reagenzgläsern entnommen und auf einen Objektträger aufgebracht. Die Tropfen werden im Binokular betrachtet.
    Ergebnis: Mit bloßem Auge ist eine weiße Trübung im Glas mit der Speichelprobe erkennbar. Im Binokular wird die Fällung deutlich sichtbar. Alle anderen Proben erscheinen nach Zugabe von Silbernitrat farblos. Jedoch ist mit Hilfe der Vergrößerung eine leichte Fällung in der Kondenswasserprobe, die durch das Spielen des Instruments entstanden ist, erkennbar.

Bild 4: Von links nach rechts: Kondenswasser aus dem Instrument nach dem Spielen, Kondenswasser aus dem Instrument nach Durchströmen mit feuchter Luft, kondensierte Atemluft, Speichel
(Foto: Streller)

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Bild 5: Aufnahmen der mit Silbernitratlösung versetzten Proben im Binokular; links: Probe Kondenswasser nach dem Spielen, rechts: Speichelprobe
(Vergrößerung 20-fach; Foto: Streller)

Fazit: Dass Speichel Chlorid-Ionen enthält, ist natürlich keine Überraschung. Alle anderen Proben enthalten jedoch - mit dem bloßen Auge beurteilt - keine Chlorid-Ionen. Erst im Binokular sind wenige Flöckchen, die sehr wahrscheinlich aus Silberchlorid bestehen, in dem Kondenswasser nachgewiesen worden, das durch das Spielen des Instruments entstanden ist. Dass diese Flöckchen tatsächlich aus Silberchlorid bestehen, kann man durch Reaktion mit Ammoniaklösung nachweisen. Aus diesen Ergebnissen kann man nicht schlussfolgern, dass übermäßig viel Speichel beim Spielen in das Instrument eingebracht wird und die Korrosion des Messings daher resultiert. Wer also sein Blechblasinstrument liebt und nicht hineinspuckt, nach dem Spielen für ausreichende Trocknung sorgt und ab und an das Instrument reinigt, wird ein Auftreten von Zinkfraß vielleicht nicht verhindern, aber sicherlich nicht beschleunigen.


Quellen:
[1] Einfluss von Material und Oberflächen auf den Klang von Blechblasinstrumenten. Instrumentenbau, 1976, S. 414-418
[2] Messing. Eigenschaften, Verarbeitung, Verwendung. Deutsches Kupfer-Institut e.V., Berlin, 1953
[3] http://www.blashaus.ch/themen/zinkfrass/ (Zugriff 2.1.2017, 16:21)
[4] Hochschule der Künste Bern und Berner Fachhochschule zum Forschungsprojekt Korrosion (an Blechblasinstrumenten) https://www.hkb.bfh.ch/de/forschung/forschungsschwerpunkte/fspinterpretation/korrosion/
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Entzinkung (Zugriff 2.1.2017, 17:05)


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2017, Fritz Meiners