Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie


Tipp des Monats September 2018 (Tipp-Nr. 255)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Experimenteller Kompaktkurs zur Lipid-Chemie für Einsteiger und Wiederholer

Rüdiger Blume

Heute kommt mal ein Tipp mit Vorschlägen für die mehr oder weniger vollständige experimentelle Behandlung eines Themenkreises der Schulchemie. Gewählt wurde das Thema Lipide. Zur Erinnerung: Unter Lipiden versteht der Chemiker die biochemische kleinmolekulare Stoff-Fraktion, die unlöslich in Wasser und löslich in organischen Lösemitteln ist. Dazu gehören die klassischen Fette und fetten Öle, etherische Öle und Carotinoide sowie Lecithin.

Hintergrundberichte zum Thema „Fette“ findet man hier. Zur Umsetzung im Unterricht der Sekundarstufen haben wir eine weitere Webseitengruppe. Zum Einsatz in Grundschule und Chemie-Anfangsunterricht klicke hier.

Aus Sicherheitsgründen vorneweg:

Modellversuch zum Friteusenbrand
Mit Fetten muss man – vor allem beim Erhitzen – vorsichtig umgehen. Ein Beispiel ist der Friteusenbrand.
Schutzbrille!
Statt mit einem Fett wird mit sich nicht zersetzendem Paraffinöl gearbeitet. Man setzt höchstens 15 ml davon ein und erhitzt in einer großen Porzellanschale. Man entzündet das siedende Öl und versucht, aus der Ferne mit einigen Tropfen Wasser aus der Spritzflasche zu löschen. Wiederholen! Endgültig löschen durch Abdecken der Schale mit einem feuchten, aber nicht tropfendem Handtuch.

Nun zu den Experimenten rund um die Lipide.

1. Gewinnung durch Extraktion verschiedener Lebensmittel mit Benzin
Das kann durch Ausschütteln im Schütteltrichter oder mit Hilfe eines Soxhlet-Apparats erfolgen. Beispiele sind z. B. zerkleinerte Nüsse, fette Wurst oder Sonnenblumenkerne.

2. Nachweis durch Fettfleckprobe
Fettendes oder fetthaltiges Material wird auf ein Papier gelegt. Man erhält rasch den bekannten Fettfleck. Vergleich mit etherischen Ölen aus Schalen von Citrusfrüchten. Letztere enthalten Wasser, deshalb etwas längere Trocknungszeit bei der Beurteilung der Fettfleckprobe einplanen.

3. Lösungsverhalten
Man löse eine Fettprobe (z. B. Palmin oder einen Tropfen Olivenöl).
Lösemittel: Wasser, Ethanol (F), Aceton (F+), Heptan (Reinigungsbenzin) (F+). Vergleich der Wirkung der Lösemittel.

4. Nachweis von ungesättigten Fettsäuren
Untersuchung von Talg, Palmin, Olivenöl und Margarine. Nachweismittel:
a) Schütteln mit Bromwasser (unter dem Abzug arbeiten). (Entfärbung)
b) Schütteln mit sodaalkalischer KMnO4-Lösung (gibt u. a. Braunstein)

5. Unterscheidung trocknender und nicht trocknender Öle
Man gibt jeweils etwas Leinöl und etwas Sonnenblumen- oder Rapsöl in je eine Petrischale und lässt einige Tage an einem warmen Ort stehen. Nur Leinöl bildet eine zähe Schicht. (Leinöl enthält besonders viel hoch ungesättigte Fettsäuren.)

6. Erhitzen von Fett; Nachweis des Fettbausteins Glycerin
Im RG erhitzt man Olivenöl oder Palmin bis zur schwachen Bräune. Acrolein wird mit Schiffs Aldehyd-Reagenz (Wattebausch tränken) nachgewiesen. Vorsichtige Geruchsprobe. Vorsicht mit dem überhitzten Fett! Auf keinen Fall mit Wasser versetzen!

7. Untersuchung von reinem Glycerin
Man prüft den Geschmack. Dann untersucht man die Löslichkeit in Wasser, Ethanol (F), Benzin (Heptan) (F+). Der Nachweis von Glycerin kann durch die Acroleinprobe erfolgen: 1 ml Glycerin wird in einem RG mit drei Spatelspitzen KHSO4 (Xi) oder WC-Reiniger erhitzt. Vorsichtige Geruchsprobe. In den Dampf hält man einen Wattebausch, getränkt mit Schiffs Nachweis-Reagenz für Aldehyde.

8. Fettverdauung
1:3 verdünnte ungeschlagene Schlagsahne mit ca. 1 ml 1proz. alkoholischer Phenolphthaleinlösung (Xi) und einigen Tropfen NaOH (c = 1 mol/l) (Xi) rot färben. 1-2 volle Spatel Lipase (als Bestandteil von Pankreatin) einwirken lassen. Mit pH-Meter und Glaselektrode arbeiten. Der Start-pH liegt bei ca. 10,5. Sinkt rasch ab auf ca. 4-5. Geruch prüfen (stinkende Fettsäuren!).

9. Fettverseifung
9a. 3 ml Olivenöl (o. ä.) kocht man in einem Erlenmeyerkolben zusammen mit 10 ml konz. NaOH (C) oder KOH (C) und 15 ml Ethanol (F). Nach 3 min. Kochen ist die Phasengrenze verschwunden, man teilt die Probe.
9b. Zur ersten Hälfte gibt man festes NaCl zum Aussalzen der Seife. Es scheidet sich ein Öl ab, das sich gut in Wasser löst und Schaumbildung zeigt.
9c. Die andere Hälfte säuert man mit etwas konz. HCl (C) an (Schutzbrille!). Es fallen paraffinartige Fettsäuren aus.
9d. Die Seifenbildung lässt sich durch Emulsionswirkung auf Fett/Wassermischungen nachweisen.

10. Bildung von Kalkseifen
10a. Zugabe von Kern-Seifenlösung zu verd. Lösungen (w = 5 %) von CaCl2 und/oder MgSO4. (Ausflocken der schwerlöslichen Kalkseifen.)
10b. In zwei Reagenzgläser werden jeweils etwa 10 ml dest. Wasser und Leitungswasser gefüllt. Dazu gibt man 1 ml alkoholische Kern-Seifenlösung (F) und vermischt. Dann tropft man etwas Phenolphthalein-Lösung (Xi) zu. (Phenolphthalein rötet die Lösung nur in dest. Wasser.)

11. Nachweis von freien Fettsäuren in ranzigem Fett
Eine wässrige Lösung eines Indikators wie Bromkresolgrün, der im neutralen pH-Bereich umschlägt, wird zur Fettprobe (zum Beispiel altes Frittenfett) gegeben. Gut schütteln. Gelbfärbung der wässrigen Phase, wenn freie Fettsäuren vorliegen.

12. Bestimmung der freien Fettsäuren nach der Säurezahlmethode
Man mischt 3 g verbrauchtes fettes Öl, 5 ml Ether (F+), 5 ml Ethanol (F) und 2-3 Tropfen Phenolphthaleinlösung (Xi). Aus der Bürette gibt man tropfenweise 0,1 M KOH (Xi) bis zur Rötung zu. (Säurezahl = mg verbr. Lauge / ml Probe. 1 ml einer 0,1 M KOH enthält 5,6 mg KOH.)

13. Nachweis von Peroxiden in ranzigem Fett
Ranzige Fette enthalten Peroxide. Zum Nachweis werden 20 ml 10proz. KI-Lösung (Xi), einige Tropfen Essigsäure und 6 Tropfen einer frischen 1proz. Stärkelösung vermischt. In ein großes RG gibt man 3 ml ranziges Öl und löst es in 8 ml Ether (F+). Man vermischt beide Lösungen und schüttelt gut. (Peroxide setzen Iod frei; Bildung des Iod-Stärkekomplexes.) Die Probe ist nicht sehr empfindlich.

14. Unterscheidung von Butter und Margarine
In Margarine ist zur Unterscheidung von Butter Stärkezusatz vorgeschrieben. In 2 RG werden 3 g Butter bzw. 3 g Margarine in jeweils 3 ml Wasser kurz aufgekocht (kochendes Wasserbad). Nach dem Abkühlen tritt Phasentrennung ein. Mit etwas Iod-Iodkalium-Lösung (Lugolsche Lösung) versetzen. Es scheiden sich in der mit Margarine versetzten Probe blaue Flocken des Iod-Stärkekomplexes ab.

15. Isolierung von Carotinoiden
Der rote Farbstoff der Tomate ist das Lycopin. Zu dessen Isolierung schüttelt man Tomatenmark mit Benzin (F+) oder Petrolether (Ligroin) (F) aus. Die flüssige Phase färbt sich orangerot. Man trennt sie ab und lässt das Lösemittel in einer Porzellanschale unter dem Abzug bei Zimmertemperatur verdunsten. Lycopin kristallisiert in roten Nadeln. Man kann das Gleiche auch mit getrockneten Wurzeln (enthalten gelboranges ß-Carotin) durchführen. In Eigelb ist das Carotinoid Lutein enthalten. i

16. Darstellung von Lecithin aus Eigelb
10 ml Eigelb werden in einem kleinen Erlenmeyerkolben mit der gleichen Menge an Ethanol/Ether-Gemisch (1:1) (F+) ausgeschüttelt und durchgerührt. Die Lipide sowie die gelben Eifarbstoffe (wie das Lutein und andere Carotinoide) sammeln sich in der organischen Phase, während die weißen Proteine zurückbleiben. Man saugt die überstehende gelbe Phase vorsichtig ab und dampft das Ether/Alkohol-Gemisch ab (Heißes Wasserbad!). Den Rückstand extrahiert man gut mit Aceton (F+). Im Aceton lösen sich das Carotinoid Lutein (gelber Farbstoff), die unpolaren Lipide und Cholesterin. Zurück bleibt das in Aceton unlösliche Lecithin.

17. Eigenschaften von Lecithin
17a. Emulsionsbildung
Man löst durch Erwärmen etwas Lecithin in Alkohol (F) und versetzt mit der gleichen Menge an Wasser. Es bildet sich – anders als bei Fetten – eine weiße, stabile Emulsion.
17b. Nachweis der Aminkomponente und des Phosphatrests
Man erhitzt eine Probe Lecithin und hält ein feuchtes Indikatorpapier in den Dampf. (Vorsichtige Geruchsprobe: Ammoniak.)
Nach dem Verkohlen übergießt man mit verdünnter Salpetersäure (2 mol/l) (Xi) und verdünnt mit etwa 5 ml Wasser. Filtrieren. Zugabe von Ammoniummolybdatlösung und einiger Tropfen Ascorbinsäurelösung: Bildung von Molybdänblau.
17c. Nachweis von Glycerin
Erhitzen und Acroleinprobe mit Schiffs Reagenz.

18. Klassische Nachweisreaktionen für Cholesterin
Diese sind leider nicht für den Einsatz in der Schule geeignet, weil man dazu Chloroform und Essigsäureanhydrid benötigt.


Weitere Tipps des Monats


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 18. September 2018, Fritz Meiners