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Tipp des Monats Februar 2022 (Tipp-Nr. 296)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


CuS, Cu2S, Cu4S, CuS2, CuS4 - Welche Formel stimmt? - Vom Experiment zur Verhältnisformel

Jens Schorn

Bild 1: Buchdeckel von „Die Schule der Chemie“. [1]
(Foto: Schorn)


„Wie hat man es denn gemacht, um die passenden Formeln zu den Verbindungen so herauszubekommen?“ [1] S. 191
So oder ähnlich lauten die Fragen im Anfangsunterricht Chemie, damals um 1910 wie heute, immer wieder, wenn es um die Beschreibung von chemischen Verbindungen mit Hilfe von Formeln geht.

Gerade die Synthese von Kupfersulfid hat in der Chemiedidaktik und dem Chemieunterricht einen besonderen Stellenwert, da sich diese chemische Reaktion gut als Demonstrationsexperiment, wie auch als Experiment in der Schülerübung nutzen lässt, um die passende Verhältnisformel von Kupfersulfid zu ermitteln. Also, um die Frage nach der richtigen Verhältnisformel zu beantworten.

Da man dieses Experiment unter den gegebenen Umständen an der Luft durchführt, zeigen sich bei der Recherche zu diesem Experiment kritische Aussagen, die sich auf die gleichzeitig ablaufende Konkurrenzreaktion zwischen Kupfer und Schwefel und Kupfer mit Sauerstoff beziehen.

Hinweise hierzu finden sich sowohl im Tipp Nr. 67, wie auch in einer Reihenuntersuchung über mehrere Jahrgänge von 9. Klassen der Chemie. [2]


Wie kann man die Konkurrenzreaktion zwischen Kupfer und Sauerstoff bei der Synthese von Kupfersulfid ausschließen oder zumindest eingrenzen?


Experiment: Synthese von Kupfersulfid

Material: Waage (100stel Gramm), zwei Reagenzgläser, 2 passende Luftballons zum Verschließen der Reagenzgläser, Brenner, Reagenzglasklammer, Löffelspatel, dünnes Kupferblech, Schwefelpulver.

Durchführung:

a) Zwei Kupferblechstreifen mit einer Masse zwischen 0,5-1,2g abwiegen.

Bild 2: Kupferblech auf der Waage abwiegen.
(Foto: Schorn)

b) Ein Reagenzglas mit Schwefelpulver (ca. die Hälfte der Masse des verwendeten Kupferblechs) füllen. Die genauen Massen der Stoffe notieren.

Bild 3: Schwefel auf der Waage abwiegen.
(Foto: Schorn)

c) Beide Reagenzgläser mit einem Luftballon verschließen.

Bild 4: Mit Ballon verschlossenes Reagenzglas mit Kupfer und Schwefel.
(Foto: Schorn)

d) Beide Ansätze über der rauschenden Brennerflamme stark erhitzen. Bei dem Ansatz mit Schwefel zuerst den Schwefel erhitzen, sodass er gasförmig wird und anschließend das Kupferblech gezielt erhitzen.

Bild 5: Erhitzen von Kupferblech im luftgefüllten Reagenzglas.
(Foto: Schorn)

Bild 6: Erhitzen von Schwefel und Kupferblech im Reagenzglas.
(Foto: Schorn)

e) Nach dem Abklingen der Reaktion, gerade bei der Kombination mit Schwefel, den dunklen Kupfersufidstreifen weiter erhitzen, sodass übriger Schwefel an der Oberfläche von dem Streifen verdampfen kann und links und rechts am kälteren Reagenzglas resublimieren kann. Das ist wichtig, damit kein Schwefelreste an dem entstandenen Kupfersulfid mehr haften bleiben.

f) Die beiden Streifen aus den erkalteten Reagenzgläsern herausnehmen und erneut wiegen.

Beobachtung: Bei beiden Reagenzgläsern hat sich der Ballon beim Erhitzen etwas aufgebläht. Der erhitzte Schwefel schmilzt, verändert seine Farbe und verdampft. In beiden Fällen hat sich das Kupferblech verfärbt.

Bild 7: Reagenzgläser nach dem Erhitzen. Oben der Ansatz mit Kupfer und Schwefel, unten der Ansatz mit Kupfer in Luft.
(Foto: Schorn)

Massen vorher: Massen nachher:
m1(Cu) = 0,88g m1(Produkt 1) = 1,12g
m (S) = 0,61g
m2 = 0,56g m2(Produkt 2) = 0,57g

Bild 8: Produkte in Petrischalen nach dem Erhitzen. Links der Ansatz mit Kupfer und Luft, rechts der Ansatz mit Kupfer und Schwefel.
(Foto: Schorn)

Ergebnis: Kupfer und Schwefel reagieren in einer exothermen Reaktion zu blaugrauem Kupfersulfid. Es sind Kristallstrukturen erkennbar. Der Stoff ist sehr spröde und der ganze Streifen lässt sich leicht zerbrechen.

Die Massendifferenz zwischen dem Kupferblech und dem Kupfersulfid beträgt: 0,24g.

Kupfer und Sauerstoff reagieren an der Oberfläche des Kupferblechs zu rotem Kupferoxid. Dieses Produkt blättert leicht von der Oberfläche des restlichen Kupferblechs ab.

Die Massendifferenz zwischen dem Kupferblech und dem Kupferoxid beträgt: 0,01g.

Bei der Reaktion von Kupfer und Schwefel kann man davon ausgehen, dass genug Schwefel vorhanden war, um mit dem gesamten Kupfer zu reagieren. Das zeigt die homogene Eigenschaft des entstandenen Kupfersufidstreifens und die Glühfront, die von rechts nach links durch den Kupferstreifen hindurchgewandert ist.

Bild 9: Reaktionsfront (Glut) der exothermen Reaktion von Kupfer mit Schwefel.
(Foto: Schorn)

Bei der Entstehung von Kupferoxid, fand nur an der Oberfläche eine Reaktion statt, da das vorhandenen Sauerstoffvolumen in dem Reagenzglas zu gering war, um mit der gesamten Masse Kupfer zu reagieren.

Bild 10: Produkte mit den eindeutigen Eigenschaften von Kupferoxid (links) und Kupfersulfid (rechts). Man erkennt links den Überschuss des glänzenden Kupfers, während das Kupferoxid glanzlos ist.
(Foto: Schorn)

Durch diese Variante des Experiments zur Synthese von Kupfersulfid, bei der man das Reagenzglas mit einem Luftballon verschließt, kann man sicherstellen, dass die Nebenreaktion von Kupfer mit Sauerstoff aufgrund des Luftsauerstoffs im Reagenzglas vernachlässigt werden kann. Also läuft die Reaktion zwischen Kupfer und Schwefel wie folgt ab.

Kupfer + Schwefel → Kupfersulfid

Um diese Reaktionsgleichung als Formelgleichung schreiben zu können, muss man die Verhältnisformel des entstandenen Kupfersulfids ermitteln.

Denkbar wären die Formeln CuS, Cu2S, Cu4S, CuS2, CuS4 und auch noch weitere. Die kleinen Zahlen geben hierbei jeweils das Zahlenverhältnis von Kupfer- zu Schwefelatomen in der Verbindung an.


Welche Verhältnisformel trifft nun auf das entstandene Produkt zu?
Diese Entscheidung kann man treffen, indem man das Massenverhältnis von Kupfer und Schwefel im Produkt Kupfersulfid ermittelt. Nach dem Gesetz der konstanten Proportionen kommen die Elemente in einer chemischen Verbindung immer im gleichen Massenverhältnis vor.

Im gezeigten Fall reagieren 0,88g Kupfer mit 0,24g Schwefel. Das ergibt ein rechnerisches Massenverhältnis von Kupfer zu Schwefel im Kupfersulfid von 3,66 : 1.

Nach dem Gesetz der multiplen Proportionen stehen die Massen der beteiligten Elemente in einer chemischen Verbindung zueinander im Verhältnis ganzer Zahlen. Dies bedeutet, dass nach der Atomhypothese von Dalton nur ganze Atome unterschiedlicher Elemente eine neue Verbindung bilden können.

Im Falle von Kupfersulfid würde das ein gerundetes ganzzahliges Verhältnis von 4 : 1 ergeben. Demnach wäre die Formel Cu4S, wobei unterstellt wird, dass die beiden Atomsorten die gleiche Atommasse haben.


Warum ist die Verhältnisformel Cu4S für das hier entstandene Kupfersulfid falsch?
Schon Daltons Atomhypothese ergab unterschiedliche Atommassen für unterschiedliche Elemente. Für Kupfer ergibt sich die Atommasse von 64u und für Schwefel die Atommasse von 32u.

Die Atommassen der Kupfer- und Schwefelatome stehen im Verhältnis von 2:1 zueinander. Also tragen die Kupferatome im Kupfersulfid die doppelte Masse (64u) zu dem Massenverhältnis (4:1) im Produkt bei, während die Schwefelatome nur die einfache Masse (32u) beitragen. Berücksichtigt man dieses Atommassenverhältnis erhält man die Verhältnisformel von Kupfersulfid.

Die Verhältnisformel von Kupfersulfid ist Cu2S.

Man spricht in diesem Falle von Kupfer(I)-sulfid. Die Bezeichnung (I) gibt hier die Zahl der Elektronen an, die von den Kupferatomen an die Schwefelatome pro Formeleinheit abgegeben wurden. Gleichzeitig wird mit dieser römischen Ziffer die Oxidationszahl des Kupfers in der Verbindung angegeben.

Mit dieser Verhältnisformel des Produktes kann man die vollständige Reaktionsgleichung für die Synthese von Kupfersulfid als Formelgleichung notieren.

Synthese von Kupfersulfid 2 Cu + S → Cu2S

Abschließend kann man feststellen, dass es durch die geringe Variation des bewährten Experiments zur Ermittlung einer Verhältnisformel im Anfangsunterricht der Chemie gelingt, die Konkurrenzreaktion mit Sauerstoff auszuschließen. Die ermittelten Messwerte lassen sich auf einfache Weise nutzen um die korrekte chemische Verhältnisformel von Kupfersulfid zu ermitteln.


Quellen:
[1] Ostwald, Wilhelm; Die Schule der Chemie; Erste Einführung in die Chemie für Jedermann; zweite Auflage; Friedrich Vieweg Verlag; 1910 Braunschweig
[2] http://www.bautschweb.de/chemie/dalton.htm


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Letzte Überarbeitung: 6. Februar 2022, Fritz Franzke