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Tipp des Monats September 2022 (Tipp-Nr. 303)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Heizen mit Erdwärme

Uwe Lüttgens

In diesem Sommer wurde in unserem Haus eine neue Heizung eingebaut, eine moderne Erdwärmepumpe. Es scheint ein wenig an Hexerei zu grenzen, wenn es im Wohnzimmer langsam warm wird, während ein würfelförmiger Kasten im Heizungsraum ein wenig brummt, wenn er die Wärme aus dem Garten ins Haus schaufelt. Kaum zu glauben, finden Sie nicht auch?

Es geht um die Wärmepumpe: In diesem Tipp wollen wir den Vorgängen ein wenig auf die Schliche kommen, die bei dieser Heizung eine Rolle spielen. Vor dem Weiterlesen können Sie, wenn Sie mögen, ja einmal selbst darüber nachdenken, wie sie funktioniert, die Wärmepumpe. Oder Sie fragen jemanden in Ihrer Nähe oder einen Heizungsbauer, was der meint. Sie können auch eine Politikerin fragen. Schließlich genießen Wärmepumpen ein hohes Ansehen – auch in der Energiepolitik, schließlich versauen sie im Vergleich zu fossilen Heizungen, die Gas, Öl oder Holz verbrennen, kaum oder gar nicht die CO2-Bilanz.

Sie werden sich fragen: Was haben jetzt Chemie und die Heizungsanlage des Autors gemeinsam? Nun, es sind die Eigenschaften der beteiligen Flüssigkeiten und deren physikalisch-chemisches Verhalten, welche praktisch genutzt werden. Je nach eingesetzter elektrischer Energie.


Eine Wärmepumpe arbeitet wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt.
Wie kommt nun die Wärme aus dem Erdreich in die Wohnräume? Im Prinzip funktioniert eine Wärmepumpe wie ein Kühlschrank, bei dem Innen und Außen vertauscht sind. Wie kann man sich das vorstellen? Wir wissen, dass dem Kühlschrankinneren Wärme entzogen wird. Schließlich wird es dort kalt. Diese Wärmemenge, die innen zur Abkühlung entnommen wurde, muss irgendwo entweichen. Schauen wir auf die Rückseite, also hinter den Kühlschrank. Dort sieht man einen Wärmetauscher. Das ist die schwarz gestrichene Rohrschlage, die ein wenig aussieht wie ein Grillrost. Diese wird warm, während es im Kühlschrank kalt wird. Für diesen physikalisch-chemischen Vorgang wird elektrische Energie eingesetzt. Das kann man hören, wenn der Kompressor leise brummt.

Bei der Wärmepumpe ist der gewünschte Effekt genau umgekehrt: Innen wird es warm und draußen wird es kalt. Es gibt Wärmepumpen, die die Luft als Wärmequelle nutzen. Dann wird die Luft kalt. Andere nutzen das Grundwasser oder das Erdreich, die dabei auch abkühlen.

Die in der Luft, im Wasser oder im Erdreich gespeicherte Wärme wird durch die Wärmepumpe weitergegeben an das Heizwasser. Die meterlangen im Estrich des Fußbodens verlegten Rohrschlangen, die von warmem Wasser langsam durchströmt werden, erwärmen den Fußboden und sorgen so für wohlige Wärme, wenn es im Winter draußen kalt wird. Sie entsprechen dem eben erwähnten Wärmetauscher auf der Rückseite des Kühlschranks. Doch wo bleibt die Kälte? Sie entweicht, anders als im Kühlschrank, nach außen, in unserem Fall also wieder zurück ins Erdreich.

Skizze: Eine Erdwärmepumpe nutzt das Erdreich als Wärmequelle. Die Wärme wird ans Haus abgegeben, daher können die Wohnräume als eine Wärmesenke bezeichnet werden. Für den Transport der Wärme vom Erdkollektor zum Heizwasser der Fußbodenheizung benötigt die Wärmepumpe elektrische Energie.
(Grafik: Lüttgens)

Naturwissenschaftlich geschulte Menschen können es ein wenig besser formulieren. Schließlich gibt es - korrekt ausgedrückt - nur mehr oder weniger, viel oder wenig Wärme. Also nochmal: Die Wärmepumpe entzieht der Wärmequelle – je nach Typ der Luft, der Erde oder des Grundwassers - die Wärmeenergie und gibt sie über das Heizwasser an die Wohnräume eines Wohnhauses wieder ab.

Heizwasser Kältemittel R410A Sole
Stoff Wasser Difluormethan und Pentafluorethan Gemisch (1:1) Wasser und
Ethylenglycol (30 Vol.%)
Summenformel H20 CH2F2 (50%)
CHF2CF3 (50%)
C2H4OH2
Strukturformel
Siedetemperatur in °C 100 -48,5 [1] > 165 °C [2]
Eisflockpunkt [2]
-16,1 °C (30 Vol.%)
Dampfdruck bei 20° C 0,023 bar 14,35 bar [1]

Tab. 1: Drei Flüssigkeiten spielen bei einer Erdwärmepumpe eine Rolle. Dem Kältemittel kommt eine besondere Rolle zu.


Ein Kältemittel in der Wärmepumpe?
In beiden Geräten, in der Wärmepumpe im Heizungskeller ebenso wie im Kühlschrank in der Küche, spielt eine spezielle Flüssigkeit die Hauptrolle, das sogenannte Kältemittel. Eine DIN-Norm, die DIN EN 378-1 definiert: „Ein Kältemittel ist ein Fluid, das zur Wärmeübertragung in einer Kälteanlage eingesetzt wird.“

Stimmt. Zur Wärmeübertragung wird das Fluid ständig im Kreislauf umgepumpt, wenn das Gerät, egal ob Kühlschrank oder Wärmepumpe, arbeitet. Im Wechsel verdampft und kondensiert die Flüssigkeit. Für den sich ständig wiederholenden Wechsel des Aggregatzustandes wird Energie wahlweise benötigt oder freigesetzt.

Schauen wir uns dies mal mit der physikalisch-chemischen Brille an: Wir wissen, dass jede Flüssigkeit verdampft, wenn sie erwärmt wird, unabhängig davon, ob es sich um Wasser oder, wie in unserem Fall, um ein Kältemittel handelt. Chemisch gesehen: Die zugeführte Wärmeenergie sorgt dafür, dass die Teilchen in der Flüssigkeit so energiereich und schnell werden, dass sie von der flüssigen Phase in die Gasphase übergehen können. Diese Verdampfung entzieht der Umgebung die Wärme, die für die Beschleunigung der Moleküle in der Flüssigkeit benötigt wird, damit sie in die Gasphase gelangen können. Im Falle von Wasser sind es die H2O-Moleküle; im Falle des Kältemittels sind es Moleküle, die zu den fluorierten Kohlenwasserstoffen gehören. In der Folge kühlt die Umgebung durch diese Verdampfung ab, denn ihr wird ja die Wärme entzogen.

Skizze: Die Siedetemperatur ist von der Temperatur und vom Druck abhängig. Unter Normaldruck wird das Kältemittel R410A bei -48,5° C flüssig. Komprimiert man das Gas jedoch auf mehr als 14 bar, wird es bereits bei 20° C flüssig. Wird der Druck dann reduziert, verdampft die Flüssigkeit und entzieht der Umgebung die Wärme, um in den gasförmigen Aggregatzustand überzugehen.
(Grafik: Lüttgens)

Das Kältemittel verhält sich genauso wie jede andere Flüssigkeit, beispielsweise Wasser. Allerdings findet der Übergang zwischen den flüssigen und dem gasförmigen Zustand nicht bei 100° C statt, sondern bereits bei ungefähr – 50° C. Es sei denn, man bringt einen Druck von fast 15 bar auf, dann wird auch das Kältemittel flüssig. Dies liegt daran, dass die Kräfte zwischen den Difluormethan- und Pentafluorethan-Molekülen des Kältemittels, bei denen nur schwache Van-der-Waals-Kräfte für die gegenseitige Anziehung sorgen, wesentlich kleiner sind als zwischen Wasser-Molekülen, bei denen deutlich stärkere Wasserstoffbrückenbindungen für den Zusammenhalt untereinander sorgen.


Wie arbeitet eine Wärmepumpe?
In der eben erwähnten DIN-Norm heißt es weiter, dass das Kältemittel „bei niedriger Temperatur und niedrigem Druck Wärme aufnimmt und bei höherer Temperatur und höherem Druck Wärme abgibt, wobei üblicherweise Zustandsänderungen des Fluids erfolgen.“ Diesem Kreislauf gehen wir ein wenig auf den Grund.

Skizze: Die Sole, ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel, nimmt die Wärmeenergie des Erdreichs auf und gibt sie an das Kältemittel wieder ab. Die Wärmepumpe reicht die thermische Energie wiederum an das Heizwasser weiter.
(Grafik: Lüttgens)

Bei der Kompression muss Energie zugeführt werden. Es handelt sich um Volumenarbeit, die der Kompressor verrichtet. Der Druck des Gases nimmt dabei zu, das Gas wird dabei heiß und, während es an diese Wärme an das vorher kalte Heizwasser abgibt, wieder kälter und flüssig. Die Wärmeenergie wurde also an die Umgebung, in unserem Fall also die Fußbodenheizung, abgegeben.

Was passiert weiter? Das Kältemittel wird über eine Drossel, das ist eine Art Ventil, hinter dem der Druck kleiner ist, wieder abgekühlt. Nun reicht die Temperatur der vom Erdreich kommenden Sole, die ungefähr 5° C warm ist, aus, um das Kältemittel zu verdampfen. Dabei kühlt die Sole um ein paar Grad ab, vielleicht auf 2° oder 3° Celsius. Physikerinnen und Chemiker sprechen von einer adiabatischen Expansion. Für die Moleküle des Kältemittels reicht diese Temperatur jedoch bei weitem aus, um wieder in die Gasphase zu gelangen – das Kältemittel verdampft. Der Trick ist nun, dass die Temperatur des expandierten Kältemittels möglichst konstant gehalten wird. Dazu muss von außen ständig Wärmeenergie zugeführt werden. Außen heißt im Falle einer Erdwärmepumpe: Von der Sole aus dem Garten. Daher spricht man auch von einem Erdkollektor (lat. colligere: sammeln) – gesammelt wird die Wärme aus dem Erdreich. Die im Verdampfer aufgenommene Wärmeenergie wird dem Kompressor zugeführt, wo das Kältemittel wieder auf einen hohen Druck und eine hohe Temperatur gebracht wird, um das Heizwasser im nächsten Zyklus weiter zu erwärmen.


Literatur:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/R-410A (abgerufen am 11.8.2022)
[2] https://tyfo.de/downloads/TYFOCOR_de_TI.pdf (abgerufen am 11.8.2022)


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Letzte Überarbeitung: 31. August 2022, Fritz Franzke