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Tipp des Monats November 2024 (Tipp-Nr. 326)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wasserfilter für den Notfall – Kann man Notbrunnenwasser trinkbar machen?

Jens Schorn

Bild 1: Notwasserbrunnen Nr. 291 in Berlin Wedding
(Foto: Schorn)

In Berlin gibt es im öffentlichen Raum ca. 224 Trinkbrunnen [2] sowie aus historischen Gründen 2000 sogenannte Straßenbrunnen. Von diesen 2000 Straßenbrunnen sollen zwei Drittel Wasser in Trinkwasserqualität liefern [3].

Auf eine Anfrage an den Senat von 2017, welchen Zwecken diese in Berlin vorhandenen Straßenbrunnen (Notbrunnen) vorrangig haben, lautete die Antwort: „Sie dienen vorrangig der Sicherstellung einer Ersatz- bzw. Notwasserversorgung der Bevölkerung im Krisen- bzw. Katastrophenfall bei einem großflächigen Ausfall der netzgebundenen öffentlichen Wasserversorgung.“ [9]

Die Standorte dieser Notbrunnen sind leicht herauszufinden [4,5], aber die Anzahl an verfügbaren Brunnen, die Trinkwasserqualität liefern ist fortlaufend zu gering, gerade um in Notfällen den Bedarf abzudecken.

Somit stellen sich folgende Fragen:

In welchem Umfang kann man dieses Wasser aus solchen Notwasserbrunnen nutzen?

Im Monatstipp „Wasser in Notfällen“ konnte durch schulische Laboruntersuchungen festgestellt werden, dass sich Wasser aus Notwasserbrunnen nicht zum Trinken eignet, in Notfällen aber zum Wäschewaschen, Spülen und für die Körperhygiene verwendet werden kann.

Bild 2: Proben aus unterschiedlichen Notwasserbrunnen (Nr.6 Bandelstraße - links und Nr. 291 Dubliner Str.- rechts)
(Foto: Schorn)

Im Rahmen einer Wettbewerbsteilnahme am „Umwelt- und Klimapreis Mitte“ [6] wurde die Wirksamkeit käuflicher Wasserfilter auf die Wasserqualität von Trinkwasser (Experiment 1) und Notbrunnenwasser (Experiment 2) untersucht.


Experiment 1: Untersuchung der Wirksamkeit käuflicher Wasserfilter auf die Ionenzusammensetzung von Trinkwasser (Sulfat, Chlorid, Magnesium, Calcium, Nitrat)


Material: Vier käufliche Wasserfilter, Wasserproben aus Trinkwasserleitungen in der Afrikanischen Straße, große Bechergläser, Beschriftungsstifte, Messpipetten.

  1. Philips Mirco X-Clean [7] ca. 4,70 € / Stück
  2. CleanPac (Müller Eigenmarke) Maxi Wasserfilter Patronen [8] ca. 2,65 € / Stück
  3. Brita – Maxtra Pro [11] ca. 8€ / Stück
  4. Profissimo (dm Eigenmarke) Wasserfilter-Kartusche [10] ca. 2,65€ / Stück Folgende Ionensorten wurden mit den Analyseverfahren, wie im Monatstipp „Wasser in Notfällen“ beschrieben, untersucht:

Sulfat – Gravimetrisches Verfahren
Chlorid – Titrimetrisches Verfahren
Magnesium – Komplexometrisches Verfahren
Calcium – Komplexometrisches Verfahren
Nitrat – Fotometrisches Verfahren

Durchführung:

  1. Deckel und Filtergaze der Filterpatronen entfernen.
  2. Die Filterpatronen in große Bechergläser stellen.
  3. Trinkwasserprobe getrennt in die Filterpatronen 1-4 gießen.
  4. Mit Messpipetten jeweils das Filtrat 1-4 für die Ionenuntersuchungen entnehmen.
  5. Ionenuntersuchungen arbeitsteilig durchführen und den Gehalt in mg/L bestimmen.

Beobachtungen:

Bild 3-4: Filterpatroneninhalt - links kostengünstige Nr. 2 u. 4 – rechts Nr. 1 u. 3
(Foto: Schorn)

Im Vergleich ist bei den kostengünstigen Varianten ein geringerer Anteil an Aktivkohle zu erkennen.

Bild 5: Filtration von Trinkwasser mit Hilfe der vier Filterpatronen 1-4 von links nach rechts
(Foto: Schorn)

Bei den Filterpatronen von Philips und Brita ist eine Dunkelfärbung des Filtrats zu erkennen.
Folgende Messwerte wurden für die untersuchten Ionensorten festgestellt:

Filtersorte Firma, Bezeichnung Sulfat SO42- Chlorid Cl- Magnesium Mg2+ Calcium Ca2+ Nitrat NO3-
Ohne Filtration 102,6 mg/L 210 mg/L 30,375 mg/L 90,225 mg/L 2,37 mg/L
1 Philipps / Mikro-X-Clean-Filter 92 mg/L 287 mg/L 4,86 mg/L 20,05 mg/L 1,55 mg/L
2 Müller / CleanPac Maxi 66 mg/L 98 mg/L 24,3 mg/L 8,02 mg/L 2,25 mg/L
3 Brita / Matrax pro 77,6 mg/L 49 mg/L 2,43 mg/L 16,04 mg/L 2,36 mg/L
4 DM / Profissimo 70,2 mg/L 63 mg/L 0 mg/L 12,03 mg/L 0,66 mg/L

Ergebnis: Die Verfärbung direkt nach der Filtration liegt an dem erheblich größeren Anteil an Aktivkohle in den beiden teureren Filterpatronen der Firma Philips und Brita. Diese Trübung tritt aber nur beim ersten Gebrauch der Filterpatronen auf. Die Hersteller empfehlen aus diesem Grund auch die ersten Filtrate wegzugießen.

Bei den Ionensorten stellt man für Calcium- und Magnesiumionen die stärkste Verringerung bei allen untersuchten Produkten fest. In diesen Filterpatronen befindet sich neben der Aktivkohle ein Ionenaustauscher in Form kleiner Kügelchen, der die Kationen Ca2+ und Mg2+ aus dem Wasser gegen Wasserstoffionen oder Natriumionen austauscht. Zur Funktionsweise solcher Ionenaustauscher findet man hier eine sehr gute Übersicht.

Abb 1: Funktion eines Ionenaustauschers

Die Reduktion der Ionensorten Nitrat und Sulfat und Chlorid (bis auf die Ausnahme bei der Patrone der Firma Philips) lässt sich auf die Adsorptionseigenschaften der Aktivkohle zurückführen [13,14], wobei kein Zusammenhang zwischen der größeren Menge an Aktivkohle in den teureren Filterpatronen und der Reduktion der Ionen feststellbar ist.

Aktivkohle hat aufgrund seiner extrem großen Oberfläche von 300-2000 m²/g ein sehr breites Wirkspektrum zur Adsorption von organischen Verbindungen, Schwermetallen und gelösten Ionen in Flüssigkeiten aber auch in Gasen [15].

Insgesamt bewirken alle untersuchten Filterpatronen eine Qualitätsverbesserung des Trinkwassers.


Experiment 2: Untersuchung der Wirksamkeit käuflicher Wasserfilter auf die Ionenzusammensetzung von Notbrunnenwasser (Sulfat, Chlorid, Magnesium, Calcium, Nitrat)


Material: Vier käufliche Wasserfilter, Wasserprobe vom Notwasserbrunnen Nr.6 in der Bandelstraße, große Bechergläser, Beschriftungsstifte, Messpipetten.

  1. Philips Mirco X-Clean [7] ca. 4,70 € / Stück
  2. CleanPac (Müller Eigenmarke) Maxi Wasserfilter Patronen [8] ca. 2,65 € / Stück
  3. Brita – Maxtra Pro [11] ca. 8€ / Stück
  4. Profissimo (dm Eigenmarke) Wasserfilter-Kartusche [10] ca. 2,65€ / Stück Folgende Ionensorten wurden mit den Analyseverfahren, wie im Monatstipp „Wasser in Notfällen“ beschrieben, untersucht:

Sulfat – Gravimetrisches Verfahren
Chlorid – Titrimetrisches Verfahren
Magnesium – Komplexometrisches Verfahren
Calcium – Komplexometrisches Verfahren
Nitrat – Fotometrisches Verfahren

Durchführung:

  1. Deckel und Filtergaze der Filterpatronen entfernen.
  2. Die Filterpatronen in große Bechergläser stellen.
  3. Notbrunnenwasserprobe getrennt in die Filterpatronen 1-4 gießen.
  4. Mit Messpipetten jeweils das Filtrat 1-4 für die Ionenuntersuchungen entnehmen.
  5. Ionenuntersuchungen arbeitsteilig durchführen und den Gehalt in mg/L bestimmen.

Beobachtungen:

Bild 6: Filtration von Notbrunnenwasser mit Hilfe der vier Filterpatronen 1-4 von links nach rechts
(Foto: Schorn)

Auch hier ergibt sich bei den Filterpatronen von Philips und Brita eine Dunkelfärbung des Filtrats.
Folgende Messwerte wurden für die untersuchten Ionensorten festgestellt:

Filtersorte Firma, Bezeichnung Sulfat SO42- Chlorid Cl- Magnesium Mg2+ Calcium Ca2+ Nitrat NO3-
Ohne Filtration 381,95 mg/L 122 mg/L 4,86 mg/L 228 mg/L 5,25 mg/L
1 Philipps / Mikro-X-Clean-Filter 328 mg/L 102 mg/L 2,43 mg/L 60,15 mg/L 1,66 mg/L
2 Müller / CleanPac Maxi 280 mg/L 66,5 mg/L 4,58 mg/L 20,05 mg/L 1,69 mg/L
3 Brita / Matrax pro 342,6 mg/L 98 mg/L 2,43 mg/L 28,07 mg/L 1 mg/L
4 DM / Profissimo 278 mg/L 84 mg/L 7,29 mg/L 40,1 mg/L 1,24 mg/L

Ergebnis: Insgesamt wiederholen sich hier die Ergebnisse wie in Experiment 1. Für Calcium- und Magnesiumionen findet die stärkste Reduktion bei allen untersuchten Patronen statt.

Auch alle anderen Ionensorten konnten bei der Filtration durch die Aktivkohle reduziert werden.

Insgesamt bewirken alle untersuchten Filterpatronen eine Qualitätsverbesserung des Notbrunnenwassers, wobei der Sulfatgehalt durch keine Filterpatronen bis auf den Grenzwert von 250mg/L gesenkt werden kann.

Vergleicht man die Ergebnisse von Experiment 1 und 2 so kommt man zu dem Schluss, dass die untersuchten Patronen insgesamt die untersuchten Ionensorten reduzieren, unabhängig davon wie teuer die Produkte sind. Eine Absenkung des Sulfats im Notbrunnenwasser unter den Grenzwert erreicht kein Produkt bei einmaliger Filtration.

Aus chemischer Sicht kann man durch eine Filtration des Notbrunnenwassers mit Hilfe von Filterpatronen eine Qualitätsverbesserung des Wassers erreichen. Damit ist aber noch keine Trinkwasserqualität erreicht. Hierzu sollte man das Wasser mehrmals filtern. Außerdem sollte man das Notbrunnenwasser auf jeden Fall abkochen, sodass eine bakterielle Belastung ausgeschlossen werden kann.


Quellen:
[1] https://www.morgenpost.de/berlin/article227686197/Trinkwasser-In-Berlin-fehlen-mehr-als-1000-Brunnen-fuer-Notfaelle.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Trinkbrunnen
[3] https://www.berlin.de/umwelt/themen/wasser/artikel.155619.php
[4] https://umap.openstreetmap.de/de/map/strassenbrunnen-berlin_2234#15/52.5542/13.3464
[5] https://www.bwb.de/de/trinkbrunnen.php
[6] https://schulumweltzentrum.de/aktuelles-aus-dem-schul-umwelt-zentrum/umwelt-und-klimapreis-berlin-mitte-2024/ Weinheim, Wiley-VCH; 1998"
[7] https://www.philips.de/c-e/ho/watercare/pitcher.html
[8] https://www.mueller.de/p/cleanpac-maxi-wasserfilter-patronen-2082494/
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Stra%C3%9Fenbrunnen_in_Berlin


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Letzte Überarbeitung: 11. November 2024, Fritz Franzke