Wasserfilter für den Notfall – Kann man Notbrunnenwasser trinkbar machen?
Jens Schorn
Bild 1: Notwasserbrunnen Nr. 291 in Berlin Wedding
In Berlin gibt es im öffentlichen Raum ca. 224 Trinkbrunnen [2] sowie aus historischen Gründen 2000
sogenannte Straßenbrunnen. Von diesen 2000 Straßenbrunnen sollen zwei Drittel Wasser in
Trinkwasserqualität liefern [3]. Auf eine Anfrage an den Senat von 2017, welchen Zwecken diese in Berlin vorhandenen Straßenbrunnen
(Notbrunnen) vorrangig haben, lautete die Antwort: „Sie dienen vorrangig der Sicherstellung einer
Ersatz- bzw. Notwasserversorgung der Bevölkerung im Krisen- bzw. Katastrophenfall bei einem
großflächigen Ausfall der netzgebundenen öffentlichen Wasserversorgung.“ [9] Die Standorte dieser Notbrunnen sind leicht herauszufinden [4,5], aber die Anzahl an verfügbaren
Brunnen, die Trinkwasserqualität liefern ist fortlaufend zu gering, gerade um in Notfällen den Bedarf
abzudecken. Somit stellen sich folgende Fragen: In welchem Umfang kann man dieses Wasser aus solchen Notwasserbrunnen nutzen? Im Monatstipp „Wasser in Notfällen“ konnte durch schulische Laboruntersuchungen festgestellt werden,
dass sich Wasser aus Notwasserbrunnen nicht zum Trinken eignet, in Notfällen aber zum Wäschewaschen,
Spülen und für die Körperhygiene verwendet werden kann. Bild 2: Proben aus unterschiedlichen Notwasserbrunnen (Nr.6 Bandelstraße - links und
Nr. 291 Dubliner Str.- rechts)
Im Rahmen einer Wettbewerbsteilnahme am „Umwelt- und Klimapreis Mitte“ [6] wurde die Wirksamkeit
käuflicher Wasserfilter auf die Wasserqualität von Trinkwasser (Experiment 1) und Notbrunnenwasser
(Experiment 2) untersucht. Experiment 1: Untersuchung der Wirksamkeit käuflicher Wasserfilter auf die
Ionenzusammensetzung von Trinkwasser (Sulfat, Chlorid, Magnesium, Calcium, Nitrat)
Material: Vier käufliche Wasserfilter, Wasserproben aus
Trinkwasserleitungen in der Afrikanischen Straße, große Bechergläser, Beschriftungsstifte,
Messpipetten. Sulfat – Gravimetrisches Verfahren
Durchführung: Beobachtungen: Bild 3-4: Filterpatroneninhalt - links kostengünstige Nr. 2 u. 4 – rechts
Nr. 1 u. 3
Im Vergleich ist bei den kostengünstigen Varianten ein geringerer Anteil an Aktivkohle zu
erkennen. Bild 5: Filtration von Trinkwasser mit Hilfe der vier Filterpatronen 1-4 von
links nach rechts
Bei den Filterpatronen von Philips und Brita ist eine Dunkelfärbung des Filtrats zu erkennen.
Ergebnis: Die Verfärbung direkt nach der Filtration liegt an
dem erheblich größeren Anteil an Aktivkohle in den beiden teureren Filterpatronen der Firma
Philips und Brita. Diese Trübung tritt aber nur beim ersten Gebrauch der Filterpatronen auf. Die
Hersteller empfehlen aus diesem Grund auch die ersten Filtrate wegzugießen. Bei den Ionensorten stellt man für Calcium- und Magnesiumionen die stärkste Verringerung bei
allen untersuchten Produkten fest. In diesen Filterpatronen befindet sich neben der Aktivkohle
ein Ionenaustauscher in Form kleiner Kügelchen, der die Kationen Ca2+ und
Mg2+ aus dem Wasser
gegen Wasserstoffionen oder Natriumionen austauscht. Zur Funktionsweise solcher Ionenaustauscher
findet man hier eine sehr gute Übersicht. Abb 1: Funktion eines Ionenaustauschers Die Reduktion der Ionensorten Nitrat und Sulfat und Chlorid (bis auf die Ausnahme bei der
Patrone der Firma Philips) lässt sich auf die Adsorptionseigenschaften der Aktivkohle
zurückführen [13,14], wobei kein Zusammenhang zwischen der größeren Menge an Aktivkohle in den
teureren Filterpatronen und der Reduktion der Ionen feststellbar ist. Aktivkohle hat aufgrund seiner extrem großen Oberfläche von 300-2000 m²/g ein sehr breites
Wirkspektrum zur Adsorption von organischen Verbindungen, Schwermetallen und gelösten Ionen in
Flüssigkeiten aber auch in Gasen [15]. Insgesamt bewirken alle untersuchten Filterpatronen eine Qualitätsverbesserung des
Trinkwassers. Experiment 2: Untersuchung der Wirksamkeit käuflicher Wasserfilter auf die
Ionenzusammensetzung von Notbrunnenwasser (Sulfat, Chlorid, Magnesium, Calcium,
Nitrat)
Material: Vier käufliche Wasserfilter, Wasserprobe vom
Notwasserbrunnen Nr.6 in der Bandelstraße, große Bechergläser, Beschriftungsstifte,
Messpipetten. Sulfat – Gravimetrisches Verfahren
Durchführung: Beobachtungen: Bild 6: Filtration von Notbrunnenwasser mit Hilfe der vier Filterpatronen
1-4 von links nach rechts
Auch hier ergibt sich bei den Filterpatronen von Philips und Brita eine Dunkelfärbung des
Filtrats.
Ergebnis: Insgesamt wiederholen sich hier die Ergebnisse wie in
Experiment 1. Für Calcium- und Magnesiumionen findet die stärkste Reduktion bei allen
untersuchten Patronen statt. Auch alle anderen Ionensorten konnten bei der Filtration durch die Aktivkohle reduziert werden.
Insgesamt bewirken alle untersuchten Filterpatronen eine Qualitätsverbesserung des
Notbrunnenwassers, wobei der Sulfatgehalt durch keine Filterpatronen bis auf den Grenzwert von
250mg/L gesenkt werden kann. Vergleicht man die Ergebnisse von Experiment 1 und 2 so kommt man zu dem Schluss, dass die untersuchten
Patronen insgesamt die untersuchten Ionensorten reduzieren, unabhängig davon wie teuer die Produkte
sind. Eine Absenkung des Sulfats im Notbrunnenwasser unter den Grenzwert erreicht kein Produkt bei
einmaliger Filtration.
Aus chemischer Sicht kann man durch eine Filtration des Notbrunnenwassers mit Hilfe von Filterpatronen
eine Qualitätsverbesserung des Wassers erreichen. Damit ist aber noch keine Trinkwasserqualität
erreicht. Hierzu sollte man das Wasser mehrmals filtern. Außerdem sollte man das Notbrunnenwasser auf
jeden Fall abkochen, sodass eine bakterielle Belastung ausgeschlossen werden kann.
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