Pipetten-Elektrolyseur und „Knallschaum“-Probe
Uwe Lüttgens
„Wasser ist eine chemische Verbindung, die sich in die Elemente Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen
lässt (Analyse), und sie kann aus diesen wieder gebildet werden (Synthese).“ [1]. So weit so
richtig. Mit der Frage danach, wie man zu dieser Aussage gelangt und wie sich die Formel von Wasser mit
einfach und preiswert experimentell ermitteln lässt, möchten sich dieser und zwei folgende Tipps
beschäftigen. Mehrere Forschungsfragen können im Chemieunterricht gestellt werden:
Nun sollte auf experimentellem Wege der Erkenntnisgewinn folgen, dass es sich bei Wasser nicht um ein Element, sondern um eine chemische Verbindung handelt. Nur: Der Hofmann´sche Zersetzungsapparat und das Eudiometer – mit dieser Apparatur werden die genauen Volumenverhältnisse explosiv reagierender Gasmischungen ermittelt werden – sind beides Gerätschaften für Lehrerdemonstrationsversuche. Sie sind nicht preiswert und der Umgang mit ihnen verlangt experimentelle Erfahrung und Geschick, vielleicht auch ein wenig Mut. Möglicherweise finden sie deshalb immer seltener den Weg in den Chemieraum. Die meisten Schülerinnen und Schüler kennen beide Apparaturen jedenfalls nicht, viele Referendarinnen und Referendare ebenfalls nicht. Man könnte auch fragen: Wozu auch? Denn beide Apparaturen werden in der Regel genau einmal eingesetzt, nämlich genau bei dieser Fragestellung. Folglich finden sich im Chemiebuch trotz einer namentlichen Erwähnung der Geräte im Text weder Abbildungen noch die Funktion klärende Hinweise (vgl. u.a. [1]). Was also tun? Einfach den neugierigen Schülerinnen und Schülern die Formel mitteilen kann ja kaum die Lösung sein in einem problemorientierten Chemieunterricht, in dem viel experimentiert werden sollte. Victor Obendrauf, ein engagierter Chemiedidaktiker und geschickter Experimentator stellte vor vielen Jahrzehnten fest: „In Relation zur didaktischen Bedeutung der Wasserzersetzung zur Charakterisierung von fundamentalen Begriffen wie Verbindung, chemische Reaktion, Element und den verstärkten Bestrebungen der Selbsttätigkeit von Lernenden zum Durchbruch zu verhelfen, gibt es in der Literatur relativ wenig Vorschläge, die Wasserelektrolyse auch als Schülerversuch anzulegen.“ [2] Nun gibt es - auch dank der Pionierarbeit von Victor Obendrauf – experimentelle Vorschläge, wie beides, sowohl die elektrische Zerlegung einschließlich Knallgasprobe [vgl. u.a. 3, 4, 5] als auch die Bildung von Wasser, in Low-Cost-Apparaturen selbst durchgeführt werden können. Allerdings sind diese teilweise schon älteren Anleitung teilweise gut versteckt und nicht immer leicht zu finden. Es gilt jedoch, den experimentellen Schatz zu heben. Denn ich bin mir sicher: Unsere Lerngruppen werden es durch ihre Begeisterung für den experimentellen Erkenntnisweg im Chemie-Anfangsunterricht danken. In diesem und den folgenden Tipps möchte ich daher den Weg zur Formel von Wasser nochmals schrittweise skizzieren, bei dem die Schülerinnen und Schüler ihre experimentellen Fähigkeiten im Umgang mit möglicherweise bereits im Themenfeld Gase genutzter Medizinspritzentechnik ausbauen können, Planungskompetenz entwickelt werden, das Ergebnis einer Versuchsreihe zu den Volumenverhältnissen von Wasserstoff und Sauerstoff bei der quantitativen Analyse vorausgesagt werden und schließlich davon ausgehend die Formel von Wasser durch „Rumprobieren“ gefunden werden kann.
Skizze 1: Die qualitative Analyse von Wasser besteht aus zwei Versuchen, die anhand der
beiden Skizzen protokolliert werden können.
Klick mich an! Bild 2: Die Gasentwicklung bei der elektrolytischen Zersetzung von Wasser ist im
Pipettenkopf deutlich zu erkennen.
Einige Tipps zum Experiment:
Bild 7: Bei sogenanntem kalziniertem Soda handelt es sich feinkristallines,
kristallwasserfreies Natriumcarbonat Na2CO3. Im Supermarkt wird es als Waschsoda
gekauft.
Bild 8: Natriumcarbonat reagiert stark alkalisch.
Folgende Reaktion kann für den exothermen Lösungsvorgang formuliert werden: CO32- (aq.) + H2O (l) → HCO3- (aq.) + OH- (aq.) Aufgrund des basischen Milieus der Elektrolyt-Lösung laufen folgende Reaktionen an den beiden Elektroden ab: Reduktion an der Kathode (Minuspol): 2 H2O (l) + 2 e- → H2 (g) + 2 OH- (aq.) Ered = -0,83 V Oxidation an der Anode (Pluspol): 2 OH- (aq.) → ½ O2 (g) + H2O (l) + 2 e- Eox = 0,40 V Gesamt-RedOx-Reaktion: H2O (l) + 2 OH- (aq.) → H2 (g) + ½ O2 (g) + 2 OH- (aq.) Letztlich läuft allein die Zersetzung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff ab: H2O (l) → H2 (g) + ½ O2 (g) Die Zersetzungsspannung U ergibt sich theoretisch aus den formulierten RedOx-Paaren: U = Eox - Ered = 0,40 V – (-0,83 V) = 1,23 V In der Praxis müssen jedoch deutlich höhere Spannungen angelegt werden, damit sich die beiden Gase Wasserstoff und Sauerstoff in nennenswertem Umfang an den beiden Elektroden entwickeln. Das liegt an einer Hemmung der Reaktionen an den Elektrodenoberflächen, weshalb zur Bildung der Gase zusätzliche Energie erforderlich wird, die der Grund der notwendigen Überspannung von einigen Volt sind. Die 9 Volt der Blockbatterie reichen jedoch bei weitem aus.
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