5.12.6 Kunststoffe und Umwelt

Kunststoffe sind in vieler Hinsicht umweltproblematisch. Gründe hierfür sind:

Herstellungsbedingte Probleme
Einige bei der Herstellung auftretende Probleme sind schon besprochen worden. Am Beispiel des Unglücks von Bophal soll an die Tragweite erinnert werden (-> 5.11).

Energiebedarf
bei der Herstellung von Monomeren oder bei der Polykondensation.

Freisetzen von Prozesswärme
bei radikalischer Polyreaktion.

Emissionen von Monomeren
Beispiele sind Isocyanate, Formaldehyd, Phenol, Vinylchlorid (usw.). Hieraus können gesundheitliche Probleme resultieren, z. B. bei Bewohnern von Innenräumen mit neuen, nicht abgelagerten kunststoffhaltigen Möbeln. Betroffen sind auch Verbraucher, die aus Kunststoffen gefertigte Textilien tragen. Allerdings muss in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass auch Textilien auf Naturstoffbasis Allergien und andere Krankheiten auslösen können.

Potentielle Schadstoffe
Hierunter versteht man Stoffe wie nicht umgesetzte Monomere, Weichmacher, Stabilisatoren und Pigmente, die selbst oder als Abbauprodukte beim Verbrennen in der MVA oder beim Verwittern auf der Deponie freigesetzt werden (Beispiele: Cadmiumoxid CdO, Dioxine).

Mengenproblem
Die meisten Kunststoffe sind biologisch nicht abbaubar. Im Jahre 1983 wurden weltweit 53 Mio. Tonnen Kunststoffe produziert, davon in der Bundesrepublik Deutschland knapp 8 Mio. Tonnen. Es muss nicht besonders betont werden, dass bei Produktion, Verarbeitung und Nutzung solcher Mengen von Kunststoffen Abfälle entstehen, vor allem, da mehr als 25 % der Produktion zu nur kurzfristig genutztem Verpackungsmaterial verarbeitet werden. Abhilfe schafft das Recycling von Kunststoffabfällen (Kap. 7).


5.12.7 Negativbeispiel PVC

PVC ist das Paradebeispiel für die Vielfalt der möglichen Umweltschäden, die in einem Stoff stecken.

- Das im PVC möglicherweise in Spuren (<0,05 ppm) vorhandene monomere Vinylchlorid ist stark cancerogen.
- In PVC sind Weichmacher vorhanden. Deren toxisches Potential wird kontrovers diskutiert.
- Beim Verbrennen wird Chlorwasserstoff frei, welcher sich als Salzsäure in der Nachbarschaft von Deponien und MVAs niederschlägt.
- Bei der Verbrennung entstehen weiterhin große Mengen an Chlor. Dass dieses mit den aromatischen Weichmachern im PVC oder mit anderen Müllbestandteilen Dioxine bildet, ist kaum noch umstritten.
- Bei der Verbrennung von 1 t PVC, bei der man mit Natronlauge den Chlorwasserstoff abfängt, entsteht ca. 1 t Natriumchlorid. Die Kosten für die Natronlauge betragen ca. DM 1.000,-, die für die Deponierung von NaCl DM 500,-. Damit verdoppelt sich der Preis von PVC.
- Zur Stabilisierung gegen Wetter- und Lichteinflüsse enthält transparentes PVC Cadmium- und Bleiverbindungen. Bei Verbrennung oder Deponierung können die giftigen Schwermetalle bzw. flüchtiges Cadmiumoxid freigesetzt werden.
- Wird PVC nicht verbrannt, sondern stattdessen deponiert, so bleibt der Müll praktisch unverändert, da PVC gegen mikrobiologischen und (UV-freiem) atmosphärischen Abbau sehr resistent ist.
- PVC enthält noch sehr viele weitere Additive.

[Weiterblättern]


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 31. Juli 2007, Dagmar Wiechoczek