Woher das Chloroform im Schwimmbad stammt

Experimente:
Versuch: Oszillierende Reaktion mit Citronensäure


Vor einiger Zeit wurde festgestellt, dass das Trinkwasser in vielen Gegenden mit Chloroform belastet ist. Diese Belastung tritt vor allem in Gegenden auf, in denen das Trinkwasser gechlort wird. Besonders betroffen sind Schwimmbäder. Der Grenzwert für Wasser ist übrigens 0,1 mg/L.
Chloroform ist gesundheitlich nicht unbedenklich. Besonders gefährlich sind vor allem die so genannten gemischten Haloforme, also Verbindungen wie CHCl2Br oder CHClBrI. Diese stehen im Verdacht, cancerogen und sogar mutagen zu sein. Wie kommt es zur Bildung dieser Stoffe?
Unser Wasser (auch das Trinkwasser) enthält immer geringe Mengen natürlich vorkommender organischer Verbindungen wie zum Beispiel Huminsäuren. In Schwimmbäder werden dazu noch durch die Badenden große Mengen von organischen Verbindungen eingetragen. Es wird angenommen, dass diese Stoffe mit dem zugesetzten Chlor reagieren und dabei Chloroform entsteht.
Leider sind diese Reaktionen noch nicht vollständig entschlüsselt. Es gibt allerdings Bemühungen, diesem Phänomen auf den Grund zu gehen. Zunächst nimmt man (wie schon erwähnt) wieder einmal die Citronensäure als Modellsubstanz für die Huminsäuren.
Es ist bekannt, dass Citronensäure mit Halogenen reagiert. Ihre Bromierung z. B. führte durch Belousov zur Entdeckung der Oszillierenden Reaktionen. Dabei muss man allerdings hochkonzentrierte Halogenlösungen und sogar Katalysatoren wie Cer-Ionen einsetzen (-> Versuch).
Man muss deshalb untersuchen, ob eine solche Reaktion auch unter den Bedingungen der Trinkwasseraufbereitung eintritt. Zu diesem Zweck hat man verdünnte wässrige Citronensäurelösungen bei 20 °C mit einem zehnfachen Überschuss an Natriumhypochlorid versetzt. Innerhalb von zwei Stunden waren signifikante Mengen an Chloroform nachweisbar. (Dieser Versuch ist im Schullabor allerdings nicht durchführbar, da die Konzentration von Chloroform für einen schulgeeigneten Nachweis zu gering ist.)


Für Spezialisten: Der Mechanismus der Chloroformbildung
Der Mechanismus dieser Reaktion ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Es gibt aber begründete Vermutungen, wie er aussehen könnte:
Man geht davon aus, dass in einem ersten Schritt die mittlere Carboxylgruppe der Citronensäure durch eine oxidative Decarboxylierung selektiv abgespalten wird. Das entspricht der Reaktion, die wir bei der Bildung von Aceton aus Citronensäure unter Einwirkung von Kaliumpermanganat als Oxidationsmittel kennengelernt haben.
Die bei diesem Schritt entstehende instabile 3-Ketoglutarsäure wird decarboxyliert. Es entsteht Aceton. Dieses lässt sich sehr leicht zu Trichloraceton halogenieren.

CH3-CO-CH3 + 3 Cl2 ———> CH3-CO-CCl3 + 3 HCl

Die Bildung von Chloroform aus Trichloraceton erfolgt durch Hydrolyse des entstandenen Trichlormethylketons. Die Hydrolyse wird durch Anlagerung eines Wassermoleküls an das positivierte C-Atom der Ketogruppe eingeleitet. Die positive Ladung wird noch durch die drei Chloratome am benachbarten C-Atom verstärkt. Zum Schluss bilden sich Essigsäure und Chloroform.

CH3-CO-CCl3 + H2O ———> CH3-COOH + CHCl3

Zur Bildung der gemischten Haloforme kommt es, weil sich die im Wasser befindlichen Bromid- und Iodid-Ionen von Hypochlorit zu Brom bzw. Iod oxidiert werden. Diese reagieren dann wie das Chlor mit der Citronensäure.


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Letzte Überarbeitung: 26. Oktober 2000, Dagmar Wiechoczek