Was es sonst noch so gab...
Merkwürdiges aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 80
zurück        vor

391 Gefährdungsbeurteilung Teelichtbatterie
F: Ich habe auf Ihren Internetseiten die Anleitung zum Bau einer Teelichtbatterie gefunden (Tipp des Monats März 1999; Tipp-Nr. 21), die sehr einfach ist und prima klappt.

Nur müssen wir jetzt für alle Versuche in der Schule Gefährdungsbeurteilungen erstellen.

Wie lautet die genaue Reaktion beim Teelicht?

Al + MnO2 + 3 NH4Cl ---> AlCl3 + MnO(OH) + 3 NH3

oder bildet sich ähnlich zum Leclancheelement [Al(NH3)6]Cl?

Im Netz findet man auch, dass AlCl3 + 3 NH3 + 2 H2O ---> Al(OH)3 + 3 NH4Cl reagieren.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir auch bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung weiterhelfen könnten!


A: Mein diesbezüglicher Tipp des Monats soll eher zum Spielen anregen anstatt zu ernsthafter Forschung.

Es ist immer schwer zu sagen, was da wirklich abläuft. Deshalb gibt es zum Leclanché-Element und dessen Varianten im Netz viel Spekulatives.

Freies Ammoniak - wie Sie es vorschlagen - dürfte wohl kaum auftreten. Das müsste man riechen. Die Bildung von toxischem, wasserfreien AlCl3 ist ebenfalls nur formal zu verstehen. Es entstehen vielmehr Aluminium-aqua-komplexe, deren Ladung durch Chlorid-Ionen ausgeglichen wird.

Am Besten ersetzen Sie in den Gleichungen zum Leclanché-Element Zn durch Al. Dann sind Sie auf der sicheren Seite.

In Ihrer Gleichung AlCl3 + 3 NH3 + 2 H2O ---> Al(OH)3 + 3 NH4Cl müssen Sie übrigens 3 H2O setzen.

Zur Gefährdungsbeurteilung: Ich kenne nicht die dafür grundlegenden bürokratischen Vorschriften. Für mich ist der Versuch insgesamt ungefährlich und mit den im Schullabor üblichen Sicherheitsmaßnahmen (Schutzbrille, Handschuhe, Ess- und Trinkverbot) durchführbar.

Leere Teelichtbecher durch Abbrennen der Teelichter herzustellen ist dagegen viel gefährlicher! Klicken Sie den Tipp Nr. 49 an.


392 Zur Nachahmung empfohlen: Chemie von Schülern für Schüler
F: Hallo Herr Blume,
ich bin eine Schülerin der 11. Klasse am Gymnasium. Das Thema unseres P-Seminars (Projektseminar) ist Chemie für Grundschüler.

Wir haben auf Ihrer Homepage einige interessante Versuche entdeckt und wollten Sie fragen, ob wir diese Versuche, wegen den Urheberrechten, zeigen und durchführen dürfen.

Ich würde mich sehr um eine Rückmeldung freuen

Liebe Grüße (…)


A: Selbstverständlich könnt Ihr die Versuche nutzen. Dazu veröffentliche ich diese ja - damit sie möglichst viele LehrerInnen (und wie ich jetzt höre sogar auch SchülerInnen) zusammen mit Jungforschern nachmachen!


393 Wie erkennt man überhaupt Chlor?
F1: Im Zusammenhang mit den Halogenen möchte ich gerne mit einer neunten Klasse (sehr stark reduziert natürlich) die Reaktion von Hypochlorit-haltigen Reinigern mit säurehaltigen Reinigern thematisieren.
Nun habe ich dazu einen Versuch ausprobiert, wobei mir die ein oder andere Frage gekommen ist, die ich bisher nirgends habe klären lassen können. Ich hoffe, dass Sie mir diesbezüglich weiterhelfen können.

Ich habe in ein Reagenzglas ca. 1cm hoch "Klorix®" und dazu konzentrierte Salzsäure desselben Volumens gegeben. Die Reaktion war sehr schön zu beobachten, es bildete sich auch leicht gelbliches Chlorwasser.

HClO + HCl --> Cl2 + H2O (vereinfacht)

1. Problem: Leider konnte kein farbiges Gas beobachtet werden. Daher stellte sich mir hier die Frage, warum kein leicht grünliches Chlorgas gesehen werden konnte.

2. Problem: Weiter wollte ich dann Chlor im Chlorwasser nachweisen. Dazu gab ich etwas Kalium-Iodid-Stärke-Lösung hinzu, musst aber feststellen, dass sich diese nicht blau, vielmehr bräunlich färbt. Zudem schien sich die Farbe bei intensivem schütteln wieder aufzulösen. Können Sie mir erklären, warum sich nicht der typisch blaue Komplex bildet sondern eine braune Farbe wahrzunehmen ist?

Ich hoffe sehr, dass sie diese Beobachtungen erklären können!


A1: Haben Sie Ihre Stärke („lösliche“ nehmen!) vor dem Mischen aufgekocht? Zur Herstellung der Stärke-Lösung klicken Sie hier (Reagenz Nr. 12). Zu 100 ml dieser Lösung geben Sie 5 g Kalium-Iodid.

Zu Ihren Fragen:
1. Die Farbe von Chlorgas würde ich nicht als grün, sondern eher als gelbgrün bezeichnen; in verdünntem Zustand wirkt es sogar nur gelb.

Sicherlich bildet sich Chlor, aber bei Ihrem Ansatz ist die Gasschicht so dünn und die Luft-Chlormischung dazu noch so stark verdünnt, dass man deren Färbung nicht ohne weiteres (z. B. mit Hilfe von spektro-optischen Messungen) erkennen kann. Gelb ist sowieso eine Farbe, die man erst bei größeren Konzentrationen erkennt. Sie hat für unser Gehirn und damit für unsere subjektive Wahrnehmung anders als z. B. Rot (Blut!) keine „Signalwirkung“.

2. Weshalb die Iod-Färbung ausbleiben kann oder nur kurz auftritt: In der Chlor-Lösung sind aggressive Substanzen (vor allem atomarer Sauerstoff und Hydroxyl-Radikale) enthalten. Die reagieren mit etwaig gebildetem Iod zu Iod-oxiden bzw. Iod-oxo-säuren.
Außerdem werden unter diesen Bedingungen auch die Stärkemoleküle angegriffen, so dass diese nicht mehr als „Einschlusswirte“ für das Iod/Iodid-System zur Verfügung stehen.

Gehen Sie so vor: Tränken Sie vor dem Versuch Filterpapier mit Kaliumiodid-Stärke-Lösung. Das noch leicht feuchte Papier halten Sie in den Gasraum über die Lösung. Das Papier färbt sich bei Anwesenheit von Chlor blau bis schwarz.

Warnung: Achten Sie darauf, dass nicht zuviel Chlor freigesetzt wird. Von besorgten Eltern engagierte Rechtsanwälte warten auf satte Abmahnungsgebühren...


F2: Nachdem ihr Antworten zu meiner letzten Mail mich sehr weiter gebracht haben, möchte ich Sie nocheinmal um eine Antwort bitten.

Wenn ich Klorix und Säure zusammengeben entsteht Chlorgas. Es lässt sich nachweisen, ist aber (wenn überhaupt) nur sehr gering zu erkennen. Aus organisatorischen Gründen möchte ich den Versuch nicht im Reagenzglasmaßstab vorführen, sondern mit ca. 10-15ml Klorix® und entsprechendem Säurevolumen im Standzylinder unter dem Abzug.

Ich habe den Versuch ausprobiert und habe keinen Chlorgeruch wahrnehmen können, wollte aber trotzdem vor der Durchführung wirklich sichergehen, dass trotz des großen Maßstabs die MAK bzw. der AGW von 1,5mg/m³ nicht überschritten werden. Messen kann ich das mit den schulischen Mitteln nicht, bin aber eigentlich sicher, dass aufgrund des Abzuges dieser Wert nicht erreicht wird (ich habe schließlich auch kein bisschen Chlorgeruch wahrgenommen - weder beim kleinen, noch großen Maßstab).

Können Sie so ad hoc eine Antwort auf die Frage geben, ob der Abzug in dem Maßstab für die entprechende Unterschreitung der MAK/des AGW sorgt.


A2: Leider schreiben Sie nicht, ob Sie das Chlor zumindest chemisch mit feuchtem Iodid-Papier haben nachweisen können, wie ich es vorgeschlagen habe. Ich gehe aber einmal davon aus, dass das möglich war.

Jetzt gibt es mindestens zwei Möglichkeiten:

1. Dass Sie das Chlor gar nicht riechen. Vielleicht haben Sie nicht die Nase dafür (das gibt´s!). Haben Sie schon einmal Chlor gerochen? Beispiel (Vorsicht!): Einige Tropfen von konz. HCl in einem RG auf einige Kristalle festes KMnO4 geben. Im locker geschlossenen RG sehen Sie dabei auch die gelbe Farbe.

2. Ich kenne Ihr Klorix® nicht. Ich weiß aber von anderen Produkten, dass die so stark parfümiert sind, dass man etwaig entstehendes Chlor zumindest in kleineren Konzentrationen gar nicht riecht.

Ihre Angst vor Überschreitung des MAK kann durch kurze Versuchsdauer und Abzugsarbeit als unnötig erklärt werden. MAK-Werte beziehen sich auf 8stündige Einwirkung! Lassen Sie aber auf keinen Fall Schüler am Chlor schnuppern! Schüler können Panik vorspielen, um anzugeben, und reiten Sie ganz schön ins Abseits...


F3: Herzlichen Dank für sie schnelle und hilfreiche Antwort - sogar am Wochenende.

Zum Thema Chlor riechen: Ich komme aus dem Leistungsschwimmen und bin mit dem Chlorgeruch aufgewachsen. Reichen tue ich Chlor definitiv. Ich habe mich aber auch ehrlich gesagt noch nicht getraut, unter dem Abzug mal meine Nase in Richtung der Öffnung zu halten.

Die Chlorgas-Herstellung über KMnO4 und HCl wollte ich sowieso am Montag mal ausprobieren, um zu sehen, ob man den Versuch machen kann, damit die Schüler Chlorgas mal wirklich sehen.

Verwendet habe ich Dan-Klorix Hygienereiniger® (blaue Flasche) - einen relativ neutral riechenden Reiniger (extra nicht den mit "Frischegeruch").

Der Chlor-Nachweis wurde mit angefeuchtetem Kaliumiodid-Stärke-Papier durchgeführt und was deutlich positiv. Die dunkelblaue bis lila Farbe des Komlepxes wurde nach einer Sekunde reinhalten sofort sichtbar.

Warum man das entstehende Chlorgas nicht wirklich sieht - man weiß es nicht. Vielleicht entsteht wirklich nicht so viel und das, was entsteht, wird dadurch, dass der Standzylinder oben offen bleibt, vom Abzug sofort weggesogen.

Soweit aber erstmal Ihnen vielen vielen herzlichen Dank für die Hilfe!


A3: Schnell eine Antwort:

1. Das, was Sie im Schwimmbad oder nach dem Besuch dort auf der Haut riechen, ist nicht das Chlor, sondern sind chlororganische Verbindungen, die durch Rückstände im Wasser oder auf der Haut gebildet werden. Chlor kann man nur in reinem Wasser deutlich riechen, wie z. B. manchmal im englischen Trinkwassersystem.

2. Haben Sie beim Ansäuern nachgeprüft, ob die Misch-Lösungen wirklich deutlich sauer waren? Mit Universal-Indikatorpapier geht das auch, aber der Indikatorfarbstoff wird nach kurzer Rotfärbung sofort entfärbt. Nehmen Sie zum Ansäuern nur Schwefelsäure und keine organischen Säuren wie Essigsäure oder Citronensäure, da diese mit Chlor reagieren.

3. Warum lassen Sie den Standzylinder offen? Den können Sie doch mit einer Glasscheibe oder mit Alufolie abdecken.

4. Zur Sichtbarkeit des Chlorgases: Ich erinnere noch einmal daran, dass Gelb nicht zu den Signalfarben gehört und man die Gasfärbung nur in starkem Licht und am besten im Vergleich mit einem gleichen Standzylinder, der nur Luft enthält und den man daneben stellt, erkennen kann. Für gute Beleuchtung und vor allem für einen hellen Hintergrund sorgen!


394 Warum bleibt man nicht beim natürlichen Logarithmus?
F: Wenn eine Ableitung proportional zu der Funktion selbst ist, bietet sich als Lösung die e- Funktion an. In Beiträgen zur Reaktionsgeschwindigkeit wird die dann logarithmiert, um eine Gerade zu erhalten. Hier erstaunt mich nun gewaltig, dass statt im natürlichen Logarithmus zu verbleiben, der dekadische reingepresst wird durch den völlig überflüssigen Faktor 2,3.
Können Sie mir erklären, warum man die Gleichung nicht einfach lässt?? Wenn die Studenten schon mit der Integration alleine gelassen werden, sie also integrieren können sollen evtl. mitTrennung der Variablen, traut man ihnen dann nicht zu, zu wissen was ln(x) ist?

Ich bin kein Chemiker und freue mich auf Ihre Antwort.


A: Das kann man nicht einfach beantworten. Zunächst ist das kein chemisches Problem, denn e-Funktionen (bzw. die inversen ln-Funktionen) sind in der Chemie alltägliches Brot wie in allen Wissenschaftsgebieten. Das liegt daran, dass Δx/x als relativer Fehler, Abklingfaktor (usw.) bekannt sein sollte. Bei der Integration von dx/x erhält man bekanntlich als Ergebnis lnx. Beispiele sind die Konzentrations/Zeit-Funktionen der Reaktionskinetik, die Nernstsche Gleichung oder die Gleichungen, die hinter dem Lambert-Beerschen Gesetz stehen. Auch in der Thermodynamik sind die logarithmischen Funktionen unerlässlich, wie z. B. bei der van´t Hoffschen Reaktionsisotherme.

Ich vermute, dass die Nutzung von Zehner-Logarithmen historische und psychologische Gründe hat: Die Logarithmen mit der Basis 10 sind irgendwie handlicher, da wir mit der Zahl 10 besser umgehen können als mit der gebrochenen Zahl e = 2,718… Das gilt auch für die Potenzzahlen, die sich hinter den Logarithmen verbergen. Früher hatten wir nur die Zehner-Log-Tafeln im täglichen Gebrauch.

Weil das Ganze den Schülern und Studenten immer Schwierigkeiten bereitet, haben wir zur Umrechnung von ln in 10log (et vice versa) eine besondere Webseite gestaltet.


395 Blinder Student - viel Erfolg!
F1: Mein Name ist (…) und ich studiere als erster blinder Student in Mitteleuropa Chemie an der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck.
Ich möchte mich bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern ganz herzlich für Ihr fachlich exzellentes und leicht verständliches Medienangebot bedanken.


A1: Über Ihre Mail habe ich mich ganz besonders gefreut. Auch an meiner Fakultät haben wir einen blinden Chemiestudenten gehabt. Er hat sein Augenlicht allerdings erst während des Studiums durch einen Peroxid-Unfall verloren. Er hat übrigens seine Doktorarbeit am Lehrstuhl für Theoretische Chemie abgelegt. Nach der Promotion hat er eine Stelle in einem lebensmittelchemischen Institut bekommen.

Ihnen wünsche ich weiterhin alles Gute!


F2: Ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit noch auf ein auf Word basierendes Programm zur Erstellung von Formeln und Gleichungen hinweisen. Das Programm LiTex ist ein auf Word basierendes Formelprogramm und kann auf folgender Seite kostenlos heruntergeladen werden. Ursprünglich wurde es von Herrn Dr. Werner Liese für blinde Nutzer entwickelt. Es ist aber auch für nicht blinde Nutzer eine einfach zu bedienende und kostenlose Alternative zu den gängigen Formeleditorprogrammen, welche für Word erhältlich sind.
Ich würde Sie daher bitten die Seite auf Ihrer Seite zu verlinken:
http://www.werner-liese.de/


A2: … was wir hiermit tun.

Zurück zur Startseite


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 11. Februar 2013, Dagmar Wiechoczek