Prof. Blumes Tipp des Monats März 1999 (Tipp-Nr. 21)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wohin mit den Teelicht-Bechern?

Bild 1: Stimmung bei Kerzenlicht (Foto: Blume)

Aluminium ist billig. Ein Beispiel sind die schnuckeligen, kleinen Alubecher, die das Wachs für Teelichter enthalten. Da jeder weiß, dass zur Gewinnung von Aluminium pro kg sehr viel (etwa 100 MJ) Energie verbraucht wird, kommt zur gemütlichen Stimmung bei der Teestunde im Dämmerlicht das schlechte Umweltgewissen hinzu: Wohin mit den leeren Teelicht-Bechern?

Wirf sie nicht weg! Mit Teelicht-Bechern kannst du nämlich eine Menge anfangen. Hier sind zwei Beispiele für Anwendungen im Chemieunterricht, für die diese Behältnisse nach unseren Erfahrungen ganz besonders gut geeignet sind.


1 Zunächst kannst du das Aluminium der Teelicht-Becher zur Demonstration eines Recyclingverfahrens einschmelzen
Zum Einschmelzen von 1 kg Aluminiumschrott benötigt man in der Technik nur 2,52 MJ. Deshalb solltest du das Verfahren einmal kennenlernen.

Um die Oxidation des Aluminiums beim Schmelzen zu verhindern, verwendest du als Abdeckung die Schmelze einer inerten Salzmischung. Denn Aluminium ist so unedel, dass es sich beim Erhitzen sofort mit einer dicken Oxidschicht überzieht. Es kann statt zu schmelzen sogar verbrennen. Man muss also die Luft abschließen. Man könnte stattdessen natürlich auch unter Edelgas schmelzen - sehr aufwendig!
Ein zweites Problem: Bereits vorhandene Oxidschichten (diese sind typisch für Aluminium! Das Stichwort ist Passivierung) verhindern das Zusammenfließen des geschmolzenen Metalls; deshalb setzt man Fluoride zu, da sie Aluminiumoxid unter Bildung von in der Salzschmelze löslichen Komplexverbindungen zersetzen. Die im Folgenden beschriebene Mischung hat auf Grund der Schmelzpunkterniedrigung einen Schmelzpunkt von etwa 610 °C und ist wegen der größeren Dichte geeignet, das Aluminium beim Verflüssigen rasch abzudecken. Dessen Schmelzpunkt liegt bekanntlich bei 660 °C.

Üblicherweise verwendet dein Lehrer als Aluminiumproben Flaschenverschlüsse oder Deckel von Getränkedosen.

Besser ist es, wenn du stattdessen Teelicht-Becher nimmst. Diese haben nämlich einige wesentliche Vorteile:

- Teelicht-Becher bestehen nur aus Metall, sind also nicht (wie die Flaschenverschlüsse) lackiert oder mit großen Kunststoffdichtungen versehen. Diese musst du nämlich umständlich vor dem Einschmelzen entfernen [1], da sie kräftig auflodernd verbrennen und den Versuch stören. Wachsreste kannst du leicht mit heißem Wasser oder mit Benzin ablösen.
- Teelicht-Becher haben gerade die richtige Wandstärke und schmelzen in der Hitze der Salzschmelze augenblicklich, ohne zu verbrennen. Bei Flaschenverschlüssen dauert das Einschmelzen viel länger. Ein Teil des Aluminiums wird oxidiert, der Versuch gelingt deshalb meistens nicht besonders gut.

Bild 2 (Foto: Daggi)


Versuch 1: Einschmelzen von Teelicht-Bechern aus Aluminium

Schülerversuch; 45 min mit Schmelzen des Salzes (sonst 10 min).

Hinweis
Der Versuch ist sehr zeitaufwendig, wenn keine Teclu®-Brenner zur Verfügung stehen.

Geräte
Nicht zu kleiner Porzellantiegel (Höhe z. B. 6,5 cm) mit Deckel (glasiert), hoher Dreifuß mit Ton-Draht-Dreieck, 2 Bunsenbrenner (unbedingt Teclu®-Standard), Tiegelzange, Magnesiastäbchen oder Glasstab.

Chemikalien
Natriumchlorid, Kaliumchlorid, Natriumfluorid (T), 10-20 Teelicht-Becher.

Durchführung

Sicherheitshinweise
1) Beim Eintrag von Aluminiumstücken mit größeren Wachsresten in die Salzschmelze besteht Brandgefahr! Deshalb Wachs vorher entfernen!
2) Vorsicht! Der Porzellantiegel ist nach dem Versuch sehr heiß. Deshalb die Tiegel zum Abkühlen ausdrücklich so abstellen lassen, dass die Schüler diese nicht aus Versehen anfassen!

Stelle eine Mischung von 45 g Natriumchlorid, 45 g Kaliumchlorid und 10 g Natriumfluorid her. Gegebenenfalls musst du Klumpen vor dem Mischen zermörsern.
Mit dieser Mischung füllst du den Porzellantiegel zu zwei Dritteln. Schließe den Tiegel mit dem Deckel. Erhitze kräftig mit zwei Brennern, bis das Gemisch flüssig geworden ist. (Das kann 20 Minuten dauern! In der Wartezeit zerkleinerst du die Teelichter, indem du sie jeweils in 3-4 Stücke schneidest.)
Erhitze nun kräftig weiter, da der Schmelzpunkt des Aluminiums 50 °C höher liegt als der der Salzschmelze. Erst wenn die Schmelze dunkle Rotglut zeigt, gibst du die Aluminium-Stücke einzeln in die Schmelze hinein und wartest, bis sie geschmolzen sind, bevor das nächste Stück hinzugefügt wird. Achte dabei darauf, dass das geschmolzene Aluminium stets von der Salzschmelze bedeckt bleibt. Lasse danach abkühlen.

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Bild 3 (Foto: Daggi)

Ergebnis
Nach Entfernen der erstarrten Salzschmelze erhältst du ein wunderschönes, rundes Aluminiumstück.

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Bild 4 (Foto: Daggi)

Entsorgung
Die Salzschmelze ist mehrmals verwendbar. Ansonsten zum anorganischen, giftigen Festabfall geben.

2 Du kannst mit den Teelicht-Bechern aber auch Elektrochemie betreiben, z. B. Batterien bauen
Das erste und zugleich berühmteste und lange Zeit wohl einzige Trockenelement ist nach Georges Leclanché benannt: Leclanché-Element. Es besteht aus einem Becher aus unedlem Metall und einem Graphitstab ("Kohlestab"), der in einen angedickten Brei von sauer reagierendem Ammoniumchlorid, Braunstein sowie Graphitpulver steckt.

Dieses Element können wir unter Verwendung von Teelicht-Bechern leicht nachbauen.

Versuch 2: Bau eines Leclanché-Elements

Schülerversuch; 10 min.

Geräte
Teelicht-Becher, Graphitstab, Spannungsmessgerät, Prüfmotor, Kabel und Klemmen, pH-Papier.

Chemikalien
Ammoniumchlorid (Xi), Braunstein, Graphit, Stärke.

Durchführung
Vorversuch
Schütte einige Kristalle von festem Ammoniumchlorid auf feuchtes pH-Papier. Beobachtung?

Bereite entsprechend der Bechergröße eine Mischung aus 2/3 Massenanteilen Ammoniumchlorid und 1/3 Mangandioxid. Dazu gibst du noch etwas Stärke zur Stabilisierung und (wenn du hast) etwas Graphitpulver zur Steigerung der elektrischen Leitfähigkeit hinzu. Rühre das ganze mit etwas Wasser zu einem zähen Brei an. Fülle diesen in den Metallbecher, auf dessen Boden du ein Filterpapier als Diaphragma gelegt hast, und stecke dann einen Graphitstab in den Brei hinein.
Messe die Spannung zwischen Becher und Graphitstab. Bestimme die Pol-Vorzeichen. Versuche, einen Elektromotor zu betreiben.

Ergebnis
Du erhältst eine Spannung von etwa 1,3 V. Der Aluminiumbecher ist der Minuspol. Ein Prüfmotor läuft.

Bild 5 (Foto: Daggi)

Um die stromliefernden Vorgänge in diesem Element zu verstehen, klicke die Webseite Funktion des Leclanché-Elements an.

3 Du kannst mit Teelichtbechern auch Korrosionsphänomene studieren
Aluminium ist nur scheinbar edel. Das liegt aber nur an dem äußerst stabilen Oxidbelag. Wenn man den verletzt, schreitet die Korrosion rasch voran. Dann bildet sich sogar mit den wenigen Protonen im Wasser Wasserstoff, während sich das Metall zersetzt. Das geht besonders rasch, wenn man Kupferchlorid als Katalysator zusetzt. Kupfersulfat hat übrigens keine Wirkung auf das Reaktionsgeschehen.

Versuch 3: Durch Kupfer(II)-chlorid katalysierte Korrosion von Aluminium
In einen entfetteten Alu-Becher füllt man eine Lösung von Kupfer(II)-chlorid (w = 5 %) (Xn). Wenn man kein Kupfer(II)-chlorid hat, kann man stattdessen auch Kupfersulfat und Natriumchlorid mischen. Das Aluminium zersetzt sich unter Wasserstoffbildung. Gibt man ein Tensid wie Pril zu, so bilden sich so große Gasblasen, dass man sie zur Demonstration von Knallgas entzünden kann. Wiederhole den Versuch mit Kupfer(II)-sulfat.

Noch rascher gelingt die Korrosion mit Natronlauge. Grund ist, dass sich statt eines festen Oxid-Hydroxid-Belags auf dem Aluminium lösliches Aluminat bildet. Die bei dessen Bildung freiwerdende Energie setzt das Redoxpotential so stark herab, so dass auch bei der äußerst geringen Konzentration von Protonen in alkalischen Lösungen das Entstehen von Wasserstoff beobachtet werden kann. Die Reaktion ist sogar so heftig, dass es zur Aufheizung bis zur Selbstentzündung kommen kann.

Versuch 4: Korrosion von Aluminium durch Natronlauge (Schutzbrille!)
In den entfetteten Becher füllen wir Natronlauge (w = 10 %) (C). Nach kurzer Zeit beginnt eine starke Gasbildung. Der Becher zersetzt sich rasch. Schwarze Flocken, die zurückbleiben, filtrieren wir nach Neutralisation mit Salzsäure (C) ab. Wir zersetzen sie in ein wenig halbkonzentrierter Salpetersäure (C). Vorsicht! Bildung von nitrosen Gasen. Mit Rhodanid erhalten wir eine Rotfärbung: Hinweis auf Eisen. Mit Ammoniak im Überschuss (Vorsicht bei der Zugabe!) weisen wir Kupfer nach: Bildung des tief blauen Kupfertetramin-Komplexes.

Das Vorkommen von Eisen und Kupfer in den Teelichtbechern ist ein Hinweis darauf, dass es sich beim Aluminium der Teelichtbecher um Recyclinggut handelt. Das ist ja schließlich auch vernünftig!

Man kann im Sinne eines stofferhaltenden Recyclings die Alu-Becher auch vortrefflich als Töpfchen zum Anrühren von Tuschefarben nutzen.


Rüdiger Blume


Weitere Tipps des Monats


Literatur zum Aluminiumrecycling:

1. R. Blume, A. Hildebrand und U. Hilgers, Umweltchemie im Unterricht. Ein praktischer Leitfaden; Cornelsen-Verlag, Berlin 1996, 279 S. (ISBN 3-464-03513-1); S.126 ff.
2. R. Peter, Ein einfacher Demonstrationsversuch zum Umschmelzen von Aluminiumschrott, Praxis (Chemie) 3/35 (1986), 29-30.
3. R. Demuth, Lohnt sich das Recyceln von Aluminiumabfällen?, NiU (Chemie) 6/2 (1991), 23-27.


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Letzte Überarbeitung: 12. August 2008, Dagmar Wiechoczek