Lampionblumen enthalten toxische Steroide

Jeder kennt sie wohl, die Lampionblume. Sie heißt auch Wilde Blasenkirsche oder Erdkirsche, politisch unkorrekt auch Judenkirsche. Wissenschaftler sprechen von Physalis alkekengi. Die etwa 50 cm hohen Pflanzen zeigen eher unscheinbare weiß-grüne Blüten und die samtigen Blattoberflächen, die uns verdeutlichen, dass es sich bei der Physalis um ein Nachtschattengewächs handelt. Dazu gehören bekanntlich die Tollkirsche und der Stechapfel. Am ehesten ähneln die Blüten aber denen von Kartoffeln und Tomaten.

Bild 1: Blüte der Lampionblume
(Foto: Blume)


Die auch in Deutschland wild vorkommenden Lampionblumen fallen erst so richtig auf, wenn sie ihre orangeroten Ballonfrüchte entwickeln.

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Bild 2: Lampionblumen in unserem Garten
(Foto: Blume)


Die Lampionblume enthält giftige Substanzen, die zugleich stark bitter schmecken. Das betrifft die Wurzeln, grünen Blätter und die unreifen Früchte. Die reife Kirsche soll nicht bitter, sondern sogar süß schmecken und ungiftig sein. Man sollte das aber nicht ausprobieren, weil man ja den Reifegrad nicht so richtig beurteilen kann. Auf jeden Fall ist die Ballonhülle giftig. Da sie aber sehr bitter schmeckt, ist eine Gefährdung eher selten.

Bild 3: Frucht der Lampionblumen
(Foto: Blume)


Das betrifft nicht die Physalisfrüchte, die man an der Obst- und Gemüsetheke in Kaufhäusern sieht: Das sind besondere Züchtungen, die ohne Reue genossen werden können.

Es handelt sich bei den Giften um Bitterstoffe, die zu der von den Terpenen bzw. dem Isopren abgeleiteten Klasse der Steroide gehören. Entsprechend kompliziert sind sie gebaut. Es gibt vor allem zwei Gruppen: Die erste heißt Physaline; sie sind nach der Physalis benannt. Die andere Gruppe trägt die Bezeichnung Withanolide; diese rührt von der Whitania her, einem Nachtschattengewächs der Mittelmeerregion, das in der Volksmedizin eine große Rolle spielt. Exemplarisch seien hier die Strukturen je eines typischen Physalins und eines Withanolids gezeigt.


Zur Aufgabe dieser Substanzen zählt offenbar die Abwehr von Fressfeinden, hier vor allem von Insekten. Denn sie weisen strukturelle Ähnlichkeiten mit deren Häutungshormonen auf. Damit sind sie in der Lage, den Häutungsprozess der Insekten und damit ihre Entwicklung und Wachstum zu hemmen.

Obwohl die Wilde Blasenkirsche zu den Nachtschattengewächsen gehört, ist ihre Giftwirkung nicht so sehr auf Alkaloide zurückzuführen, obwohl ihre Wurzeln beispielsweise Tropanalkaloide enthalten. Diese Alkaloidgruppe finden wir auch in Tollkirsche oder Stechapfel.

Insgesamt ist die Gefährdung durch die Physalis für Mensch und Tier gering, so dass man diese Pflanze unbesorgt auch im Garten anpflanzen kann - zum Beispiel, um attraktive Zweige für den winterlichen Trockenblumenstrauß zu gewinnen.

Bemerkenswert ist noch, dass auch die allseits geschätzten Petunien ähnliche Bitterstoffe auf der Basis von Steroiden enthalten.


Literatur
E. Teuscher, U. Lindequist: Biogene Gifte; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 3. Auflage, Stuttgart 2010.


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Letzte Überarbeitung: 01. April 2015, Dagmar Wiechoczek