Prof. Blumes Tipp des Monats Februar 2000 (Tipp-Nr. 32)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Grüner Schimmel im chemischen Labor?

In den Ecken vieler Schullabors sammelt sich so allerlei an. So fand eine Lehrerin in einem herumstehenden Becherglas Reste von Kupfermetall in gelblicher Rostsuspension. Auf der Mischung schwamm grüner Schimmel. Das war Anlass genug für eine Anfrage an das DC2-Team. Wir haben das "Experiment" nachvollzogen.

Versuch 1: Wie Eisen(III)-chlorid auf Kupfer wirkt
Lege ein sauberes, entfettetes Kupferblech in eine Kristallisierschale. Biege es so, dass es nicht direkt auf dem Boden aufliegt. Gieße Lösung (w = 1 %) (Xi) von Eisen(III)-chlorid darüber, so dass das Blech mit der Lösung etwa 2 cm hoch bedeckt ist. Decke das Glas mit einem Uhrglas ab. Lasse den Ansatz ruhig stehen. Was beobachtest du nach einem oder mehreren Tagen?

Offenbar zersetzt sich das Kupferblech. Es überzieht sich mit einem weißen Pulver, und auf der Lösung schwimmen blaue, schimmelartige flache Inseln, die an einer transparenten Folie zu hängen scheinen.

Bild 1 (Foto: Daggi)

Versuch 2: Untersuchung der Reaktionsprodukte
Lasse den Ansatz mindestens zwei bis drei Tage stehen.

Dann hebst du mit einem Löffel vorsichtig die auf der Lösung schwimmende "Schimmelschicht" ab und spülst sie in ein Becherglas.
Nun kannst du das Kupferblech vorsichtig herausnehmen. Du siehst, dass es mit einem weißen Niederschlag belegt ist. Diesen reibst du mit den Fingern los und spülst ihn in ein kleines Becherglas. Filtriere den Niederschlag ab und wasche ihn gut aus. Dabei beobachtest du, dass er sich rasch intensiv gelb färbt (-> Bild unten). Das ist ein Hinweis auf das Vorliegen von Kupfer(I)-Verbindungen. Gibst du zu dem gelben Niederschlag Natronlauge (w = 10%) (C), färbt er sich grün. Dann beginnt nämlich die Oxidation der Kupfer(I)- zu Kupfer(II)-Verbindungen.

Tropfe zur ursprünglichen Reaktionslösung etwas Lösung von rotem Blutlaugensalz (Kalium-Hexacyanoferrat(III)) (Xn) zu.
Ergebnis: Die Lösung färbt sich tiefblau -> Hinweis auf Eisen(II)-Ionen.

Zur Untersuchung des grünen "Schimmels" gibst du etwas von der Substanz in ein Reagenzglas und versetzt sie mit etwas Wasser. Tropfe dann Ammoniak (C) im Überschuss zu und filtriere.
Ergebnis: Das Filtrat ist tiefblau -> Hinweis auf Kupfer(II)-Ionen.

Bild 2: Links das mit weißem Kupfer(I)-chlorid überzogene Blech,
rechts der abfiltrierte und gereinigte, dabei gelb gewordene Überzug
(Foto: Daggi)


Was ist passiert?
Kupfer wird offensichtlich durch Eisen(III)-Ionen oxidiert.

Cu + Fe3+ ———> Cu+ + Fe2+

Das Kupferblech überzieht sich dabei mit weißem Kupfer(I)-chlorid, das bekanntlich schwerlöslich und in schwach sauren, chloridhaltigen Lösungen stabil ist. Dieses liegt auch auf dem Gefäßboden um das Blech herum. Die Eisen(II)-Ionen stabilisieren sich als [FeCl4]2--Komplexe.

Das weiße Kupfer(I)-chlorid kann übrigens mit Hydroxid-Ionen zu gelbem Kupfer(I)-hydroxid reagieren, das du von der Fehlingprobe her kennst.

CuCl + OH- ———> CuOH + Cl-

Diese Reaktion läuft schon beim Kontakt mit neutralem und chloridfreien Wasser ab, wie der Versuch 2 zeigt.

An der Luft wird gelöstes Kupfer(I)-chlorid durch Sauerstoff zu blaugrünen Kupfer(II)-Verbindungen oxidiert:

Oxidation:      CuCl + Cl- ———> CuCl2 + e-

Reduktion:     O2 + 2 H2O + 4 e- ———> 4 OH-


Redox:          4 CuCl + 4 Cl- + O2 + 2 H2O ———> 4 CuCl2 + 4 OH-

Daher rührt der blaugrüne "Schimmel".

Die den "Schimmel" tragende Folie besteht aus Eisen(III)-oxidhydroxid FeOOH. Diese Verbindung bildet sich durch Reaktion von Luftsauerstoff mit Eisen(III)-aquo-Komplexen.


Ist die Oxidation überhaupt möglich?
Ein Vergleich der Eo-Werte (in saurer Lösung) bestätigt dies:

Werden diese Werte nicht durch die Auswirkung der Freien Energie von Folgereaktionen verschoben? Das betrifft die Bildung von schwerlöslichem CuCl-Niederschlag (potentialsteigernd für das Kupfersystem) und die Bildung von Tetrachloroferrat(II)-Komplex-Ionen (potentialsteigernd für das Eisensystem)! Denn gemäß der Gleichung

G = - n · F · EMK

leistet die Freie Energie einen Beitrag zum Redoxpotential. Da sich die Potentiale der beiden Systeme aber in der gleichen Richtung ändern, heben sich diese Effekte weitgehend auf.


Kann man den Effekt nutzbringend anwenden?
In der Elektrotechnik ätzt man mit Eisen(III)-chlorid Leitungsbahnen heraus. Dazu deckt man auf einer mit Kupfer dünn beschichteten Kunststoffplatte diejenigen Stellen, die erhalten bleiben sollen, mit Lack ab. (Das geschieht z. B. durch Fotopolymerisation.) Den Rest ätzt man weg.
Auch Kupferstecher arbeiten statt mit agressiver Salpetersäure lieber mit langsamer wirkenden Eisen(III)-chloridlösungen. Dadurch entfallen auch die giftigen Stickoxide.


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 12. August 2008, Dagmar Wiechoczek