Prof. Blumes Tipp des Monats Februar 2004 (Tipp-Nr. 80)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wie weise ich nach, dass Luft (21 %) Sauerstoff enthält?

Zunächst einmal die richtige Frage einer Lehrerin: Ist es immer notwendig, dass die Kinder die 21 %-Zahl kennen? In der Grundschule zumindest reicht es aus zu sagen, dass ein Teil der Luft aus Sauerstoff besteht.

Um das zu verdeutlichen, gibt es in der Literatur oder in Mitmach-Labors (wie dem Teutolab Physik) vor allem zwei Experimente, die man auch mit den Schülern durchführen kann. Leider sind aber die meisten Erklärungen wissenschaftlich nicht immer korrekt, weil die Versuche bei genauem Hinsehen gar nicht das beweisen, was sie sollen - nämlich dass Luft zu einem Teil aus dem die Verbrennungsprozesse unterstützenden Sauerstoff besteht.

Zunächst geht es um einen Versuch, der zeigen soll, dass ein Teil der Luft beim Verbrennen verschwindet.

Versuch 1: Das Ei in der Flasche
Wir kochen ein Ei so, dass es noch weich ist ("Vier Minuten-Ei"), und pellen es ab. Dann benötigen wir noch eine weithalsige Flasche (Milch- oder Saftflasche oder einen Erlenmeyerkolben). Die Öffnung muss von dem Ei abgedeckt sein - aber ohne, dass es hineinfällt.
Dann rollen wir ein Stück Zeitungspapier locker zusammen, entzünden es und werfen es in die Flasche. Diese decken wir dann rasch mit dem gepellten Ei ab.
Wenn die Flamme verlischt, rutscht das Ei in die Flasche.

Bild 1 (Fotos: Daggi)


Dieses Experiment führt übrigens auch die englische Lehrerin (gespielt von Jodie Foster) in dem Film "Anna und der König" den Königskindern vor. Das verblüffende Phänomen wird mit dem Sauerstoffverbrauch durch Verbrennung begründet. Diese Erklärung ist aber nicht ganz richtig. Durch die Verbrennung entstehen ja auch Abgase, bei vollständiger Verbrennung sogar mehr als an Luft verbraucht wird, wenn man an das Kohlenstoffdioxid und an den Wasserdampf denkt.
Was passiert in erster Linie wirklich? Wenn man das Ei auf die Flaschenmündung legt, brennt das Papier schon. Die heiße Luft in der Flasche ist dann entsprechend verdünnt. (Wir kennen das vom Heißluftballon.) Wenn die Flamme erlischt, kühlt die Luft rasch ab und erzeugt dabei einen Unterdruck. Der wird durch den äußeren Luftdruck ausgeglichen; er drückt das Ei in die Flasche hinein. Wer's nicht glaubt, probiere eine entsprechende Versuchsvariante.

Bild 2 (Foto: Daggi)
Hierzu gibt es einen Film (2,6 MB)
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Das Gleiche gilt für den nächsten Versuch, mit dem man des öfteren sogar auch schon quantitative Aussagen zur Luftzusammensetzung wagt.

Versuch 2: Die schwimmende Kerze
Wir füllen ein durchsichtiges Becken 10 cm hoch mit Wasser. Dann entzünden wir ein Teelicht, von dem wir die Metallhülle entfernt haben. Wir warten, bis es gut brennt.

In der Zwischenzeit üben wir etwas, nämlich das Aufstülpen eines großen Glases oder einer Käseglocke auf die Wasseroberfläche. Wegen der eingeschlossenen Luft ist der Wasserspiegel innen tiefer als draußen. Damit das Wasser drinnen und draußen gleich hoch steht, müssen wir die Luft aus dem Glas herauslassen. Das machen wir mit einem Trinkhalm, den man knicken kann. Dann nehmen wir das Glas wieder heraus.

Anschließend setzen wir das brennende Teelicht auf die Wasseroberfläche, stülpen das Glas samt Trinkhalm darüber, entfernen dann rasch den Trinkhalm und beobachten, was passiert.
Wenn die Kerzenflamme nach einiger Zeit auf Grund des Sauerstoffmangels verlischt, steigt das Wasser in dem abdeckenden Gefäß schlagartig an.

Bild 3
(Foto: Daggi)


Die Volumenänderung ist relativ gering. Bei uns waren das immer nur 10 %. Eine quantitative Auswertung ist also nicht möglich.
Auch hier ist die Erklärung die gleiche wie eben: Wenn man die Käseglocke draufsetzt, ist die Luft wegen der brennenden Kerze schon heiß und entsprechend dünn. Beim Verlöschen der Kerzenflamme kühlt die Luft ab. Der äußere Luftdruck presst Wasser in die Käseglocke.
Hier ist die Volumenänderung allerdings größer als im ersten Versuch, weil sich ein Teil des gebildeten Kohlenstoffdioxids im Wasser löst.
Hinzu kommt noch, dass eine Kerze schon erlischt, wenn der Sauerstoffgehalt der Luft noch bei ca. 15-17 Vol % liegt. D. h. wenn die Kerze ausgeht, ist erst 1/3 des Sauerstoffs verbraucht.

Wie kann man denn nun eigentlich den Sauerstoffgehalt der Luft exakt bestimmen?
Man könnte in einem geschlossenen System von außen elektrisch zünden. Der Aufbau hierzu ähnelt dem Versuch 2. Dieses Experiment hat den Vorteil, dass bei der Volumenänderung wirklich nur der Sauerstoffverbrauch eine Rolle spielt. Dazu müsste ein leicht entzündlicher Brennstoff genommen werden, der keine gasförmigen Verbrennungsprodukte entwickelt. So ein Stoff ist gut getrockneter roter Phosphor. Der bildet ein festes Oxid, das zudem wasserlöslich ist. Der Versuch ist aber nur etwas für wirklich geübte Experimentierprofis.

Es gibt noch einen anderen, exakteren Versuch.

Versuch 3: Quantitative Luftzersetzung im Kolbenproberversuch
In ein dünnes Quarzrohr (6-8 mm Durchmesser) geben wir nicht zu wenig Eisenwolle. Die muss zuvor mit Aceton und Benzin entfettet werden. Danach wirklich gut trocknen!
Wir schließen an das Quarzrohr zwei Kolbenprober an. Einen Kolbenprober füllen wir bis zur 100 ml-Marke mit Luft. Die Stopfen und Leitungen müssen wirklich dicht sein.
Dann erhitzen wir die Eisenwolle mit einem Brenner. Sie verfärbt sich aufgrund der Oxidbildung schwarz. Dann wird die Luft mit Hilfe der Kolbenprober mehrmals über die Eisenwolle gedrückt, bis letztere hell aufglüht. Da die Hitzezone dabei weiter wandert, brauchen wir nur an einer Stelle zu erhitzen. Wenn die Glut verloschen ist und wenn sich auch durch weiteres Erhitzen keine weitere Glut entwickelt, ist der Sauerstoff verbraucht. Nach dem Abkühlen der Apparatur wird das Volumen abgelesen.

Bild 4
(Foto: Daggi)


Die Volumenabnahme beträgt tatsächlich ein Fünftel der vorgelegten Luft.

Noch ein Hinweis:
Bei Verwendung eines dicken Verbrennungsrohres anstelle des dünnen Quarzrohrs stellen wir fest, dass deutlich mehr als 20 ml Luft verschwunden sind. Überlegen wir einmal: Im Verbrennungsrohr und den Verbindungsleitungen ist ja auch Luft mit Sauerstoff enthalten gewesen. Deren Volumenabnahme zeigt der Kolbenprober mit an.

Zur Berechnung müssen wir deshalb noch das Volumen der Apparatur abschätzen (z. B. 75 ml) und zu den 100 ml Luft im Kolbenprober addieren. Das Volumen der Eisenwolle können wir bei diesen Rohren vernachlässigen. (Wenn wir ein dickeres Verbrennungsrohr verwenden, müssen wir es ja nicht vollständig mit Eisenwolle ausstopfen!) Das fehlende Volumen (35 ml) wird auf das Gesamtvolumen (175 ml) bezogen. Das Ergebnis bestätigt: Es ist tatsächlich ein Fünftel der vorgelegten Luft "verschwunden".

Man kann bei Versuch 3 die Eisenwolle (zuvor mit Kochsalzlösung anfeuchten!) im Quarzrohr auch verrosten lassen. Dann dauert der Versuch zwar etwas länger, ist aber ebenfalls quantitativ auswertbar.


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 11. Juni 2009, Dagmar Wiechoczek