In den Medien hört, sieht und liest man momentan Berichte über einen spektakulären Chemikalienfund in Bonn: Einige Kanister, randvoll mit einem Pflanzenschutzmittel, sorgen für Aufregung. Denn Feuerwehr und Fachleute warnen davor, dass sich das Problem mit einem lauten Knall lösen könnte. Der Stoff ist so brisant, dass selbst Spezialisten für Sprengstoffentsorgung zunächst ratlos schienen. Unübersehbar ist auf Farbfotos von der Fundstelle, dass eine sattgelbe Substanz aus rostenden Eimern austritt. Wer denkt da nicht an Pikrinsäure und vor allem an deren Salze, die Pikrate? Bild 1: Feuchte Pikrinsäure
Da die Säure so gefährlich ist, wird sie im Handel nur feucht angeboten und muss auch entsprechend gelagert werden. Sie darf auf keinen Fall eintrocknen, denn dann ist sie - wie auch das DNOC - stoßempfindlich und kann bei Berührung explodieren. Sie wurde sogar als Sprengstoff zur Füllung von Granaten eingesetzt. Das muss man wissen, wenn man in der Sammlung ein entsprechendes Gebinde findet. Ihre Salze sind noch empfindlicher und dienen deshalb u. a. als Initialzünder. Das ist das Problem bei dem aktuellen DNOC-Fund: Es handelt sich hier in erster Linie um dessen Salze.
Da die Substanz in feuchtem Zustand in Eisenkanistern gelagert wurde, ist es zur Korrosion gekommen, wobei sich ausgerechnet die besonders stoßempfindlichen Schwermetallsalze des DNOC gebildet haben. Mit der Zeit trocknete die Masse ein. Wie schon gesagt, sind trockne Salze der Nitrophenole hochexplosiv und extrem stoßempfindlich. Man vergleicht deshalb die Sprengkraft des aktuellen DNOC-Fundes sogar mit der von TNT (Trinitro-toluol).
Als Lehre aus dem Desaster mit dem DNOC sei hier noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass chemische Altlasten nicht nur lästig, sondern auch äußerst brisant sein können. Das gilt weiterhin auch für die vielen scheinbar harmlosen Substanzen, die bei längerem Stehen Peroxide bilden können. Ein Beispiel haben wir im Tipp Nr. 195 beschrieben: β-Carotin. Rüdiger Blume
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