Prof. Blumes Tipp des Monats Juli 1997 (Tipp-Nr. 1)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Zur Spezifität des Nachweises von Alkoholen mit Cerammonium-Reagenz

Diese Untersuchung kann auch von Schülern vorgenommen werden.

Die Reaktion von Alkoholen mit einer salpetersauren Lösung von Cer(IV)-ammoniumnitrat ist ein bekannter Nachweis für diese organische Stoffgruppe. Dabei bildet sich eine Komplexverbindung, die tiefrot gefärbt ist. Die Zusammensetzung ist etwa:

Zur Herstellung der Lösung gehen wir von käuflichem Cerammoniumnitrat aus. Diese Bezeichnung ist zwar gängig, aber nicht ganz richtig. Denn es handelt sich bei diesem Salz um eine Komplexverbindung:

(NH4)2[Ce(NO3)6]

Aus gegebenem Anlass sei darauf hingewiesen, dass man beim Nitrat bleiben muss, denn nur damit bildet sich der hier beschriebene Alkohol-Komplex. Es gibt nämlich auch Ammoniumcer(IV)-sulfat Dihydrat (NH4)4[Ce(SO4)4] · 2 H2O zu kaufen. Das löst sich schlecht in Salpetersäure und zeigt auch die gewünschte Nachweisreaktion nicht.

Herstellung des Cerammoniumnitrat-Reagenz
1 g Cer(IV)-ammoniumnitrat wird in 2,5 ml 10- bis 15%iger Salpetersäure (Xi) gelöst. Die Lösung ist über lange Zeit hinweg stabil.

Versuchsdurchführung
Zu einigen ml der neutralen oder salpetersauren Probelösung gibt man im Überschuss Cerammon-Reagenz zu. Dazu stellt man einen Parallelansatz her, indem man statt der Probelösung die gleiche Menge Wasser nimmt und mit der gleichen Menge Reagenzlösung versetzt. Diese Mischung dient zum Farbvergleich. Deutliche Farbvertiefung weist auf das Vorliegen von Alkoholen hin.

Cer(IV)-nitrat-Lösung mit Ethanol (links) und Wasser (rechts)
(Foto: Sandra)

Beispiel für die Anwendung der Probe
1. Nachweisreaktion bei der Einführung der Alkohole [2]
2. Nachweis von Glycerin bei der Fettspaltung; bei der alkalischen Hydrolyse neutralisieren und abkühlen lassen! [3]
3. Nachweis von Glykol bei der Hydrolyse von Terephthalsäureglykolester (Polyethenterephthalat PET, [4])

Problem
Diese Reaktion läuft dem Vernehmen nach allerdings auch mit Aldehyden ab [1]. Dieser Hinweis hat offensichtlich verschiedene Lehrer und Referendare verunsichert. Denn der Alkohol-Nachweis mit Cerammoniumnitrat gilt in der Schulchemie als sehr spezifisch.

Um dies zu untersuchen, wird wie folgt vorgegangen.

1 ml Ethanol bzw. Acetaldehyd werden mit 5 ml destilliertem Wasser versetzt. In ein drittes Glas gibt man 6 ml Wasser. Dann gibt man jeweils 5 ml des Reagenzes zu und vermischt gut. Die Farbe wird sofort beurteilt, da sie mit der Zeit verblasst.

Ergebnisse
Bei Ethanol färbt sich die Lösung tief- bis schwarzrot, bei Acetaldehyd ganz schwach orange. Letztere Umfärbung ist nur im direkten Vergleich mit dem Farbstandard (Glas 3) zu erkennen.

Fazit
Man kann also eine Farbbildung durch Aldehyde vernachlässigen. Ein Hinweis erübrigt sich für die Zwecke eines Schulbuches.

Das Fazit lässt sich noch anders begründen:
Die Lösung im ersten Reagenzglas entfärbt sich innerhalb einer Stunde weitgehend. Grund ist, dass Cer(IV)-Ionen den Alkohol zu Aldehyd oxidieren. Deshalb stellt man im ersten Reagenzglas bald einen deutlich stechenden Geruch nach Aldehyden fest. Die Redoxgleichung lautet:

Der Komplex zerfällt in dem Maße, wie sich der Aldehyd bildet. Deshalb entfärbt sich die tiefrote Lösung.

Wäre der Nachweis auf Aldehyden dem von Alkoholen gleichwertig, dürfte sich die Lösung nicht so rasch entfärben, sondern müsste über eine gewisse Zeit hinweg eine Färbung bewahren. Obwohl die Lösung schließlich weitgehend farblos ist, riecht sie deutlich nach Aldehyd. Sie müsste also mit überschüssigem Cer(IV)-Ionen eine Färbung ergeben.

Nachweis des entstehenden Aldehyds
Man verschließt das RG mit einem Stopfen aus Quarz- oder Glaswolle und tropft etwas Schiff-Reagenz auf den Stopfen, ohne dass Reagenzlösung zur Reaktionslösung fließt. Nach kurzer Zeit färbt sich der Stopfen tief pinkrot. Derweil entfärbt sich die Lösung völlig.

Hinweis
Nimmt man normale Watte als Stopfen, so ist der Nachweis auf Aldehyde auch ohne Zufuhr von Aldehyden sofort positiv, da beim Bleichen der Cellulose durch Cracken von Bindungen oxidativ Aldehyde gebildet werden.

Dieser Versuch ist zugleich eine schöne Möglichkeit zur Herstellung von Aldehyden.


Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 08. August 2008, Dagmar Wiechoczek