Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 166
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F: Ich würde gerne wissen wie gefährlich Sagrotan ist, insbesondere, wenn es in kleinen Mengen mit der Mundschleimhaut in Berührung kommt. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn man einen Telefonhörer im Hotel mit einem Sagrotantuch abwischt und Ihn anschließend benutzt.


A: Ich gehe davon aus, dass das von Ihnen genutzte Produkt - wenn es schädlich wäre - entsprechende Warnhinweise auf der Verpackung aufweisen sollte. Meines Wissens nach sind Sagrotan-Tücher zum Händereinigen geeignet. Man sollte damit aber nicht an den Mund oder an die Augen kommen.
Wenn es aber nicht auf der Haut am oder im Mund "gebrannt" hat, haben Sie beim Kontakt mit dem Mund nichts zu befürchten.


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F: Schneekugeln sind Kugeln aus Andenkenläden, die mit einer Flüssigkeit gefüllt sind und bei denen die nach Schütteln weiße, schneeartige Flocken zu Boden fallen.
Es wäre schön, wenn Sie mir bzw. meinen Schülern nun Genaueres zu Flüssigkeit und Schneeflockenmaterial mitteilen könnten. Am liebsten hätten die Schüler eine Bastelanleitung.
Herzlichen Dank, dass wir uns mit solchen Fragen an Sie wenden dürfen.


A: Die Kugeln enthalten Wasser und als Flocken Polystyrol-Stückchen. Letztere sind das Problem: Die Stücke, die man üblicherweise bekommt, sind aufgeschäumt, enthalten also Luft. Deshalb schwimmen sie oben auf dem Wasser; in den Kugeln sollen sie aber absinken. Man kann die Stückchen aber in heißes Wasser geben, in dem sie etwas anschmelzen. Man muss nur warten, bis sie absinken. Dann dürften sie auch für die Schneekugel geeignet sein. Hier müssen Sie ein bisschen herumprobieren! Nicht gleich die Flinte ins Korn werfen!

Als Kugelgefäß können Sie Mameladengläschen oder andere Schraubgläser nehmen. Zur Landschaftsgestaltung kleben sie mit Knete Kunststoffgegenstände und Männchen etc. auf den Deckel fest. Füllen Sie das Glas mit Wasser und den Schneeflocken, schrauben Sie den Deckel drauf und drehen Sie das Ganze um. Fertig ist die Kugel.

Statt Polystyrolflocken können Sie auch Glimmer nehmen.


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F: Fördert eine UV- Strahlung (Belichtung durch Tageslicht) die Bildung von Silbersulfid auf Ag Oberflächen, oder ist alleine die Anwesenheit von Schwefel ausschlaggebend für die Entstehung von Ag2S. Wäre es sogar besser diese Bauteile in "klarsichtige Umverpackungen" statt in "schwarzen undurchsichtigen Umverpackungen" zu verpacken, da evtl. entstandenes Silberoxid,- Silbersulfid sich durch Belichtung evtl. wieder zersetzt.


A: Silber, das an die Luft gelangt, reagiert rasch allein durch die Anwesenheit von Schwefelverbindungen und Oxidationsmitteln wie Sauerstoff - und das auch im Dunkeln. Das kann nicht vermieden werden, weil Luft, in der sich Menschen und andere Lebewesen aufhalten, immer Schwefelwasserstoff enthält. Das Gas wird schon mit der normalen Atemluft ausgestoßen.

Silberverbindungen sind eher licht- bzw. strahlungsempfindlich, als das sie sich unter deren Einwirkung bilden. Durch die Bestrahlung wird Sulfidbildung nicht gefördert. Aber auch die strahlungsbedingte Zerstörung von stabilem Silbersulfid ist eher unwahrscheinlich.

Eine Umverpackung macht zwar Sinn, da sie den Sauerstoff und die Hauptschwefelquelle, Schwefelwasserstoff, fernhält. Bei den üblichen Umverpackungen ist zu beachten, dass die verwendeten Kunststoffe auch schwefelhaltige Inhaltsstoffe enthalten können.
Das Beste wäre, die Umverpackungen mit Schutzgas (Stickstoff, Argon) zu füllen.


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F: Ich bin Zahnarzt und möchte meinen Patienten Zahnaufhellungen anbieten, ohne sie mit den horrenden Kosten (ca. vierfacher Goldpreis) der gewerblich angebotenen Bleichmittel zu belasten. Von meinem Apotheker erntete ich auf die Bitte, mir Carbamidperoxid herzustellen, nur ein Schulterzucken. Auch beim Chemikalienhandel wurde ich nicht fündig. Nun meine Bitte: Können Sie mir sagen, wie Carbamidperoxid praktisch hergestellt wird? H2O2 35% sowie Harnstoff ist vorhanden? Ebenso Mischgefässe, Schutzkleidung und falls nötig eine Absaugung. Laut Frage/Antwort Nr. 700 handelt es sich bei der Synthese um eine Additionsreaktion von Harnstoff und Wasserstoffperoxid. Läßt sich die Reaktion bereits durch Mischen dieser Stoffe durchführen? Ist ein Erhitzen, Katalyse o. ä. erforderlich? Verläuft die Reaktion stark exotherm, so dass mit umherspritzendem H2O2 zu rechnen ist? In welchen Mengenverhältnis reagieren die Ausgangsstoffe?


A: Carbamidperoxid oder Percarbamid ist eine Additionsverbindung zwischen Harnstoff und Wasserstoffperoxid. Seine Zusammensetzung ist Harnstoff · H2O2. Man spricht auch von "festem H2O2". Es dient unter einer Vielzahl von Produktbezeichnungen zur Desinfektion bei der Wundbehandlung, dem Friseur beim Haarebleichen/Blondieren und neuerdings auch dem Zahnarzt als Bleichmittel für Zähne. Man stellt es her, indem man stöchiometrische Mengen von konzentrierter Harnstofflösung und 35%igem H2O2 bei 0 °C bis -5 °C zusammengibt. Es fallen weiße Kristalle des Addukts aus. Man kann auch festen Harnstoff in Wasserstoffperoxid einrühren. Man nutscht die weiße Masse ab, wobei man das Produkt mit einer Mischung aus Eiswasser und Alkohol, die insgesamt ca. 0,1%ig ist an Citronensäure oder Salicylsäure, abdeckt. Das senkt die sowieso schon geringe Alkalinität der Mischung. Carbamidperoxid ist nämlich erst unter pH-Wert 4 stabil.
Die Substanz ist trocken gut haltbar. Sie zersetzt sich ab 60 bis 80 °C.

Die Herstellung ist also nicht so ganz einfach. Vielleicht kann es ein befreundeter Schüler im Rahmen seiner Facharbeit machen?

Selbst hergestelltes Carbamidperoxid darf meines Erachtens nicht im medizinischen Bereich angewendet werden. Es unterliegt dabei den Vorschriften des sehr restriktiven Arzneimittel-Rechts.

Zur Chemie des Carbamidperoxids haben wir eine Webseite.


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F: Wenn man Kokain mit Soda erhitzt, wird daraus ein viel effektiveres Rauschgift. Was steckt dahinter?


A: Kokain ist ein Alkaloid, ist also eine Base. Es liegt aufgrund seiner Herstellung aber nicht als freie Base vor, sondern als Salz - zum Beispiel als Hydrochlorid. Erhitzt man das Hydrochlorid mit Soda, so wird das HCl abgespalten, und die freie Base bildet sich.

2 [Kokain-H+]Cl- + Na2CO3 ———> 2 Kokain + 2 NaCl + H2O + CO2

Sie können das Ganze vergleichen mit dem Austreiben von Ammoniak aus seinen Salzen wie zum Beispiel Ammoniumchlorid durch Hinzufügen einer Base wie NaOH.

NH4+Cl- + NaOH ———> NH3 + NaCl + H2O

Die unpolaren Moleküle der freien Base Kokain sind viel besser geeignet, die Mundschleimhaut zu durchdringen und somit in die Blutbahn zu gelangen als die geladenen und daher stark polaren Base-Kationen. Damit wirkt die Droge auf diese Weise rascher und intensiver. Das ist der "Crack-Effekt".

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Letzte Überarbeitung: 17. Februar 2008, Dagmar Wiechoczek