Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume |
991
F: Seit vielen Jahren nutze ich die Thermalsole in Bad Füssing
als Kurgast.
Anfangs war die Sole, deren Schwefelgehalt mit seiner Heilwirkung Bad Füssing berühmt gemacht hat,
geprägt durch ihren penetranten Geruch (nach faulen Eiern).
Aufgefallen ist mir in den letzten Jahren, dass dieser Geruch immer weniger wurde und seit geraumer
Zeit (10-12 Jahren) überhaupt nicht mehr vorhanden ist.
Ich habe jetzt bei der Kurverwaltung nach der Ursache gefragt. Die Antwort:
"Wir können Sie beruhigen, die Wasserqualität der Thermen hat sich seit 1977 nicht verändert und entspricht
der Heilwasseranalyse im Prospekt 2003. Das Thermalwasser wird jährlich auf seine Qualität überprüft. Der Umstand,
dass das Thermalwasser nicht mehr so intensiv nach Schwefel riecht, hängt mit der Aufbereitung des Thermalwassers
zusammen. Früher entwich der Schwefel in die Luft, darum der Geruch, heute wird der Schwefel im Wasser gebunden."
Diese Antwort hat bei mir erhebliche Zweifel gelassen, denn die Bindung des Schwefels im Wasser müsste doch
spürbar im Geschmack zu merken sein. Dem ist aber nicht so.
Meinen Frage an Sie: Kann eine Sole so aufbereitet werden, wie die Kurverwaltung das in ihrem Brief
darstellt? Gibt es andere Ursachen, die den penetranten Geruch neutralisieren?
A: Abgesehen davon, dass es für viele Leute (zu denen ich auch gehöre)
nicht nachvollziehbar ist, wieso schwefelwasserstoffhaltiges (also nach faulenden Eiern stinkendes) Wasser positive
Heilwirkung entfalten sollte - wir sollten überlegen, wie die Leute aus Füssing Ihnen die Angelegenheit dargestellt
haben. Wir wollen denen ja keine Bösartigkeit unterstellen.
Wasserlöslichkeit von Gasen und damit auch austretende Gerüche sollten nur von der Temperatur und vom Luftdruck
abhängen: Ist das Wasser kalt, löst es mehr Gas, und es riecht weniger streng. Wird das Wasser zum Beispiel
abgekühlter als früher an die Kurstätten geleitet, wird auch der Geruch deutlich geringer als sonst ausfallen.
Vielleicht haben das die Füssinger getan.
Wenn das Kühlen nicht der Grund sein sollte: Man kann natürlich auch die chemischen Eigenschaften des Wassers
verändern, indem man es zum Beispiel alkalisiert oder gar mit Eisen(II)-Salzen versetzt. Dieses chemische Binden
erhöht (vorsichtig gesagt) die Löslichkeit des ansonsten in Wasser schlecht löslichen Gases, ist aber eigentlich
verboten. Vielleicht aber meinen die Füssinger das mit "..., heute wird der Schwefel im Wasser gebunden". Wie
sich das geschmacklich auswirkt, kann ich nicht beurteilen, weil ich solche Wässer noch nie probiert habe.
Bedenken Sie bitte auch, dass Schwefelwasserstoff als stark giftiges Gas die Tätigkeit Ihrer Nerven negativ
beeinflusst und deshalb von Ihnen bei längerer Einwirkungszeit immer weniger oder gar nicht mehr wahrgenommen wird.
Wussten Sie, dass Schwefelwasserstoff giftiger ist als das unter der Bezeichnung Zyklon B bekannte, berüchtigte
Blausäuregas?
992
F: Hallo Herr Dr. Blume,
Ich bin Schülerin der 11. Klasse des Dreilinden Gymnasiums in Berlin und habe eine Frage Chemie betreffend.
Im Rahmen des Schulunterrichtes behandeln wir zur Zeit das Thema "Energy Drinks". Wir wurden nun in
verschiedene Gruppen unterteilt und befassen uns mit verschiedenen Aspekten von solchen Getränken.
Ich habe nun das Thema Aromen in Energy Drinks gewählt. Mein Problem ist nun folgendes: Wir haben
exemplarisch einen Energy Drinks genommen, der mit Cassis als Geschmack betitelt wurde. Wie ich vermute
wird mit Hilfe von Schwarzer Johannisbeere dieses Aroma namens Cassis hergestellt. Ich frage mich nun aber,
wie dieses Cassis zustanden kommt und wie seine chemische Struktur aussieht.
A: Cassis ist ein ursprünglich in Cassis (Stadt bei Marseille
in der Provence) produzierter Schnaps auf der Basis von schwarzen Johannisbeeren. Sein typischer Geruch
erinnert an Buchsbäume in der Sonne oder an frisch gemahlenen Bohnenkaffee, entfernt auch an verliebte
Kater oder Marder. Es handelt sich bei diesen Riechstoffen um Mercaptane, organische Schwefelverbindungen,
die als Reinstoffe übelst stinken, in Verdünnung aber wohl anregend wirken... Die Duftmarke kennen wir vom
Urin, den wir nach Spargelgenuss produzieren (siehe unseren Tipp des Monats Juni
2001). Buchsbaum riecht nach 4-Mercapto-4-methyl-pentanon-2.
Die Substanzen des typischen Cassis-Geruchs/Geschmacks finden wir in den schwarzen Johannisbeeren, die
ja genau genommen auch etwas merkwürdig riechen. Es handelt sich um 4-Methoxy-2-mercapto-2-methyl-butan sowie
um den Essigester von 3-Mercaptohexanol-1.
All diese Substanzen spielen übrigens auch als Weinaromen eine große Rolle. Bekanntes Beispiel:
Cabernet Sauvignon.
F: Ich bedanke mich ganz herzlich für ihre Antwort auf meine Frage.
Sie haben mir damit sehr bei meinem Schulprojekt geholfen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und verbleibe mit freundlichem Gruß...
A: Selten, dass sich jemand bedankt! Ihnen alles Gute...
993
F: Wozu benötigt man die Jod-Tabletten, von denen in letzter Zeit
berichtet wird?
A: Die Tabletten werden an Leute ausgeteilt, die in einem
gewissen Umkreis um Kernkraftwerke wohnen - so um die 10 km Radius. Das ist notwendig im Falle eines
Unfalls.
Das hängt damit zusammen, dass bei einem Kernkraftwerksunfall durch Kernspaltung von Uran oder
Plutonium in großen Mengen das Iod-Isotop I-131 entsteht.
Das ist leicht flüchtig (Iod ist bekannt dafür, dass es sublimiert) und gelangt leicht in die
Nahrungskette. Iodid ist auch sehr leicht wasserlöslich.
Folgendes muss man wissen: In unserem Körper gibt es ein Organ, das Iod geradezu gierig aufsaugt:
die Schilddrüse. Das liegt daran, dass Iod ein Spurenelement ist, dessen Fehlen leicht zu Mangelzuständen
führt. Es ist essentiell zur Synthese der Substanzen des Schilddrüsenhormonsystems. Da in Deutschland
Iod-Mangel herrscht (Ursache hierfür sind die Ausspülungen der Erde durch das Schmelzwasser der
eiszeitlichen Gletscher), iodiert man sogar das Speisesalz (siehe unsere Webseite
November 2003).
Das natürliche Iod besteht zu 100 % aus dem Isotop I-127. Wenn aber ein Reaktor zerkracht, wird viel Iod-131
freigesetzt. Dieses Iod-Iosotop ist radioaktiv, es zerfällt also.
I-131 (ß-; Halbwertszeit 8,07 Tage) > Xe-131
Das Iod-Isotop strahlt also. Auf diese Weise kann es zu Schilddrüsenschädigungen oder sogar zu Krebs kommen. (Das betrifft wohlgemerkt hohe Konzentrationen - nicht diejenigen bei einer klinischen Schilddrüsen-Funktionsprüfung mittels eines Radio-Iod-Trunks.)
Bietet man dem Körper aber von vornherein viel Iod an, so wird das hinzu kommende radioaktive Iod-131
dadurch stark verdünnt und insgesamt weniger wirksam.
Der Körper nimmt in erster Linie die Atome/Ionen des "gesunden", nicht radioaktiven Iod-Isotops auf.
Da Kaliumiodid als Chemikalie auf die Dauer instabil ist, muss sein Vorrat alle paar Jahre erneuert
werden.
994
F: Ich habe eine Anfrage bezüglich Königswasser. Ein Schüler möchte
den Versuch sehen, dass Königswasser alle Metalle lösen kann, z.B. Centmünze. Kann ich königswasser selbst
herstellen und den Versuch durchführen, wie gefährlich ist das, giftige Gase,...
Danke im voraus
A: Königswasser ist die Mischung, die selbst den König der Metalle,
das Gold, zersetzen kann. Man stellt es her, indem man konzentrierte Salzsäure und Salpetersäure im Volumenverhältnis
3:1 mischt. Reaktiv sind die sich darin bildenden Nitrosylchlorid NOCl und Chlorradikale.
Zur Demonstration seiner Wirkung eignet sich die Centmünze nicht sonderlich, da der Kupferanteil dieser
Münze auch schon in wesentlich verdünnterer Salpetersäure zersetzt wird. Dabei bilden sich giftige Stickoxide,
vor allem NO und NO2. Das ist auch der Fall beim Königswasser. Die Reaktion stellt insgesamt eine
große Schweinerei dar, auch was die Entsorgung angeht.
Machen Sie dem Schüler also klar, dass die Demonstration der Wirkung von Königswasser nur mit Gold oder
Platin Sinn macht. Wenn der Schüler das Ganze nicht glaubt, soll er von zu Hause den goldenen Ehering seiner
Eltern oder eine Goldmünze aus Vaters Safe mitbringen.
995
F: Ich besuche die 12. Klasse eines Gymnasiums und wir haben von
unserer Lehrerin eine Hausarbeit bekommen, die benotet werden soll. Nun komme ich mit einer Frage nicht
so ganz klar. Es geht um Ammoniaksynthese.
"Aus welchem Grund ist es unumgänglich, darauf zu achten, dass keines der Kohlenstoffoxide (Dioxid +
Monooxid) in den Synthesereaktor gelangt? Erklären sie."
Zu den Gründen habe ich gefunden, dass die Kohlenstoffoxide den Katalysator der Ammoniaksynthese vergiften.
Erklären kann ich es aber leider nicht. Es wäre nett, wenn sie mir da behilflich sein könnten.
A: Der Katalysator bei der Ammoniaksynthese ist reines Eisen.
Das reagiert mit Kohlenstoffoxiden unter anderem durch Bildung von Eisen-Kohlenstofflegierungen.
Die haben ganz andere katalytische Eigenschaften als Eisen.