Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 273
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F: Betreff: Schillers Apfel
Welche chemischen Stoffe bilden sich beim Faulen von Äpfeln. Können diese die schöpferischen Fähigkeiten von Friedrich Schiller beeinflusst haben?


A: Es geht wohl zu weit, wenn man sagt, dass Schiller ein Sniffer war.
Jedoch trifft Folgendes zu: Äpfel enthalten eine Vielzahl von chemischen Substanzen, die durchaus anregenden Charakter haben. Da ist zum einen das Ethen, das Reifungshormon, das die Äpfel ausströmen. Dieser Stoff wurde früher als Narkotikum bzw. Anästhetikum genutzt. Hinzu kommen entsprechend wirkende Stoffe wie z. B. Ethyl- oder Methylester von 2-Methylbuttersäure sowie Hexyl- oder Butylester der Essigsäure. Weiter findet man viele langkettige Alkohole wie z. B. Butanol, Hexanol. Bekannt sind auch ungesättigte Aldehyde, z. B. Hexenal. All diese Substanzen sind als Bestandteile von Fuselölen bekannt und dürften deshalb eine Wirkung auf Schiller und seine Kreativität gehabt haben.
Aber auch beim Faulen bilden sich durch den Abbau der erwähnten und anderer Substanzen weitere berauschende Stoffe.
Wussten Sie, dass Äpfel auch Östrogene wie das Östron enthalten? Der Grund dafür ist unbekannt.


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F: Bei der Friedel-Crafts-Alkylierung von Benzol mit Methylchlorid gibt es Probleme, wenn man nur Toluol herstellen will. Wie verhindert man, dass Toluol weiter reagiert und mehrfach methylierte Verbindungen die die Xylole bildet? Theoretisch muss das ja bis zu Hexamethylbenzol laufen.


A: Ganz einfach: Man lenkt die Reaktion durch Verringerung der Konzentration an Methylchlorid. Damit setzt man die Wahrscheinlichkeit herab, dass zwei oder mehr Methylgruppen an einem Benzolring andocken.


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F: Ich bin auf der Suche nach Experimentierkits zur Gentechnik. ( PCR-Technik, Genübertragung etc. ) Kennen Sie eine Quelle, die Schüler - bzw. Studenten Experimentierkits vertreibt, die erschwinglich sind?
Unsere Biologen bieten zwar Experimentierkoffer an, die jedoch in der Anschaffung recht kostspielig wären.


A: Leider muss ich da passen. Es gibt für diese Thematik einfach nichts Billiges. Vor allem ist auch der apparative Aufwand sehr groß. Deshalb gibt es ja auch Unternehmungen der Industrie, zu Unterrichtszwecken solche Labors mit großen LKW auf die Reise zu schicken.
Dennoch ein Tipp: Fragen Sie mal hier nach: www.biolabor-beverungen.de


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F: Wenn man Eisen in konzentrierte Salpetersäure gibt, so passiviert dieses und löst sich nicht auf.
Gibt man allerdings Wasser hinzu, wird die Passivierung aufgehoben und das Eisen kann in Lösung gehen.
Ich bräuchte nun die einzelnen Reaktionsschritte bzw. -gleichungen, die dabei ablaufen (sowohl Passivierung, als auch Depassivierung).


A: Salpetersäure ist eine Säure mit doppeltem Gesicht:

Konzentriert (69,2 %) ist sie eher ein starkes Oxidationsmittel als eine Säure, da sie in diesem Fall fast gar nicht dissoziiert ist. Als eine Reduktionsgleichung gilt:

(1)            HNO3 + 3 H+ + 3 e- ———> NO + 2 H2O

Sie entspricht dem, was man z. B. bei der Zersetzung von Kupfer in Salpetersäure unter Bildung von farblosem NO beobachtet (-> Webseite). Mit ihr ist aber schwer zu erklären, wie es zur Passivierung kommt. Denn es laufen auch noch andere Reduktionsreaktionen ab. Das ist eine Frage der Temperatur, des Drucks und auch der Konzentrationen. Wichtig ist auch das Reduktionsmittel, das die Elektronen liefert.

Verdünnt ist die Salpetersäure eine starke Säure, da sie ihre Protonen auf Wassermoleküle übertragen kann.

(2)            HNO3 + H2O ———> H3O+ + NO3-

Sie ist aber ein weniger starkes Oxidationsmittel.


Nun zur Reaktion der Salpetersäure mit Eisen:
Konzentrierte Salpetersäure oxidiert Eisen, das sich dabei mit fest haftendem Oxid bedeckt. (Nicht verwechseln mit dem locker haftendem Rost!) Die Reaktion ist sehr kompliziert. Wir können versuchen, das in Gleichungen zu fassen. Dazu greifen wir zunächst auf eine vielleicht etwas veraltete Ansicht zurück: Das Nitrat-Ion überträgt Sauerstoff auf Eisen.
Dahinter steckt folgende Erfahrung: Erhitzt man Salpetersäure, so setzt sie Sauerstoff frei. Hier ist die Redoxgleichung:

(3)            2 HNO3 ———> 2 NO2 + H2O + ½ O2

Sie kann durch Addition aus den beiden Teilgleichungen hergeleitet werden:

(3a)           Reduktion: 2 HNO3 + 2 H+ + 2 e- ———> 2 NO2 + 2 H2O

(3b)           Oxidation: H2O ———> 2 H+ + ½ O2 + 2 e-

Wenn ein Reduktionsmittel anwesend ist, so wird (vor allem, wenn man nicht erhitzt) kein freier Sauerstoff gebildet, sondern es bleibt formal ein zweifach negativ geladenes Sauerstoffatom „draußen vor“. Dann beschreiben wir die Zersetzung der Salpetersäure formal (!) wie folgt:

(4a)           Reduktion: 2 HNO3 + 2 e- ———> 2 NO2 + H2O + { O2- }

Damit können wir die Passivierung gut erklären: Eisen wirkt als Elektronendonator. Das dabei gebildete Fe2+ wirkt anstelle von H+ als Sauerstoffakzeptor.

(4b)           Oxidation: Fe ———> Fe2+ + 2 e-

Zusammengefasst erhalten wir eine vernünftige Redoxgleichung:

(4)            2 HNO3 + Fe ———> 2 NO2 + H2O + FeO

Das Eisenoxid schützt das Eisen vor weiterem Angriff durch konzentrierte HNO3 (Passivierung). Aus diesem Grunde lässt sich konzentrierte Salpetersäure in Eisenkesseln transportieren.

Gibt man zur konzentrierten Salpetersäure Wasser hinzu, setzt die Salpetersäure sehr viele Protonen als Hydrogenium-Ionen frei, die das Eisenoxid angreifen.

(5)            FeO + 2 H3O+ ———> Fe2+ + 4 H2O

Ist das Eisenoxid erst einmal abgeätzt, so kann das metallische Eisen unter Freisetzen von Wasserstoff zersetzt werden (Depassivierung).

Gleiches beobachten Sie übrigens bei den Reaktionen von Eisen mit konzentrierter und verdünnter Schwefelsäure.


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F: Subject: Fehler in der Website

Sie schreiben in "Blue Bottle (Blaues Wunder)" (katalyse/bluebott.htm), dass für die Reaktion ein alkalisches Milieu nötig ist und die Lauge die Protonen abfängt. Allerdings bildet eine Lauge kein alkalisches sondern ein basisches Milieu.


A: Als Fehler würde ich das nicht bezeichnen. Vielleicht ist es nur eine nicht ganz modische Ausdrucksweise… Es gibt übrigens eine Industrienorm (DIN 19260), anhand der die Begriffe „alkalisch, basisch und laugenhaft“ synonym verwendet werden dürfen.

Im Römpp-Chemielexikon werden Sie bei dem Begriff „Basische Reaktion“ auf das Stichwort -> „Alkalische Reaktionen, pH-Wert“ verwiesen.

Es ist in dem von Ihnen aufgespießten Zusammenhang eindeutig ein alkalisches Milieu gemeint, also ein laugenhaftes Milieu, dessen pH-Wert deutlich größer als 7 ist. Der Begriff „basisch“ ist mir zu schwammig.

Man sollte meiner Meinung nach mit dem Begriff „basisch“ vorsichtig umgehen, auch wenn er wohl immer mehr im Sinne von „alkalisch“ verwendet wird (wie zum Beispiel im Holleman-Wiberg).

Viele Schüler lernen, dass Stoffe dann basisch reagieren, wenn sie in wässriger Lösung OH--Ionen produzieren und deshalb Indikatorpapier blau färben. Ist die Lösung einer Base somit nicht automatisch eine Lauge? Nein: Das muss nicht sein! Es gibt Basen, die gar nicht alkalisch im Sinne einer Laugenbildung reagieren, weil sie viel zu wenig OH--Ionen freisetzen! Beispiel: Anilin. Das ist kaum in der Lage, den Wassermolekülen ein Proton zu entreißen. Es ist alles eine Frage der pKa-Werte. Der pKa-Wert der Base Anilin ist 4,63.

Falls Sie Lehrer sind, sollten Sie den Begriff „basisch“ im Zusammenhang mit pH-Werten über 7 vermeiden und besser „alkalisch“ oder „laugenhaft“ sagen. Wie wollen Sie Schülern klar machen, dass es einen Unterschied geben soll zwischen „als Base reagieren“ (also als Protonenakzeptor wirken) und „basisch reagieren“ (im Sinne von alkalisch reagieren)?

Der größte Nachteil ist jedoch folgender: Wenn der Brönstedsche Basenbegriff eingeführt wird, denken die Schüler (wie sie es gelernt haben) zunächst immer gleich an laugenhafte Reaktionen, an blaues Indikatorpapier. Das führt sie auf eine völlig falsche Schiene.

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Letzte Überarbeitung: 27. April 2014, Dagmar Wiechoczek