Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 307
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F: Ich entschuldige mich vielmals sollte ich Sie stören aber ich brauche dringend Ihre Hilfe. Mein Name ist (…) und besuche das (…)- Gymnasium, wo ich gerade in der 10 Klasse bin und mein MSA absolviere. Mein bzw. unser Thema ist Sprengstoffe. Unsere Gruppe hofft, dass Sie uns die Reaktionsgleichung zur Herstellung von 2,4,6-Trinitrotoluol (1-Methyl-2,4,6-trinitrobenzen,C7H5N3O6) durch dreifache Nitrierung von Toluol ( Methylbenzen, C6H5CH3) mit Nitriersäure (HSO4 + H2O + NO2 oder vielleicht ist es auch einfach nur NO2 wir sind verwirrt, da es so viele Angaben gibt) nennen können. Wir haben unser Bestes versucht aber unser Wissen reicht nicht und im Internet steht auch nirgends die Gleichung, sondern nur komplizierte, unübersichtliche Grafiken, die wir nicht begreifen. Leider braucht man in Chemie immer Gleichungen, deshalb bitten wir Sie um Hilfe!
Wir hoffen Sie helfen und antworten uns bald und bedanken uns schon im voraus.


A: Das ist nicht nur für Zehntklässler eine ziemlich schwierige Chemie…

Zuerst bilden sich aus dem Gemisch Schwefelsäure/Salpetersäure („Nitriersäure“) NO2+-Ionen. Die nennt man Nitryl-Kationen.

HNO3 + H+ ——> (über H2NO3+) ——> H2O + NO2+

Die Protonen stammen aus der Schwefelsäure. Diese Säure wirkt auch wasserabspaltend, da sie Wasser bindet.

Anschließend greifen die Nitryl-Kationen den aromatischen Ring des Toluols an und substituieren nacheinander drei Wasserstoffatome, die als H+-Ionen abgehen.

Falls es noch wichtig ist: Es handelt sich um eine elektrophile Substitution. Die jeweils gebundenen Nitro-Reste dirigieren die folgenden in meta-Stellung.


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F: Beim Kochen wurde von meinem Freund heute folgende Frage aufgeworfen, die ich nicht beantworten kann. Warum brennt Butter beim Braten an und Öl nicht?
(Mir war nicht einmal bekannt, dass Butter überhaupt anbrennt.)


A: Fettes Öl (und anderes Fett wie Palmin®) brennt nur dann nicht an, wenn man es nicht zu stark erhitzt. Andernfalls kann es sich natürlich auch zersetzen, dabei auch Kohleablagerungen bilden. Da es schon lange vorher wegen der Bildung von Acrolein stechend riecht und zu Tränen reizt, lässt man es im Allgemeinen gar nicht so weit kommen. Aber man bringt das Fett nicht so rasch zum Verkohlen wie die Butter.

Butter enthält neben Fett sehr viele Proteine (Milcheiweiße). Die werden beim Erhitzen ausgefällt, kleben rasch am Pfannenboden und verkohlen schon bei niedrigeren Temperaturen, brennen also an. Das Erhitzen von Proteinen kennen Sie vielleicht vom Spiegelei-Braten. Dabei kann das Ei auch ganz schön verbrennen.

Übrigens brennt aus dem gleichen Grund auch Milch, aus der Butter gemacht wird, an.


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F: Eine Schülerin hat mich nach einer Chemiearbeit auf folgenden Satz in einem Ihrer Artikel hingewiesen: „Alkine sind nicht ganz so reaktionsfreudig wie die Alkene (aber immer noch deutlich mehr als Alkane),…“. Diese Aussage stimmt zwar bei einem großen Teil von Reaktionen, jedoch nicht bei Halogenadditionsreaktionen an die Dreifachbindung. In den Halogenadditionsreaktionen sind Alkine wesentlich reaktionsfreudiger als die entsprechenden Alkene. Dies kann man deutlich bei der Durchführung von Additionsreaktionen an Alkene und Alkane sehen und hören.


A: Sie meinen im letzten Satz wohl Additionsreaktionen der Alkene und Alkine. Dabei denken Sie wohl auch nur an das Experiment im Tipp des Monats Nr. 57 Reaktion von KMnO4/konz. Salzsäure mit Calciumcarbid). Das freigesetzte Chlor reagiert unter Knacken und Funken mit dem freigesetzten Ethin. Bei dem Versuch reagiert Chlor in „Statu nascendi“, also in atomarem Zustand. Versuchen Sie aber ja nicht, Ethen und Chlor zu mischen… Mit Methan reagiert Chlor nur nach Belichtung.

Vergleichen Sie doch nur einmal die Reaktivität der ungesättigten Kohlenwasserstoffe gegenüber Brom. Bromwasser reagiert mit Alkenen augenblicklich, mit Alkinen nur sehr langsam.

Ursache: Die p-Elektronen des Ethins sind wesentlich stärker abgeschirmt als die des Ethens. Darüber berichten wir in dem o. a. Tipp des Monats.


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F: Ich möchte evtl den Melaminskandal zum Inhalt meiner Präsentation im Rahmen einer Chemieprüfung machen und wollte gerne fragen, wie lange es etwa dauert, mit der Methode nach Kjeldahl den Eiweißgehalt eines Produkts nachzuweisen.


A: Bei der Methode nach Kjeldahl bestimmt man grundsätzlich den Stickstoffgehalt einer Probe. Dazu muss die Probe erst reduktiv oder oxidativ aufgeschlossen werden - z. B. mit Seleniger Säure, Kalium-Aluminium-Legierung oder mit Schwefelsäure. Dann wird das entstandene Ammoniak in eine definierte Säurevorlage destilliert (Wasserdampfdestillation). Der nicht umgesetzte Säureteil wird zurücktitriert.

Sie werden feststellen, dass schon allein der Versuchsaufbau recht komplex ist. Wenn Sie den Versuch noch nie gemacht haben, werden Sie wohl einen Tag benötigen. Aber auch mit ausreichender Erfahrung dauert das Experiment etwa 1-2 Stunden. In der Praxis lässt man eine Reihe Apparaturen parallel laufen – es gibt mittlerweile auch Laborautomaten, die das machen.

Ich glaube, es reicht aus, wenn Sie nachweisen, dass beide Stoffe - Eiweiß und Melamin - gleich reagieren, wenn Sie z. B. jeweils eine feuchte Probe davon mit NaOH-Plätzchen erhitzen und das Ammoniak nachweisen - z. B. mit pH-Papier. Beim Melamin wird bei gleicher Menge deutlich mehr Ammoniak frei. Das geht innerhalb weniger Minuten.


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F: In Ihrer Webseite zur Verwitterung schreiben Sie von Mergel. Woher kommt der Begriff „ausgemergelt“. Hat das was mit Mergel zu tun?


A: Sie meinen wohl diese Webseite. Ihre Vermutung ist richtig.

Pflanzen benötigen zum Wachstum neben Stickstoff und Schwefel Kalium, Calcium, Magnesium, Silicium, Phosphor und Eisen sowie wichtige Spurenelemente wie Molybdän und Bor. Hinzu kommt eine Kohlenstoffreserve in Form von Carbonaten. Das alles enthält Mergel.

Mergel ist eine natürliche Mischung aus Kalk und Tonmineralien. Das war eine besonders fruchtbare Bodenmischung. Wenn nichts mehr wuchs, war das Feld „ausgemergelt“. Also muss man immer dafür sorgen, dass genug Mergel vorhanden ist. Die Zufuhr von Mergel ist das „Mergeln“.

Ich kenne das Mergeln noch: Früher gab es Mergelgruben, aus denen die Bauern Mergel holten, um sie auf die Felder zu streuen. Dann lagen neben den Feldern Mergelhaufen - zum Beispiel aus der Kreideformation. Jüngst habe ich auf einem Acker im für den Bielefelder Norden typischen Lias-Ton einen Kreide-Ammoniten gefunden (Bild). Das ist ein sicheres Indiz dafür, dass das Feld „gemergelt“ wurde. Die Mergelgruben gibt es im nahebei gelegenen Teutoburger Wald.

Mergelammonit (3 cm) (Lewisiceras; Oberkreide)
(Foto: Blume)

Wenn wir schon dabei sind: Wussten Sie, dass Bauern auch Schlachtfelder abräumten? Da lagen die sterblichen Überreste der Hekatomben von Gefallenen herum, also deren Knochen, die - zerkleinert - wegen ihres Gehalts an für Pflanzen wichtigen Mineralien als Dünger dienen mussten.

Die Knochen hat man sogar mit Schwefelsäure aufgeschlossen… Das war eine durchaus übliche Verwendung des so genannten Vitriolöls. Klicken Sie auch hier.

Heute ist die Bedeutung des Mergelns zugunsten der besser steuerbaren Kunstdüngung zurückgegangen. Ob das ein Gewinn ist, wird allerdings kontrovers diskutiert…

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Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek