Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 324
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1776
F: Es wurden Oxonium-Ionen eingeführt und ein Schüler wollte wissen, ob auch diese protonierbar seien. Leider konnte ich nicht mit Gewissheit sagen: Nein. Er wollte im Grunde einfach nur wissen, ob mono- oder diatomaren Kationen protonierbar seien. Da hätte ich halt gerne mit Gewissheit „Ja“ gesagt. Und wenn er dann nach einem Beispiel fragt - warum nicht?


A: Der Schüler fragt, ob es ein Ion H4O2+ gibt. Das können Sie mit gutem Gewissen verneinen. Das Oxonium-Ion H3O+ wird auch bei hohem Protonendruck nicht weiter protoniert, da es zu klein ist. Wegen seiner Kleinheit ist die Feldliniendichte um das Ion so groß, dass das Andocken eines weiteren positiven, punktförmigen Ladungsträgers, also des Protons, nicht möglich ist. Es werden eher die Anionen bzw. Säuremoleküle protoniert, z. B. entstehen mit hochkonzentrierter Schwefelsäure aus Nitrat-Ionen Salpetersäure und daraus sogar H2NO3+.


1777
F: Ihre Webseite ist einfach toll, sie hat mir schon gute Dienste geleistet für meine chemische Facharbeit. Ich bin Schülerin der 13 Klasse ...-Gymnasiums in ... und schreibe zurzeit mein Facharbeit: die qualitative und quantitative Analyse einer Zuckerrübe. Ich habe schon 2 Versuche von ihnen ausprobiert und sie haben sehr gut funktioniert. Daher habe ich eine Frage, wissen sie einen Versuch für die quantitative Bestimmung von Saccharose?


A: Zum qualitativen Nachweis wird Saccharose mit Phosphorsäure hydrolysiert. Dann erfolgt der Nachweis der Glucose mit den üblichen Glukosticks®. Fructose wird mit seleniger Säure nachgewiesen. Zu den Versuchsvorschriften klicken Sie in unsere Webseitengruppe zu den Kohlenhydraten.

Zum quantitativen Nachweis gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten:

a) Chromatographie: Apparativ mit der HPLC-Methode. Diese Anlage ist aber wohl kaum in Ihrer Schule vorhanden.

b) Gekoppelter Enzymtest: Mit der Saccharase hydrolysiert man die Saccharose. Die dabei gebildete Glucose lässt man mit Glucoseoxidase reagieren. Dabei entsteht Wasserstoffperoxid, das man mit einer Peroxidase-Reaktion (Bildung eines Farbstoffs) quantitativ erfassen kann.


1778
F: Nun stehen wieder die ersten hohlen Weihnachtsmänner aus Schokolade in den Geschäften. Meine kleine Tochter hat gefragt, wie man da die Luft reinbekommt. Ich konnte ihr das nicht erklären.


A: Am Anfang steht die Herstellung von Schokoladenmasse. Dazu nimmt man kleingemahlene Kakaobohnen, gibt Milch und Zucker sowie gegebenenfalls noch etwas Fett zu und vermischt gut, bis man eine homogene Masse hat.
Nun braucht man eine Hohlform, die aus zwei spiegelbildlichen Hälften besteht. (Deshalb hat eine Schokoladenfigur immer eine Naht.) In die eine Hälfte füllt man eine genau abgewogene Menge der Schokoladenmasse. Deren Temperatur muss ebenfalls genau stimmen, meistens 28 °C. Man klappt die Formen aufeinander und spannt sie in eine Maschine, die die Form in alle Richtungen dreht. Das sieht so aus, als wenn die Form taumelt. Dadurch verteilt sich die Schokolade gleichmäßig an der ganzen Innenseite der Form. Während des Drehens wird die Form langsam auf etwa 12 °C abgekühlt. Dann braucht man die Form nur aufzuklappen und den fertigen Hohl-Schokoweihnachtsmann herauszunehmen. Schließlich wird sie noch in bunte Alu-Folie eingewickelt. Deren graphische Konstruktion grenzt auch schon an ein Wunder... Das erkennt man, wenn man die Folie vorsichtig abwickelt und dann glattstreicht oder -bügelt.

Diese Folie sollte man übrigens, ohne sie zu zerreißen, vorsichtig abwickeln und glattstreichen, denn die ist schon ein Konstruktionskunstwerk für sich!

Wenn die Schokoladengießer alles richtig gemacht haben (vor allem, was die Einhaltung der Temperaturen angeht), könnten sie nach Weihnachten die nicht verkauften Weihnachtsmänner wieder einschmelzen und zu Ostern als Schoko-Osterhasen wieder auferstehen lassen. Mit einem lauten „Aber das zu tun wir doch nicht!“ weisen die Hersteller diesen Verdacht natürlich weit von sich...


1779
F: Ich hätte eine Frage zu einem Test, den ich von der Chemie nicht verstehe, und hoffe, dass Sie mir helfen können.

Kohlenhydrattest mit Anilin
Anilin-Acetat-Reagenz: 10 mL Anilin in 100 mL 10%iger Essigsäure lösen.
Durchführung des Tests: Die Testsubstanz in ein Reagenzglas geben und mit konzentrierter Phosphorsäure versetzten. Auf ein kleines Filterpapier einige Tropfen der Anilin-Acetat Mischung geben. Dann das Reagenzglas erhitzen. Sobald die Lösung siedet, wird das Filterpapier mit der Anilin-Acetat Mischung auf die Reagenzglasöffnung gelegt.

Ist ein Kohlenhydrat enthalten, färbt sich das Filterpapier rot.


A: Beim Erhitzen Ihrer säurehaltigen Testprobe bilden sich (katalysiert von Protonen) cyclische Aldehyde wie z. B. Furfural, die verdampfen und mit Aromaten wie dem Anilin oder manchen Phenolen zu auffälligen Farbstoffen kuppeln. Die Struktur der Farbstoffe zeigen wir in einer Webseite, wo wir den Anilin-Test beim Zoll beschreiben. Der macht den Test bei der Fahndung nach Dieselautos, die mit furfural-haltigem Heizöl fahren. Klicke hier.

Warum nimmt man übrigens Phosphorsäure?
Schwefelsäure wäre zu sauer und baut vor allem die C-Kette des Kohlenhydratmoleküls ab. HCl und HNO3 sind zu flüchtig und stören den Test. Phosphorsäure ist ausreichend sauer und dazu nicht flüchtig. Letztere wird deshalb oft bei Hydrolysen in der Zuckerchemie genommen, z. B. bei der Spaltung von Saccharose zur Herstellung von Fructose.


1780
F1: Heute haben wir in der Schule eine Leitfähigkeitstitration (6 V Wechselstrom) durchgeführt. Dabei wurde Schwefelsäure zu 100 mL Bariumhydroxid-Lösung getropft. Erwartungsgemäß bildete sich BaSO4.
Allerdings konnten wir keine konstanten Messwerte aufnehmen. Nach dem ersten Zutropfen (0,5 mL) wurde der Weithalskolben mehrfach von Hand geschwenkt, die Leitfähigkeit sank - zunächst! Nachdem der Kolben in Ruhe gelassen wurde, stieg die Stromstärke von ca. 90 auf ca. 105 mA. Schwenkte man wieder um, so sank der Wert wieder blitzartig, um dann wieder anzusteigen. Auch nach Zugabe weiterer Säure passiert immer das gleiche. Einmal Schwenken, und man kann dann (in Ruhe) den Aufstieg der Stromstärke verfolgen.
Wenn man einen Rührer benutzt, dann erhält man eine schöne Leitfähigkeitskurve.
Was bewirkt das Absinken durch das Schwenken/Rühren, bzw. woraus resultiert der Anstieg der Leitfähigkeit?

Als ich eben diese Zeilen schreibe, fällt mir ein, dass wir auch bei einer Titration mit pH-Elektrode keine konstanten Werte hatten. Damals haben wir das darauf zurückgeführt, dass die Elektrode schon einmal „ausgetrocknet“ gewesen war und daher einfach falsch maß.
Leitfähigkeitsprüfer können aber ja nicht austrocknen, es sind ja nur zwei Drähte....

P.S. Meine Chemiekollegen haben auch keine Erklärung, sie raten mir lediglich zum „Rührfisch“...


A: Das Stichwort lautet Überspannung; hier ist es die Diffusionsüberspannung oder auch Konzentrationsüberspannung. Das kommt daher, dass es an den Elektroden zu Abscheidungen von Substanz kommt, wodurch sich ein störendes Potentialgefälle aufbaut. Bei derartigen Messungen müssen Sie darauf achten, dass sich die Ionen in der Lösung gleichmäßig im angelegten elektrischen Feld bewegen können und ihre Konzentration immer konstant bleibt. Das wird z. B. durch konstantes Rühren gewährleistet. Es reicht schon aus, die Elektrode gleichmäßig zu bewegen.

Man kann auch sagen: Die Flüssigkeit zwischen den Elektroden muss sich stets mit der Gesamtlösung austauschen, da es zu (wenn auch schwachen) Elektrolyse-Effekten kommt.

Gleiches gilt auch für pH-Messungen mit der Glaselektrode. Überspannungseffekte gibt es überall, wo Ionen in einem elektrischen Feld wandern. Bei der Glaselektrode betrifft es die Ionenwanderung im Potential zwischen Mess- und Bezugselektrode. Auch bei der pH-Messung muss deshalb konstant gerührt werden.

Die Verwendung eines Magnetrührwerks mit Rührfisch ist also ein guter Tipp...

Zur Überspannung haben wir eine Webseite. Im Bereich Elektrochemie finden Sie auch Anleitungen zu entsprechenden Experimenten.


F2: Die heutige Mail räumt jeden Zweifel ob der Überspannungseffekte aus.
Herzlichen Dank und weiterhin frohes Gelingen beim Erhellen der kleinen Chemie-Leuchten.

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Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek