Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 332
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1816
F: Hallo Herr Dr. Blume, ich wollte sie fragen ob sie wissen wie ich Natriumcarbonat, bekannt als Soda, in dem amerikanischen Kultgetränk Dr. Pepper nachweisen kann.
Ist das überhaupt mit Haushaltsüblichen Mitteln möglich?


A: Ja. Aber Natriumcarbonat liegt gelöst vor. Deshalb kann man nur seine Ionen (Natrium- und Carbonat-Ionen) einzeln nachweisen.
Natrium weist man nach, indem man z. B. die Flammenfärbung untersucht. Na färbt eine entfärbte Gasflamme leuchtend gelb.
Das Carbonat ist das Salz der Kohlensäure. Die ist instabil. Wenn man die Lösung mit Essig oder Citronensäurelösung ansäuert, wird das Gas CO2 freigesetzt.


1817
F: Ich bin über Google auf Ihre Seite gestoßen. Leider habe ich keine Antwort auf meine Frage auf Ihren Seiten gefunden (vielleicht auch nicht die richtige Frage bei der Suche gestellt).
Mir wurde vor Jahren von einem Kollegen, der selbst Chemiker ist gesagt, dass man gekochtes Wasser nicht erneut kochen darf, sondern das gekochte Wasser wegschütten und neues kochen müsse. Das gekochte Wasser erneut (und auch mehrfach) zu kochen sei gesundheitsschädlich. Er erklärte mir auch wieso. Leider habe ich die Erklärung vergessen. Seither habe ich mich daran gehalten.
Ich hab inzwischen 2 Kinder und halte mich umso mehr daran und erzähle jeder anderen Mutter die es hören (oder auch nicht hören will :-) wenn es zur Gelegenheit passt, dass gekochtes Wasser nicht erneut gekocht werden soll. Mir fehlt allerdings jedes Mal die Erklärung hierzu, was mich verständlicherweise ärgert.
Können Sie mir die Aussage 'gekochtes Wasser nicht erneut kochen' überhaupt bestätigen und wenn ja, könnten Sie mir eine Erklärung hierzu geben.
Ich würde mich sehr über Antwort freuen und würde dann nicht immer so erklärungslos da stehen.
Vielen Dank im Voraus, herzliche Grüße und Gute Nacht,
(…)


A: Das, was man Ihnen da erzählt hat, kann ich nicht so richtig nachvollziehen. Es gibt meines Wissens nach keinerlei Grund, weshalb man Wasser nicht so oft kochen darf, wie man will.
Viele Teetrinker empfehlen übrigens sogar, das Wasser, mit dem sie den Tee aufbrühen, vorher zwei Mal abzukochen. Das hängt damit zusammen, dass man durch das Abkochen die bei der Teezubereitung störende Wasserhärte verringern kann.

Schon durch einmaliges Kochen nimmt der Gehalt an Calcium und Magnesium ab, da beim Erhitzen CO2 ausgetrieben wird und deshalb die im Leitungswasser enthaltenen löslichen Hydrogencarbonate als Carbonate ausfallen (bekannt als Kalkbelag). Das kann man schön zeigen, indem man Hydrogencarbonat-haltigen Sprudel wie Gerolsteiner® erwärmt.

Der durch das Abkochen ausgelöste „Mangel“ an Ca und Mg spielt keine besondere gesundheitliche Rolle, weil man mit diesen Mineralstoffen im Allgemeinen ausreichend versorgt ist. Beim zweiten Kochen ändert sich am Calcium- und Magnesiumgehalt übrigens nichts mehr, weil die Lösung schon nach dem ersten Kochvorgang an diesen Metallsalzen gesättigt war.

Das einzige, was mir zu Ihrer Frage einfällt: Vielleicht meinte Ihr Kollege, dass sich im Wasser toxische Rückstände des Topfmaterials wie die Ionen von Aluminium, Kupfer, Eisen oder Nickel etc. ansammeln könnten. Aber diese Spuren stören nicht, wenn sie nicht gerade 20 Liter abgekochtes Wasser am Tag trinken…. Kupfer und Eisen sind sogar für uns wichtige Spurenelemente.


1818
F: Vor kurzem zog ich im Chemieunterricht ein erhitztes Glasrohr zu einer sehr langen Kapillare aus. Um meinen Schülern zu zeigen, dass auch eine sehr dünne Kapillare innen hohl ist, hängte ich sie senkrecht auf und gab oben einige Tropfen rote Universal-Indikatorlösung (wegen des Farbkontrastes) hinein. Wunschgemäß floss diese durch das Röhrchen, verfärbte sich dabei aber von oben nach unten über gelb (pH6) nach grün (pH7).

Dieses Phänomen diskutierte ich mit meinen Kollegen. Nun stehen zwei Hypothesen gegenüber:

Hypothese 1: Analog zu chromatografischen Verfahren hat eine Stofftrennung des Indikator-Farbstoffgemisches stattgefunden.

Hypothese 2: Es haben sich alkalische Glasbestandteile gelöst - in Kapillaren ist ja das Verhältnis Oberfläche:Flüssigkeitsmenge sehr groß.

Die Mehrheit ist für 1, nur ich für 2! Was meinen Sie dazu? Sind vielleicht sogar beide Vermutungen falsch?

P.S.: Vor etwa 30-50 Jahren hatte ja ein Lösungsphänomen im Zusammenhang mit Kapillaren aus Quarzglas (es bildete sich ein Wasser-Silicat-Gel) zur Fehlvorstellung "Polywasser" geführt; ich erinnere mich dunkel, dass es im Vieweg-Verlag eine Veröffentlichung darüber gab.


A1: Hätten Ihre Kollegen Recht, müssten Sie längs der Kapillare Farbzonen entdecken. Ich gehe davon aus, dass Sie „Negativ!“ rufen.

Deshalb haben Sie Recht. Billiges Glas nimmt durch Erhitzen basische Eigenschaften an. Ursache ist, dass die Polysilicate beim Erhitzen Wasser abspalten. Das Wasser stammt aus den freien, nicht dissoziierten Kieselsäureresten. Außerdem können dabei die Oxide von Alkali- und Erdalkalimetallen entstehen. Folglich kommt es insgesamt zu Verbindungen, die mit Wasser Hydroxid-Ionen bilden. Das führt bei Kontakt mit Wasser zu alkalischen Reaktionen, die sich in der Farbänderung der Indikatoren manifestieren.

Übrigens reagiert auch schon normales, also nicht von Ihnen zuvor erhitztes Billigglas aus dem gleichen Grunde alkalisch, wenn man es nur genügend fein zerkleinert. Hierzu haben wir ein Experiment. Klicken Sie von da aus auch auf die Hintergrundwebseite, auf der wir den Effekt erklären.

Weshalb Sie auf Polywasser kommen, liegt wohl daran, dass um 1960-1970 sowjet-russische Forscher meinten, beobachtet zu haben, dass sich in besonders dünnen Glaskapillaren das Wasser in verschiedene Phasen auftrennte. Das Phänomen entpuppte sich - wie ich mich erinnere - laut SPIEGEL-Bericht letztlich wohl als eingedampfter „russischer Forscherschweiß“…


F2: Da kann ich nur "Danke" sagen. Bedankt hätte ich mich aber auch bei für mich negativer Auskunft.
Und, genau, ich erinnere mich wieder: Das "Polywasser" wurde in einem russischen Labor entdeckt. Es wurden Befürchtungen laut, dass das Wasser weltweit polymerisieren könnte... Na ja, Glatteis richtet ja auch schon genug Schaden an.

Ihnen weiter viel Erfolg mit Ihrer wunderbaren Chemie-Webpräsenz.


1819
F: Eine Firma wirbt mit dem Motto „Doping für Haare“ für ein Haarwaschmittel, welches Coffein enthält. Das soll den Haarwuchs anturnen. Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb sich mein Haar zunehmend auslichtet, obwohl ich jeden Tag mindestens 5 Tassen Kaffee trinke.


A: Sie haben Recht: Es sollte ja tatsächlich egal sein, ob das Coffein per Blut oder durch Einmassieren beim Waschen in die Haarwurzeln gelangt. Und wenn Coffein bei Ihnen nicht wirkt, muss da durchaus nicht etwas bei Ihnen nicht stimmen. Bei dieser Art Werbung ist üblicherweise der unterschwellige Appell an alchemistischen und homöopathischen Placebo-Glauben gag-mäßiger Usus.

Aber vielleicht haben Sie einfach nur nicht die richtigen Coffein-Rezeptoren...

Sie sehen: Ich bin da leider kein Spezialist. Fragen Sie deshalb am besten bei der Firma nach.


1820
F1: Meine Frage betrifft Thioharnstoff.
Harnstoff und Wasser werden durch die Mithilfe von Urease in Ammoniak und Kohlendioxid umgewandelt. Nun gibt man der Lösung Thioharnstoff bei.
Ich weiß, dass Thioharnstoff das Enzym Urease hemmt. Ich vermute, dass Thioharnstoff besser ans aktive Zentrum andockt als Harnstoff. Können Sie mir bitte erklären, wieso Thioharnstoff das Enzym Urease hemmt?
Als Lösungshinweis wird bei der Aufgabe auf die Atommasse von Sauerstoff (16 u) bzw. jener von Schwefel (32 u) verwiesen.
Vielen herzlichen Dank für Ihre Bemühungen!


A1: Zur Untersuchung gibt man bei konstanter Harnstoffkonzentration in jeweils neuen Ansätzen steigende Konzentrationen an Thioharnstoff zu und misst den Umsatz des Harnstoffs. Aus dieser Versuchsreihe folgt, dass es sich um eine Konkurrenzhemmung (kompetitive Hemmung) handelt.
Dieser Hemmtyp liegt vor, wenn die Moleküle zweier ähnlich gebauter Verbindungen um das aktive Zentrum konkurrieren, wobei der hemmende Stoff nicht umgesetzt wird.
Dass Thioharnstoff nicht umgesetzt wird, liegt nicht etwa an der Molmasse, sondern an der unterschiedlichen Elektronegativität von Sauerstoff (3,5) und Schwefel (2,5). Dazu muss man Folgendes wissen: Die Reaktion der Harnstoffspaltung wird eingeleitet, indem ein Proton an das stark elektronegative O-Atom des Harnstoffs andockt und die C=O-Bindung stark polarisiert. Eine solche Reaktion erfolgt beim wesentlich geringer elektronegativen S-Atom nicht, da die C=S-Bindung nicht ausreichend polarisiert ist.
Den genauen Mechanismus der enzymatischen Harnstoff-Hydrolyse zeigen wir hier.


F2: Vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche und hilfreiche Antwort.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und grüsse Sie freundlich (...)

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Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek