Wegen Prof. Blumes Medienangebot: Sicherheit im Chemiesaal


Vermeidung von Gefahren im Chemieunterricht

Experimente:
Versuche: Exemplarische Versuchsvorschriften zur Demonstration von Gefahr und deren Abwehr


1. Mögliche Unfallfolgen im Chemieunterricht

Mit folgenden Gesundheitsschäden kann der Lehrer im naturwissenschaftlichen Unterricht konfrontiert werden:

Mögliche Unfallfolgen

  • Verbrennungen und Verbrühungen
  • Verätzungen (insbesondere der Schleimhäute in Mund, Nase oder Augenbereich)
  • Akute Vergiftungen
  • Wunden, oft mit schweren Blutungen als Folge unsachgemäßen Umgangs mit Glas
  • Blendung durch Magnesium- oder Aluminiumbrände
  • Lungenschäden

Auf den Umgang mit diesen Verletzungen sollte sich der Lehrer innerlich vorbereiten.
Diese Aufzählung kann heruntergeladen und auf Folie kopiert werden.


2. Regeln für die Vermeidung von Unfällen im Chemieunterricht

Die Auflistung von Unfallursachen im Chemielabor bzw. -unterricht kann sicherlich weitergeführt werden. Als Resumée sollten Lehrer naturwissenschaftlicher Fächer mindestens folgende Arbeitsregeln, welche sich auch im Unterricht erarbeiten lassen, beherzigen:

Allgemeine Arbeitsregeln

  • Sicherheitsvorkehrungen des Laborbereiches und der Schule kennen.
  • Nie allein experimentieren ohne Kontrollen zu vereinbaren. Nachmittags dem Hausmeister Bescheid geben.
  • Chemikaliengefäße beschriften. Dies gilt auch für kurzfristige Aufbewahrung.
  • Keine Lebensmittelgefäße zur Aufbewahrung von Chemikalien verwenden.
  • Gefahrensymbole auf Chemikaliengefäßen anbringen.
  • Flaschen nach Entnahme der Substanzen sofort wieder verschließen.
  • Passende und dichte Stopfen und Verschlüsse für die Chemikalien-Gefäße verwenden.
  • Reaktionsgefäße nach Gebrauch so rasch wie möglich entleeren und spülen.
  • Beim Entsorgen Umweltschutzrichtlinien befolgen.
  • Lösemittel nicht in den Ausguss geben.
  • Keine leichtendzündlichen Stoffe oder ätzende Reste in den Mülleimer geben.
  • Glasabfälle nicht in den Papierkorb geben.
  • Momentan nicht benutzte Bunsenbrenner auf leuchtende Flamme einregulieren.
  • Druckgasflaschen immer mit Ketten fixieren. (Auch gerade dann, wenn sie nur kurzfristig gebraucht werden!)
  • Nach dem Aufenthalt im Labor Hände waschen.
  • Beim Arbeiten im Labor Berührungen des Mundes, der Nase oder der Augen vermeiden.

Diese Regeln können heruntergeladen und auf Folie kopiert werden.

Dem Fachlehrer ist zu empfehlen, sich um eine Grundsicherheitsausrüstung zu kümmern und deren Anschaffung bei der Schulleitung durchzusetzen.

Bei Einhaltung dieser Vorschriften können typische Unfälle im Chemieunterricht weitgehend vermieden werden. Sollte dennoch einmal etwas passieren, was nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, so gilt als oberste Regel: "Ruhe bewahren!". Auf keinen Fall darf man sich so verhalten wie die Leute, von der die folgende Meldung berichtet.

Luftballons
Bei einem Dorffest werden Luftballons mit brennbarem Gas gefüllt. Etliche von denen werden wohl aus purem Blödsinn angesteckt. Folge: Laufende Explosionen. Dadurch kommt es bei verschiedenen Personen zu Verbrennungen und zu Hörschäden. Es werden jedoch weder Polizei noch Rettungskräfte benachrichtigt. Die Dorfgemeinschaft feiert weiter, als sei nichts gewesen. (Jüchern bei Neuss)


3. Vernünftige Klassifizierung von Gefahrstoffen

Wir kennzeichnen unsere Gefahrstoffe abweichend von den DIN-Vorschriften nach unserer rein subjektiven Einschätzung der realen Gefahr für die Schüler. Ein Beispiel: Es wird in mit Sicherheitsfragen befassten Gremien ernsthaft darum gestritten, ob für die Schule eine gesättigte Lösung von Calciumhydroxid (gelöschter Kalk) als C- oder Xi-Stoff einzuordnen ist. Angesichts des kleinen Löslichkeitsprodukts von 4 · 10-2 (30 °C) sollte es hier um einen Xi-Stoff handeln. Man kann aber leicht berechnen, dass eine gesättigte Lösung einen pH-Wert von etwa 13,5 haben muss. Diese Lösungen als "reizend" einzuschätzen ist kaum vorstellbar, wenn man einmal Verätzungen mit Kalkwasser gesehen hat. Diese stellen z. B. eine reale Gefahr beim bekannten Versuch zum Einblasen von Atemluft in Kalkwasser dar: Kinder holen bekanntlich besonders tief Luft und haben dabei manchmal noch den Halm im Mund!

Ähnliches gilt auch für Salze von Cobalt bzw. Nickel. Erstere galten früher als cancerogen, werden aber heute als Xn-Stoffe angesehen. Wegen der starken Tendenz zur Sensibilisierung (Allergieauslösung) behandeln wir beide Substanzenklassen als T-Stoffe. Diese Überlegung trifft auch auf Formaldehyd zu. Es ist daher dem Lehrer zu empfehlen, die Gefahren immer besonders hoch einzuschätzen.


4. Vorgehen beim Experimentieren

Die folgende Zusammenstellung, welche sicherlich ergänzt werden kann, enthält Tipps, wie man einige Experimente unter Beachtung der Sicherheitsregeln durchführt. Hier sollen dem Lehrer Denkanstöße gegeben werden, bei allen Experimenten gefahrenbewusst vorzugehen, damit er sich stets sicher fühlen kann.

Es werden weiterhin einige exemplarische Demonstrationsversuche vorgestellt, welche geeignet sind, Schülern das Entstehen von Gefahren sowie deren Verhütung bewusst zu machen. Dabei werden einige Experimente genauer besprochen, die als besonders gefährlich gelten: Arbeiten mit brennbaren Gasen, mit Explosivstoffen sowie mit umweltschädigenden Stoffen. In der jeweiligen Anleitung zu den Versuchen wird ausführlich und auf notwendige Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen.

Vor der Durchführung der Versuche sollte der Lehrer grundsätzlich noch einmal nach dem Sicherheitsmaterial sehen. Eine Checkliste kann hier für den Anfang helfen.

Allgemeine Hinweise zur Durchführung von Experimenten

Bei vielen Versuchen sind folgende Punkte besonders zu beachten:

a) Ein Versuch kann für den Lehrer besonders gefährlich werden, wenn er nicht "anspringt", wie man es z. B. beim Thermitversuch oder beim Arbeiten mit Silberazid ab und zu beobachten kann.
Beim Thermit glüht der Ansatz häufig nur, ohne sofort zu zünden. Das kann aber plötzlich passieren und geschieht in der Regel dann, wenn sich der Lehrer entschlossen hat, "mal eben nachzusehen, was im Blumentopf los ist".
Deshalb: Einige Minuten warten oder mit Wasser einen Zündversuch wagen.
Dazu wird aus möglichst großer Entfernung mit der Spritzflasche Wasser in den Topf gespritzt. Sollte sich hierin noch Glut befinden, so springt die Reaktion in der Regel heftig an. Im anderen Falle dient das Wasser zum Abkühlen und Löschen.
b) Ähnliches gilt auch für Explosivstoffe wie Silberazid (bzw. Silbernitrid), auf welches in einer der folgenden Versuchsvorschriften eingegangen wird. Beim Trocknen dieser Substanz im Abzug ist ganz besonders zu beachten, dass durch deutliche Hinweise ("Vorsicht, Silberazid, explosiv!") ein Berühren durch Kollegen, Schüler oder Reinigungspersonal ausgeschlossen wird.
Dies gilt analog auch für Iodstickstoff, den man samt Filterpapier mit Reißbrettstiften auf einer Unterlage befestigen sollte. Der Grund ist, dass Iodstickstoff schon bei geringster Berührung detonieren kann und dies bereits durch den Zugwind des Abzugs ausgelöst werden kann.
c) Oft stehen Chemielehrer vor dem Problem, dass ihnen ein Versuch zwar prinzipiell wichtig, dessen Durchführung aber haarsträubend gefährlich erscheint. Ein Beispiel hierfür ist das Experimentieren mit Wasserstoffgas im Verbrennungsrohr.
Bei diesem Versuch kommt es besonders auf die Unversehrtheit und Dichtigkeit der Apparatur an. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis: Auf jeden Fall sollte man einmal sorgfältig zusammengestellte und erprobte Apparaturen zusammengebaut lassen und nach der Reinigung komplett in die Sammlung stellen. Dies muss mit den Kollegen unbedingt abgesprochen werden, damit diese nicht während der Suche nach passenden Stopfen usf. ausgerechnet diese Apparaturen plündern. Undichte, nicht zusammenpassende oder gar beschädigte Geräte sind bei Versuchen wie dem eben beschriebenen oder beim Springbrunnenversuch wegen der Explosions- bzw. Implosionsgefahr Unfallquellen ersten Ranges.
d) Vorsicht ist auch geboten, wenn man im Reagenzglas hocherhitzte Schmelzen oder Lösungen unter fließendem Wasser abkühlen will. Springt das Glas dabei, so erlebt man oftmals spektakuläre Effekte wie den chemischen Flammenwerfer. Ein anderes Negativ-Beispiel hierfür ist das Abkühlen erhitzter Schwefelsäure.


5. Vermeidung von Umweltschäden

Viele Unfälle haben Umweltschädigungen zur Folge. Heute stuft man auch umgekehrt große Umweltschäden als Unfälle ein. Wie Unfälle sind sie vermeidbar. Das dazu notwendige Umweltbewusstsein sollte bereits in der Schule entwickelt werden. Dabei trägt der Lehrer als Vorbild eine außerordentliche Verantwortung. So, wie dieser mit Chemikalien, Energie und Abfällen umgeht, werden es auch die Schüler tun.
Grundsätzlich sind zur Vermeidung von Umweltschäden, die vom Schulbereich ausgehen, die gleichen Strategien wie in der Industrie oder im Haushalt anzuwenden:

Man kann dem Lehrer jedoch keinen großen Vorwurf machen, wenn er Abfallstoffe nicht sinnvoll deponiert oder gar zurückgewinnt. In der Unterrichtspraxis fallen viele Schadstoffe in großer Vielfalt und in so kleinen Mengen an, dass eine gezielte Aufarbeitung mühsam sowie energieaufwendig und wasserverbrauchend ist. Recycling ist in der Schule im Allgemeinen nicht lohnend.
Andererseits sind viele Stoffe für das direkte Einleiten in die Kanalisation oder zur Verbringung auf Deponien zu giftig oder noch zu reaktiv.
An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass der Schulträger verpflichtet ist, im Rahmen der Gewerbeaufsicht für die Abfuhr von Chemikalien zu sorgen. Es lohnt sich also, Schadstoffe zu sammeln und in Vorratsbehältern nach den bekannten Kriterien zur Zwischenlagerung zu sortieren. Sind die Behälter gefüllt, so muss der Schulträger benachrichtigt werden, damit die Schadstoffe abgeholt werden können.
Zur Zwischenlagerung muss man jedoch Regeln kennen, die unbedingt einzuhalten sind. Genauere Information erhält man von der Gewerbeaufsicht, an die sich jeder Lehrer naturwissenschaftlicher Fächer im eigenen Interesse unbedingt wenden sollte (siehe Literaturliste).


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Letzte Überarbeitung: 05. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek