Autokatalyse bei der fotografischen Entwicklung

Experimente:
Versuch: Wir entwickeln ein Schwarzweiß-Foto
Versuch: Organischer Entwickler als Reduktionsmittel für Silberhalogenide; Demonstration der Autokatalyse
Versuch: Die Demonstration des latenten Bildes
Versuch: Der Nachweis des latenten Bildes


Zwei Fragen stellen aufmerksame Schüler, wenn sie den fotografischen Prozess kennenlernen (-> Versuch):

1. Warum greift der Entwickler nur diejenigen Bereiche des völlig mit Silberbromid beschichteten Bildes an, die belichtet sind?
2. Warum beginnt die Bildentstehung im Entwicklerbad erst schleichend, um sich dann lawinenartig zu beschleunigen?

Die Antwort ist in beiden Fällen: Die fotografische Entwicklung ist ein schönes Beispiel für eine Katalyse, und zwar genau genommen für eine Autokatalyse.


Zunächst einmal die einfache Katalyse
Der Katalysator besteht aus feinen Aggregaten wie Ag3 von Silberatomen, ist letztlich also metallisches Silber.
Das entsteht zunächst durch Lichtreaktion nur in den Silberbromidkristallen, die von einem Lichtquant getroffen werden. Dabei handelt es sich nur um 2 bis 3 Atome pro Lichtquant.

AgBr + hn ———> Ag + Br

Deshalb greift der Entwickler nur an den belichteten Stellen an, denn das atomare Silber aktiviert den übrigen Bromidkristall. Das liegt daran, dass das Silberatom das Kristallgitter stört und dessen Energie erhöht. Wie das genau geschieht, kann man in der Webseite "Das latente Bild" nachlesen. Das Stichwort ist Defektelektron, das wir schon in der Webseite Heterogene Redox-Katalysereaktionen kennengelernt haben. Die Rolle des Defektelektrons e+ spielt hier das Bromatom. Das zugehörige vagabundierende Elektron e- wird von einem Silber-Kation übernommen. Die Folge der Störung ist, dass sich Silber-Ionen auf Gitterzwischenplätzen tummeln. Nur diese Silber-Ionen werden durch die Entwicklersubstanz (EH2) reduziert. Denn sie haben ein höheres Redoxpotential als die brav auf ihren Gitterplätzen befindlichen Silberatome.

EH2 + 2 Ag+ ———> Eox + 2 Ag + 2 H+

Dass es diese Latentkeime wirklich gibt, kann man experimentell zeigen: Versuch und Versuch.


Zur Autokatalyse
Die Redox-Reaktion der Silber-Ionen mit dem Entwickler findet an der Grenzfläche zwischen Silberhalogenidkristall und Latentbildkeim sowie frisch gebildetem Silbermetall statt. Das so entstehende Silber scheidet sich fadenförmig ab. Es wirkt jetzt wie eine Silber/Silberbromid-Elektrode. Die ist für ihr konstantes Potential bekannt. Und das ist auch hier die Aufgabe. Das konstante Potential bei zunehmender Elektrodenoberfläche lässt die Reaktion immer schneller werden (-> Versuch). Das ist der Hintergrund für den Autokatalyse-Effekt bei der Entwicklung.

Bei einer Silber/Silberbromid-Elektrode regelt man das Potential auch über die Bromid-Konzentration. Das ist der Grund, weshalb man von vornherein Kaliumbromid zur Entwicklerlösung hinzufügt.

Wenn die Fäden zu lang werden, man also das entstehende Bild zu lange in der Entwicklerlösung belässt, wird es unscharf, es "verschleiert". Das kommt daher, dass die Silberfäden benachbarte, unbelichtete Silberbromidkristalle berühren und auch dort die Entwicklungsreaktion katalytisch einleiten.


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Letzte Überarbeitung: 03. September 2001, Dagmar Wiechoczek