Das größte Laster der Menschheit: Die Macht der Süße

Experimente
Versuch: Wann schmeckst du etwas?


Zucker macht das Leben süß! Wer weiß das nicht. Wer ist noch nie den süßen Verlockungen einer Tafel Schokolade oder einer Packung Bonbons erlegen? Auch heute noch verfallen wir dem süßen Geschmack, und seine Verlockungen sind überall. Das Süße schlägt uns in seinen Bann und ist nahezu eine Sucht. Glücklicherweise haben wir alle eine wissenschaftlich belegte Ausrede: Der Geschmack und damit auch die Vorliebe für das Süße ist angeboren und deshalb völlig natürlich. Doch warum?


Was signalisiert uns der süße Geschmack?
Wenn etwas nicht erst erlernt werden muss, sondern ohne vorherige Erfahrung, also instinktiv wahrgenommen wird, dann spricht man von einem angeborenen auslösenden Mechanismus. Dieser Mechanismus hat sich über Jahrmillionen entwickelt und ist somit ein Überbleibsel längst vergangener Zeit. Er ist dafür verantwortlich, dass wir verschiedene Geschmacksrichtungen erkennen.

Betrachten wir den Fall „Süß“ etwas genauer. Was ist denn alles süß? Honig, reife Beeren oder Früchte zum Beispiel. Süßer Geschmack und Verträglichkeit gehen also einher. Der Geschmack „Süß“ hilft also zu unterscheiden, was gegessen werden kann und was nicht. Er war ein wichtiges Mittel zum Überleben in einer bedrohlichen Umwelt. Denn besonders süße Bestandteile der Nahrung wie Fruchtzucker oder Glucose sind wichtige Energielieferanten. Energie ist damals wie heute für das Leben wichtig.

Bitter dagegen schmecken viele giftige Substanzen wie z. B. die Alkaloide.


Warum können wir Süßes schmecken?
Der Mensch besitzt auf der Zunge spezielle Geschmacksrezeptoren, die nur auf Süßes reagieren. Doch wie funktioniert das? Prinzipiell kann man nur vier verschiedene Geschmacksrichtungen wahrnehmen: Süß, Sauer, Salzig und Bitter. Geschmacksrichtungen wie Salzig und Sauer sind relativ leicht zu erklären, da es sich bei den zuständigen Ionen (Na+ für „Salzig“ und H+ für „Sauer“) um Teilchen handelt, die der Körper auch in seinen Zellen beherbergt. Na+-Ionen depolarisieren die Membran des angesprochenen Geschmacksrezeptors. Es kommt zum Einströmen der Na+-Ionen durch einen Ionen-Kanal. Hierdurch wird dann das Signal „Salzig“ ausgelöst.

Die Wahrnehmung „Sauer“ wird durch H+-Ionen gesteuert. Diesmal blockieren diese Ionen bestimmte Kanäle, so auch die der Na+-Ionen, und lösen dadurch die Geschmacksempfindung „Sauer“ aus.

Die Wahrnehmung von „Süß“ und „Bitter“ ist komplizierter, da hierbei regelrechte Signalkaskaden eine Rolle spielen. Ausgelöst werden sie durch spezifische Rezeptoren, die wie Schlüssel/Schloss funktionieren sollten. Genau verstanden hat man das Ganze aber noch lange nicht. Bei diesen beiden Geschmacksrichtungen ist besonders interessant, dass verschiedene Stoffe den gleichen Geschmack hervorrufen können, obwohl es jeweils nur einen Rezeptortyp für „Süß“ und einen für „Bitter“ gibt. Der jeweilige Rezeptor erkennt also eine bestimmte molekulare Oberflächenstruktur und nicht das ganze Molekül. Was aber haben die Moleküle von Bleiacetat (Bleizucker) und Fructose gemeinsam, so dass sie beide das Signal „Süß schmecken“ auslösen? Und was ist mit der technischen Süße völlig unterschiedlich gebauter Verbindungen?
Hinzu kommt, dass auch ähnlich gebaute Verbindungen wie Glucose, Mannose oder Galactose völlig unterschiedliche Süße zeigen. Fructose schmeckt ncoh viel süßer als Glucose.

(Als fünfter, "offizieller" Sinn ist im Jahre 2000 der Umami-Geschmackssinn hinzugekommen. Er spricht auf Glutamat an. Das ist eine bekannte Zutat zu japanischen sowie chinesischen Saucen. Ihm wurde bislang ausschließlich eine Rolle als Geschmacksverstärker zugewiesen. Mittlerweile hat man Rezeptoren für Glutamat auf der Zunge entdeckt. Vergleiche Frage 1314.


Noch ein Hinweis
Vielfach wird von Geschmack gesprochen, wenn wir den Geruch meinen. Vanille ist vom Geschmack her völlig neutral. Aber es ist der Inbegriff der Geruchsnote „Süß“.

Zum Geruch gilt das Gleiche wie zum Geschmack Gesagte: Die Duftstoffe besetzen Rezeptoren, die den Erhalt eines Kontakts mit einem Nervenimpuls „quittieren“. Auch hier ist die Frage offen, warum völlig unterschiedlich gebaute Verbindungen ähnlich duften. Zum Geruch „Mandelartig“ haben wir eine Webseite.


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Letzte Überarbeitung: 15. Mai 2007, Dagmar Wiechoczek