Wir züchten Kristalle!

Bild 1: Links selbstgezüchtete Alaunkristalle, rechts selbstgezüchtete Kupfersulfatkristalle
(Fotos: Daggi)


Experimente:
Versuchsgruppe: Züchten schöner Kristalle

Bild 2: Kupfersulfat-Impfkristalle
(Foto: Daggi)


Seit über hundert Jahren haben sich Wissenschaftler um die künstliche Erzeugung von Kristallen bemüht. In jüngster Zeit hat eine Reihe von Kunstkristallen für die moderne Technologie an Bedeutung gewonnen. Heute finden sie sich in fast jedem elektronischen oder optischen Gerät. Beispiele sind Quarz oder Rubin.
Auch für dich ist es gar nicht schwer, Kristalle selbst herzustellen, du kannst sogar schon zu Hause die ersten Vorversuche durchführen.
Das Chemielabor in deiner Schule bietet dir aufgrund seiner Ausstattung noch viel bessere Möglichkeiten, Kristalle selbst zu züchten. Dazu musst du nur etwas Zeit und Geduld aufbringen.


Impfkristalle
Aus Salzlösungen bilden sich beim Eindunsten des Lösemittels an allen Stellen des Gefäßes Kristalle, die allerdings alle sehr klein und teilweise sehr verwachsen sind. Um größere zu ziehen, ist es besser, einen Kristallkeim vorzugeben, an dem die Kristallisation voranschreiten kann. Manchmal wird die Kristallisation erst durch ihre Zugabe eingeleitet. Diese Kristalle nennen wir Impfkristalle.
Zum Züchten von großen Einzelkristallen muss man deshalb zunächst Impfkristalle herstellen (-> Versuch). Diese müssen außerdem so groß sein, dass man sie an einem dünnen Faden befestigen kann, um sie in die Lösung, aus der sich die Kristalle bilden sollen, hängen zu können.
Impfkristalle kann man einmal durch Eindunsten von Lösungen erhalten. Vorteilhaft ist oft aber auch, einfach einen Wollfaden in die Lösung zu hängen. Dann scheiden sich daran hübsche Kristalle ab. Ab und zu werden die kleinen Kristalle entfernt, oder man sortiert die größten aus und legt sie in frisch, allerdings diesmal unbedingt gesättigte Lösung. Ist die Lösung nicht gesättigt, so lösen sich die großen Kristalle nämlich auf!

Bild 3: Alaunkristall in Zuchtlösung
(Foto: Daggi)


Züchten schöner Einzelkristalle
Die Impfkristalle werden an einen Faden gebunden (das erfordert Fingerfertigkeit!). Diesen befestigt man an einem Holzstäbchen und hängt den Kristall in ein Glas, das mit gesättigter Lösung gefüllt ist. Dann muss man dafür sorgen, dass die Lösung ruhig steht und dass gleichzeitig die Konzentration der Lösung zunimmt. Das geschieht entweder durch Verdampfen des Lösemittels (Eindunsten) oder durch Abkühlen, denn die Sättigung einer Lösung nimmt mit der Temperatur zu. Außerdem muss aus letzterem Grunde die Temperatur konstant bleiben, denn ein Kristall wächst bei Abkühlen der Lösung und löst sich beim Erwärmen der Lösung, in der er hängt, wieder auf. Der einzige Raum, der all dies gewährleistet, ist der Kühlschrank!
Nicht vergessen: Das Glas beschriften, vor allem, wenn man es in den Kühlschrank zusammen mit Lebensmitteln stellt.

Bild 4: Unsere Kristallzucht-Anlage
(Foto: Daggi)


Der Hauptfehler, der gemacht wird, ist, dass die Lösungen nicht gesättigt sind. Man erkennt dann an den Schlieren, die vom Kristall herunterströmen, dass er sich auflöst. Schlieren sind Bereiche der Flüssigkeit, in denen die Konzentration des gelösten Stoffs kleiner oder größer ist als in der restlichen Lösung. Da wachsende Kristalle von unten her angeströmt werden, kann man ihre Schlieren, die hier auf Verdünnung der Lösung beruhen, oberhalb des Kristalls erkennen. Deshalb: Gesättigte Lösungen nicht einfach nach Rezept herstellen, sondern besser einige Tage über dem ungelösten Bodensatz stehen lassen und immer wieder umrühren.
Gesättigte Lösungen, in die der Impfkristall gehängt wird, müssen filtriert werden, um das Wachstum konkurrierende Kristallkeime fernzuhalten.

In gesättigten Lösungen schlägt sich gerade nur soviel auf dem Kristall nieder wie sich löst. Wir haben es hier mit einem "dynamischen Gleichgewicht" zwischen Kristall und Lösung zu tun. Kristalle wachsen folglich nur in übersättigten Lösungen. Zur Gewährleistung einer ständig übersättigten Lösung gibt es dementsprechend zwei Verfahren, Einzelkristalle zu züchten.


1 Eindunstungsmethode (-> Versuch)
Hier lässt man das Lösemittel langsam abdunsten.


2 Unterkühlungsmethode (-> Versuch)
Man stellt eine heißgesättigte Lösung her, in die der Kristall gehängt wird.

Bei der Unterkühlungsmethode wachsen die Kristalle sehr schnell; dabei schließen sie Gasbläschen ein. Sie sind deshalb nicht wasserklar, sondern milchig trüb. Bei zu hoher Übersättigung beobachtet man oft auch Skelettwachstum, d. h. der Kristall wächst bevorzugt an den Kanten. Deshalb sollte bei der Unterkühlungsmethode die Starttemperatur nicht mehr als 3 - 5 °C über der Raumtemperatur liegen. Besser ist es deshalb vor allem bei farblosen Salzen wie dem Aluminiumalaun oder Kochsalz, nach der Verdunstungsmethode vorzugehen.

Den wachsenden Kristall sollte man ab und zu herausnehmen und von Verwachsungen befreien. Dazu bedient man sich einer Nadel oder eines Messers. Auch sollte man die gesättigte Lösung ab und zu auffüllen und auch öfter einmal filtrieren! Deshalb muss man stets über einen Vorrat von gleichtemperierter gesättigter Lösung verfügen.

Die folgende Tabelle vermittelt einen Eindruck, wie viel Salz man für eine kalt gesättigte Lösung mindestens benötigt. Das sind allesamt Literaturwerte. Erfahrungsgemäß müsst ihr noch einen Spatel voll dazu tun. Und heiß gesättigte Lösungen erfordern oftmals viel mehr Substanz!

Substanz g/l Kristallsystem
Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat 316 triklin
Magnesiumsulfat-Heptahydrat 710 rhombisch
Mangan(II)-sulfat-Heptahydrat 1720 monoklin
Nickel(II)-sulfat-Hexahydrat 625 tetragonal
Natriumchlorid
(Falls kein reines Natriumchlorid in der Sammlung vorhanden ist:
Kein Speisesalz nehmen, sondern Spülmaschinen-Regeneriersalz!)
360 kubisch
Kaliumhexacyanoferrat(III) 360 monoklin
Seignettesalz 660 rhombisch
Kaliumaluminiumalaun 114 kubisch
Kaliumchromalaun 244 kubisch


Ausnahme Alaun
Alaun-Oktaeder aus Impfkristallen wachsen zu lassen gelingt nur selten. Denn die am Boden gewachsenen Impfkristalle sind flach und entwickeln sich erfahrungsgemäß nicht mehr zu Oktaedern. Nur mit einem seltenen Impfkristall, der quadratisch aussieht, lässt sich ein schönes Oktaeder züchten.

Garantie für die Bildung schöner oktaedrischer Alaun-Kristalle gibt es aber, wenn man einen nicht zu dünnen Baumwoll- oder Wollfaden in Lösung hängt. Es bildet sich nach einigen Tagen eine Gruppe von Kristallen (unten dicke, oben kleinere). Man muss nun überschüssige Kristalle abpulen und den dicksten bzw. schönsten dran lassen. Dann geht man vor wie bei der Verdunstungsmethode.


Last but not least
Wie spült man die fertigen Kristalle ab? Hierzu darf man natürlich kein destilliertes Wasser nehmen. Besser geht es mit Ethanol oder Brennspiritus. Das darf man aber nicht mit Rotem Blutlaugensalz (Kaliumhexacyanoferrat(III)) machen, da dieses mit dem Ethanol reagiert.

Bild 5: Rotes Blutlaugensalz
(Foto: Daggi)


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Letzte Überarbeitung: 29. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek