Prof. Blumes Tipp des Monats August 2003 (Tipp-Nr. 74)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Wie funktioniert eigentlich ein Kühlschrank?
Ein Tipp für heiße Tage

Die Sonne steht hoch, auch nachts ist es heiß und man lechzt nach kühlen Getränken. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war nachhaltige Kühlung in der Sommerhitze ein schwieriges Unterfangen. Früher war man auf das Eis des Winters angewiesen. Das wurde in extra dafür eingerichteten tiefgelegenen Eiskellern, abgedeckt mit Stroh aufbewahrt. Tiefere Temperaturen konnte man nur durch das Mischen von Eis und Salz erhalten ("Kältemischungen"; darüber berichten wir in einem anderen Tipp des Monats). Bis in die Fünfziger Jahre bekamen wir zu Hause für unsere Kühltruhen dicke Eisstangen von einer Brauerei geliefert. Beim Bierbrauen muss man nämlich den Gärbottich kühlen, damit die Hefe so richtig ihr Aroma entwickeln kann. Und deshalb verfügten Brauereien schon frühzeitig über Kältemaschinen, bei deren Betrieb nebenher auch Eis anfiel, das dann an Kneipen und auch Privatkunden teuer verkauft wurde. Das wurde in eine mehr schlecht als recht isolierte Eiskiste gepackt, zusammen mit Butter, Sahne und anderen empfindlichen Lebensmitteln. Und eines Tages stand endlich auch ein Kühlschrank in unserem Haus. Das war allerdings zu dieser Zeit noch ein recht großes Möbelstück!

Heute ist ein Kühlschrank Allgemeingut und dazu viel handlicher geworden. Der Hang zum Zweit- und Drittkühlschrank ist unübersehbar. Aber - viele wissen gar nicht, wie so eine Maschine funktioniert. Zum Beispiel: Transportiert sie nun Kälte nach innen oder Wärme nach außen? (Letzteres ist richtig.)

Bild 1 (Foto: Blume)


Ein Kühlschrank beruht auf einem einfachen Prinzip: Wenn Flüssigkeiten verdampfen, nehmen sie Wärme auf. Wenn sie kondensieren, geben sie diese Wärme wieder ab.

Versuch: Kühlung durch Verdunsten
Auf die Haut gibt man etwas Wasser, Alkohol (F), Reinigungsbenzin (F) sowie eine andere leicht verdampfende Flüssigkeit wie Dichlormethan (Xn) oder (Diethyl-)Ether (F+). Durch Pusten können wir die Abkühlung beschleunigen.

Wir stellen fest: Während die Flüssigkeit verdunstet, wird die Hautstelle deutlich kühler. So ähnlich funktionieren auch die Kühlmittel im Kühlschrank. Je schneller die Flüssigkeit verdunstet, desto kühler wird die Haut. So ähnlich funktionieren auch die Kühlmittel im Kühlschrank.


Wie ein Kühlschrank funktioniert
Man füllt das niedrigsiedende, flüssige Kühlmittel in ein geschlossenes Rohrsystem (Wärmeaustauscher-Röhren) mit einer Umwälzpumpe. Die Rohre liegen innen und außerhalb des Kühlschranks und ermöglichen einen Kreislauf, in dem das Kühlmittel (Wärmeaustauscher) herum gepumpt werden kann. Die Rohre sind aus besonders gut wärmeleitfähigem Material gemacht, also aus Metallen wie Kupfer oder Aluminium. Für die niedrigsiedende Flüssigkeit ist das Kühlschrank-Innere bei 4 °C noch ein warmer Raum. Sie verdampft. Wenn man genau hinhört, kann man die entstehenden Gasblasen gluckern hören. Ist die Flüssigkeit verdampft, wenn sie also nicht mehr kühlt und der Raum durch Undichtigkeiten wieder wärmer wird, wird mit Hilfe eines Thermostaten (ein durch die Temperatur gesteuerter Ein- und Ausschalter) die Umwälzpumpe angestellt. (Auch die kann man ab und zu laufen hören. Wenn die Pumpe ein- und ausschaltet, wackelt der Kühlschrank manchmal.) Die Pumpe zieht den Kühlmitteldampf durch die Rohre aus dem Kühlschrank-Inneren heraus und komprimiert ihn zugleich. Dabei wird die Verdampfungswärme wieder freigesetzt. Um sie rascher abzugeben, leitet man die noch recht warme Flüssigkeit durch Kühlrippen, die man hinter dem Kühlschrank sehen kann. (Deshalb sind die Kühlrippen immer so warm!) Die abgekühlte Flüssigkeit wird dann wieder über die Rohre in das Schrank-Innere hineingeleitet. Mit Hilfe eines Drosselventils wird der durch die Pumpe erzeugte Druck wieder reduziert. Damit kann die Kühlflüssigkeit unter Wärmeaufnahme wieder leicht verdampfen. Da der Druck geringer ist als der Luftdruck, verdampft sie auch schon bei höheren Temperaturen als bei den "klassischen" Siedepunkten, die man in Tabellen aufgelistet findet.

Wir sehen: Wärme wird aus dem Kühlschrank heraus, nicht jedoch die Kälte hinein transportiert. Anders gesagt: Kälte ist nicht vergleichbar mit Wärme. Kälte ist die Abwesenheit von Wärme.

Bei Kühlgroßanlagen der Industrie wird so viel Wärme produziert, dass man damit sogar Räume heizen kann!

Bild 2: Kühlrippen eines Kühlschranks
(Foto: Blume)


Der Kühleffekt ist umso besser, je niedriger der Siedepunkt der Flüssigkeit ist
Desto tiefer kann man auch kühlen. Kühltruhen im Haushalt schaffen heute locker unter -30 °C.
Erinnern wir uns an den Versuch: Wasser (Sdp. 100 °C) zum Beispiel zeigt keinen starken Auskühlungseffekt; man muss schon pusten, um Kühlung zu spüren. (Darauf beruhen unser Schwitzen und die Kühlung im leichten Wind.) Wasser wäre kein besonders geeignetes Kühlmittel für Kühlschränke. Alkohol (Sdp. 78,5 °C) wirkt schon besser, ebenso Reinigungsbenzin (Sdp. 69 °C). Am effektivsten erweisen sich bei unserem Versuch Dichlormethan (Sdp. 40 °C) und Ether, der bei 34,5 °C siedet. Besonders niedrigsiedende halogenierte Kohlenwasserstoffe nimmt der Chirurg bei kleinen Eingriffen sogar zum Vereisen der Haut. Man kann sie in der Apotheke auch als Kältesprays für Sportverletzungen kaufen.
Für den Kühlschrankbetrieb liegen die Siedepunkte unserer Substanzen allerdings noch zu hoch. Deshalb hat man sich lange Zeit zunächst des verflüssigten Ammoniaks bedient; dessen Siedepunkt liegt bei -33,4 °C. Jedoch erwies sich das stark ätzende Ammoniak als zu gefährlich, so dass es beim Manipulieren am Kühlschrank zu schweren Unfällen kam. Man suchte deshalb nach ungefährlichen Alternativen.

Es gibt nun glücklicherweise noch viele andere niedrigsiedende Stoffe, die man verflüssigen und als Kühlmittel nutzen kann. Da sind zum Beispiel die Frigene. (Der Name allein klingt schon nach Kälte. Er kommt aus dem Englischen: frigid, kalt.) Ihre Siedepunkte liegen je nach Zusammensetzung sehr tief: Frigen 11 (CCl3F; Sdp. 24,9 °C) und Frigen 12 (CCl2F2; Sdp. -30 °C). Frigene waren anfänglich geschätzt, wenn man einmal von den anfänglichen Dichtungsproblemen absieht, da es sich um hervorragende Lösemittel handelt. Frigene sind chemisch völlig inert, also reaktionsträge wie Edelgase.

Nach der Erkenntnis aber, dass Frigene wie auch die anderen FCKW die Ozonschicht nachhaltig zerstören können, ersetzte man sie zunächst durch die Kohlenwasserstoffe Butan (Sdp. -0,5 °C) und Propan (Sdp. -42,2 °C). Die haben jedoch den Nachteil, dass sie brennbar sind und bei Beschädigungen (etwa beim gewalttätigen Enteisen des Kühlschrank-Inneren) freigesetzt werden. Das hat häufiger zum explosiven Ausräumen der Küche geführt. Man greift deshalb heute wieder mehr auf das bewährte, wenn auch immer noch ätzende Ammoniak zurück. Durch verbesserte Enteisungstechnik versucht man jedoch, die Gefährdung beim Manipulieren einzuschränken. Das betrifft auch die Reduzierung der Flüssigkeitsmenge.


Nach dem Prinzip des Kühlschranks arbeiten auch andere Geräte
Da sind zunächst die Wärmepumpen zu nennen. Sie entziehen Boden, Grundwasser oder Hausabwässern die Wärme. So werden die Wärmeaustauscherröhren statt ins Kühlschrank-Innere horizontal im Garten oder vertikal in den Boden (bis 150 m tief!) verlegt. Dabei kühlen manche schwere Böden sogar so aus, dass der Boden feucht wird und sich Moose ausbreiten.
Aber auch Solaranlagen zur Warmwasserbereitung (-> Bild) arbeiten nach dem Prinzip des Wärmeaustauschs in Wärmepumpen. Sie machen aus durch Sonnenstrahlung erwärmtem Wasser Heißwasser für Dusche und Haushalt.
Weiter nutzen Heizkraftwerke die Wärmeaustauscher-Technologie. Meistens ist es Wasser, das in hochgespannten, d. h. unter hohen Druck stehenden Dampf verwandelt wird, der - über 500 °C heiß - Turbinen antreibt. In Atomkraftwerken nimmt man zum Primäraustausch flüssiges Natriummetall, das seine Wärme in einem Sekundärkreislauf an Wasser "weiterreicht". Auch Hochtemperatur-Brennstoffzellen arbeiten nach diesem Prinzip: Der Wärmeanteil ihrer bei der "feuerfreien Verbrennung" freigesetzten Gesamtenergie wird über Wärmeaustauscher-Systeme in nutzbare Energie (zum Beispiel zum Heizen von Wohnungen) umgewandelt. Dadurch wird der Wirkungsgrad der Brennstoffzellen deutlich gesteigert.

Bild 3: Solaranlagen zur Warmwasserbereitung in der Türkei
(Foto: Blume)


Zum Schluss eine oft gestellte Frage
Wenn man einen Raum nachhaltig kühlen will, nutzt es dann, den Kühlschrank aufzumachen und einige Stunden lang laufen zu lassen?
Diese Frage bewegt Leute ernstlich. Die Antwort lautet natürlich "nein". Denn die Wärme bleibt ja im Zimmer. Hinzu kommt, dass es im Raum durch den Betrieb des Kühlschranks sogar noch wärmer wird! Der Grund ist, dass zur Kühlung die Pumpen Volumenarbeit leisten müssen und dass dazu elektrische Energie zugeführt werden muss. Nun wird nicht etwa alle elektrische Energie in Volumenarbeit umgewandelt, sondern es gibt Verluste durch den elektrischen Widerstand, mechanische Reibungsverluste und so weiter, die sich allesamt als zusätzliche Erwärmung der Kühlschrankrückseite bemerkbar machen. Deshalb wird es im Raum statt kälter deutlich wärmer! Technisch formuliert: Der Wirkungsgrad der Kühlschränke ist nicht besonders hoch. Aus diesem Grund sollte man die Kühlschranktüren auch nicht allzu lange offenstehen lassen. Das geht echt ins Geld.


Rüdiger Blume


Weitere Tipps des Monats


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 14. August 2008, Dagmar Wiechoczek