Terpene machen die Eibe giftig

Die Eibe (Taxus baccata) ist eigentlich ein urdeutscher Nadelbaum. Früher gab es ganze Eibenwälder. So soll die Lüneburger Heide zur Tertiärzeit ein Eibenwald gewesen sein, bis dieser dann von Buchen überwuchert wurde. Letztere und letzte Eibenreste wurden zur Holzkohleproduktion oder als Brennholz zum Salzsieden abgeholzt, wodurch das heidetypische Ödland entstand. Heute ist die Eibe eher eine Parkpflanze und wenn man so will, die typische Friedhofstanne. Letzteres ist sogar logisch, denn die Eibe ist tödlich giftig.

Bild 1: Eibensamen
(Foto: Blume)


An ihr ist fast alles giftig - bis auf die roten Samenmäntel. Glücklicherweise ist auch der im Frühjahr reichlich ausgeteilte Pollenstaub (abgesehen vom allergenen Potential) toxikologisch unbedenklich.

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Bild 2: Pollen der Eibe
(Foto: Blume)


Bei den Giftstoffen der Eibe handelt es sich um ein Sammelsurium von fast 100 Substanzen (als Rohextrakt-Mischung Taxin genannt). Es sind vor allem Derivate von tricyclischen Diterpenen, also C20-Verbindungen. Man nennt ihren Grundkörper Taxane. Polyhydroxylierte Taxane heißen Taxicine.


Einige der Taxicine sind über ihre Hydroxylgruppen verestert. Die gebundenen Säuren können Aminogruppen tragen, die basisch reagieren. Man zählte die Taxane deshalb zu den Alkaloiden.

Bei den Estern von Taxicin handelt es sich um eine Gruppe von herzaktiven Verbindungen, die Taxine. Sie sind die eigentlichen Giftstoffe der Eibe.

Einige ihrer Derivate wie das strukturell kompliziert gebaute Taxol sind Zytostatika, da sie die Zellteilung hemmen. Aus diesem Grunde werden sie zur Krebsbekämpfung eingesetzt. Leider gehört die Eibe zu den geschützten Bäumen. Firmen, die Eibenextrakte herstellen, holen deshalb nach Benachrichtigung Hecken- und Baumschnitt ab und zahlen sogar dafür.


Toxikologie der Eibe
Die Giftstoffe greifen eigentlich alle Organe an, wobei das Krankheitsbild zunächst an eine Schädigung des Zentralnervensystems denken lässt: Anfänglich beobachtet man die Beschleunigung des Pulses und der Atmung, dann Verlangsamung von Herztätigkeit und Atmung bis zu Herzstillstand und zur Atemlähmung. Alles geht einher mit anfänglichen Leibschmerzen, Erbrechen und Durchfall sowie Schwindel und Kreislaufschwäche bis zur Bewusstlosigkeit. Schon die Einnahme eines Tees von wenigen 10 g Eibennadeln reicht aus, um die Symptome hervorzurufen. Im Falle einer Heilung bleibt auf jeden Fall ein Leberschaden zurück.

Bemerkenswert ist, dass auch Pflanzen fressende Haustiere vergiftet werden, so z. B. Pferde, aber auch Kaninchen. Die letale Dosis liegt beim Pferd im Bereich von 0,2-0,4 Gramm / kg Lebengewicht, beim Menschen beträgt diese Dosis 0,6-1,3 Gramm. Beim Kaninchen wird der Wert allerdings mit 0,7 Milligramm / kg Lebengewicht angegeben.

Deshalb also Vorsicht walten lassen beim Heckenschneiden! Manche warnen sogar davor, in der Sonnenhitze unter einer Eibe Schatten zu suchen.


Insektenabwehr
Erstaunlich ist der extrem hohe Gehalt der Eiben an Ecdysonen, also Häutungshormonen von Insekten. Das sind Verbindungen, die sich herleiten lassen vom Cholesterin, das letztlich auch ein Terpenderivat ist. Über den „Sinn“ des Ecdysongehalts rätselt man. Man denkt an eine Schutzfunktion, denn durch die Aufnahme des Hormons ist eine Schwächung der angreifenden Insekten denkbar.


Insgesamt ist die Eibe ein wahrhaft wehrhafter Baum, vor dem man sich in Acht nehmen sollte!


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Letzte Überarbeitung: 09. April 2015, Dagmar Wiechoczek