Wie Melamin in die Milch gelangt

In den Medien wird aus China von Milchfälschung und dadurch schwer erkrankten Kindern berichtet. Was hat es mit dem Melamin auf sich? Weshalb wird es der Milch zugefügt?

Melamin ist eine Chemikalie, die mit Milch eigentlich nichts, aber auch gar nichts zu tun hat oder besser haben sollte... Sie wird normalerweise zusammen mit Formaldehyd zur Herstellung von Kunststoffen (Melaminharz) genutzt, die den Vorteil haben, dass sie hitzebeständig und sogar feuerfest sind. Man kennt sie von den Zahnputzbechern, aber auch von den elektrischen Isolierungen. Sie gelten als Duroplaste.

Melamin ist aber letztlich auch von der Biochemie her interessant, denn es wird durch Kondensation von Harnstoff hergestellt. Und das führt uns auf die Spur. Denn Melamin ist das Trimere von Harnstoff. Man kann es auch als das Amid der Cyanursäure auffassen.

Betrachten Sie die Struktur des Moleküls von Melamin. Es fällt dessen Stickstoffreichtum auf.


Damit lässt sich trefflich fälschen. Um nämlich den Proteingehalt von Lebensmitteln zu bestimmen, kann man zum Beispiel den Stickstoffgehalt des Lebensmittels ermitteln. Der Stickstoffgehalt von Proteinen beträgt durchschnittlich 16,5 %. Das ist zwar eine grobe Analyse, aber sie gibt erste Hinweise. Mit Melamin frischt man diesen Wert kräftig auf. Denn dessen Stickstoffgehalt beträgt zwei Drittel oder 66,7 %!

Dummerweise wird diese Substanz zwar durch den Darm resorbiert, aber im Körper nicht abgebaut. Sie landet in der Niere. Dort reagiert sie mit anderen Harninhaltsstoffen, wie zum Beispiel mit der als Bestandteil von Desinfektionsmitteln genutzten Cyanursäure oder mit (Iso)Cyanursäurechloriden. Mit denen bildet sie schwerlösliche Verbindungen (Molekülkomplexe), die zu Nieren- und Blasensteinen führen.

Außerdem ist Melamin eine (wenn auch schwache) Base, die mit Säuren schwerlösliche Salze bildet. Auch das führt zu Nierensteinen.

Das Problem der „Proteinstreckung“ ist nicht nur von der Babyernährung her bekannt, sondern schon länger auch aus der Herstellung von Tiernahrung.

Selbst das als Backmittel genutzte Hirschhornsalz (Ammoniumcarbonat) frischt man damit auf.


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Letzte Überarbeitung: 16. April 2012, Dagmar Wiechoczek