Ein besonderer Stoff: Urotropin

Experimente:
Versuch: Formaldehyd addiert Ammoniak
Versuch: Synthese von Urotropin


Viele Verbindungen, die in der Medizin eingesetzt werden, wirken erst über ihre Sekundärstoffe, die sie im Körper bilden.

Urotropin, oder auch zungenbrecherisch Hexamethylentetramin genannt, ist eine dieser Verbindungen. Dabei handelt es sich um ein weißes, kristallines Pulver, welches einen ausgeprägten fischigen Geruch nach Aminen besitzt. Die Strukturformel von Urotropin gilt unter Chemikern als besonders schön.

In der nächsten Abbildung sehen Sie räumliche Darstellungen dieser Struktur. Sie gehört zum kubischen System. Man kann die vier N-Atome so verbinden, dass ein gleichseitiges Tetraeder entsteht. Damit lässt sich die Struktur sogar in einen Würfel einfügen.

  CVK-Modell von Urotropin.
Die H-Atome sind aus Übersichtsgründen nicht berücksichtigt worden
(Foto: Blume)


Entsprechend kompakt sehen die Kalottenmodelle des Urotropins aus. Dazu haben wir eine Webseite.


Die simple Synthese einer komplizierten Verbindung
Man erhält Urotropin, indem man Lösungen von Formaldehyd mit Ammoniak umsetzt. Die Synthese läuft spontan und sehr rasch ab (-> Versuch).

Bei dieser Reaktion handelt es sich um das Ergebnis einer typischen Additionsreaktion von Stickstoffbasen an das Carbonyl-C-Atom. Es bildet sich allerdings nur übergangsweise eine Schiffsche-Base. Diese Verbindung reagiert unter Wasserabspaltung zum Urotropin weiter. Letztlich liegt eine Kondensationsreaktion vor.

Unter Säureeinwirkung ist diese Reaktion vollständig reversibel; die Edukte bilden sich zurück. Damit hat man mit dem Urotropin eine gut händelbare Speichersubstanz für Formaldehyd und für Ammoniak.


Urotropin - wozu soll das nützlich sein?
In der Medizin wird es hauptsächlich gegen bakterielle Erkrankungen des Harnwegs eingesetzt (daher sein Name!). Interessant ist, dass Urotropin an sich überhaupt keine antiseptische Wirkung besitzt, sondern erst in saurem Medium langsam Formaldehyd freisetzt. Der Formaldehyd wirkt schließlich desinfizierend.

Allerdings ist der Einsatz von Urotropin nicht auf den medizinischen Bereich beschränkt. Sein Einsatzgebiet ist überaus vielseitig. Hier einige Beispiele:

- Urotropin ist brennbar. Deshalb dient es als Trockenbrennstoff. Die gepressten Tabletten sind wohl jedem unter der Bezeichnung Esbit ("Trockenspiritus") geläufig. Die Erinnerung an seinen stechenden Geruch dürfte jedem Camper noch in der Nase hängen. Aber auch die häusliche Mini-Dampfmaschine, mit der wir früher spielten, wurde mit Esbit geheizt.
- Seine antiseptische Wirkung kann er auch als Konservierungsmittel für Meeresfrüchte ausspielen. Da ist der leicht fischige Geruch nicht weiter störend... Den kann man ja wieder mit einem Scheibchen Zitrone niederkämpfen.
- Die Substanz benutzte man früher gern in der anorganischen Analyse und benannte nach ihm sogar eine Gruppe, die Urotropin-Gruppe. Das ist eine Gruppe von Metallen wie Ni, Co, Mn, Zn, Fe, Al, Be und Cr, die allesamt im durch Ammoniak schwach alkalisch gepufferten pH-Bereich schwerlösliche Hydroxide bilden.


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Letzte Überarbeitung: 05. Februar 2014, Dagmar Wiechoczek