Prof. Blumes Tipp des Monats Januar 1998 (Tipp-Nr. 7)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Warum riecht eine brennende Kerze nach Chlor?

Zur Adventszeit hat der Autor in seinem Zimmer bei der Arbeit am Computer eine schöne bunte Kerze brennen. Sein Sohn kommt ins Zimmer und sagt: "Hier riecht es aber nach Chlor!"

Woran denkt ein Chemiker beim Stichwort "Chlorgeruch"? Chlorartig riechen nicht nur die Halogene, sondern auch das Ozon und vor allem die Stickoxide. Was also kann der Geruchstoff sein? Wie kann er entstanden sein?

Halogene können wir ausschließen. Wo sollten die auch herkommen?

Stickoxide entstehen bei Verbrennungsvorgängen an der Luft, also auch beim Abbrennen von Adventskerzen [1] (siehe auch unsere Webseite zum Thema Abgase).

Ozon kann durch die Hochspannung beim Betreiben des Bildschirms entstehen. Aber da es ohne Kerze nicht nach Ozon riecht, kann das der Grund nicht sein. Um den Geruch kennenzulernen, stellen wir Ozon durch Elektrolyse von verdünnter Schwefelsäure mit Hilfe eines Hofmannschen Wasserzersetzungsapparats her [2] (siehe Experiment V 1 auf unserer Webseite zum Ozon).

Führen wir nun einige Nachweise durch.

Ozon erkennen wir durch Reaktion mit Kaliumiodid, das in schwach alkalischer Lösung zu Iod oxidiert wird. Dazu gibt es auch Indikatorpapiere wie den Biocheck® von Dräger, die man sich aber auch selbst herstellen kann (siehe Experiment V 10 auf unserer Webseite zum Ozon). Natürlich kannst du auch die Nachweisröhrchen von Dräger oder anderen Firmen verwenden.

Die Stickoxide bilden mit Wasser Nitrit-Ionen. Diese weisen wir qualitativ und halbquantitativ nach (siehe Versuch 2), indem wir aus farblosen Ausgangsstoffen unter deren Einwirkung einen roten Farbstoff herstellen. Etwas genauer gelingt der Vergleich mit dem Nitrit-Test von Aquamerck®. Hier entsteht ein gelber Farbstoff; den Versuch werten wir kolorimetrisch (d. h. durch Vergleich der Farbtiefen) aus.

Versuch: Nachweis von Stickoxiden in Kerzenflammen

Schülerversuch; 1 Stunde.

Geräte und Material
2 Waschflaschen, 1 Trichter (Durchmesser ca. 12 cm), Siliconschlauch, Wasserstrahlpumpe, Bechergläser (50 ml), Tropfpipetten.
Kerze aus farblosem Paraffin, dazu durchgefärbte Kerze.

Chemikalien
Sulfanilsäure (Xn), N-(1-Naphthyl)-ethylendiamin-hydrochlorid (Xi), Eisessig (C).
Falls gewünscht: Nachweis Aquamerck für Nitrit 0,025-0,5 mg/l (Bestell-Nummer 1.08025.0001).

Durchführung
1. Herstellung des Nachweisreagenz für Stickoxide und Nitrit (Saltzmans Reagenz):
Löse nacheinander in 100 ml dest. Wasser:
0,5 g Sulfanilsäure,
0,005 g N-(1-Naphthyl)-ethylendiamin-hydrochlorid,
5 ml Eisessig.
2. Entzünde zunächst die farblose Kerze und lasse sie etwas brennen, um eine gleichmäßige Flamme zu erhalten. Stelle sie unter den Glastrichter, dessen Abgase du langsam mit Hilfe der Wasserstrahlpumpe durch 100 ml dest. Wasser in der Waschflasche saugst.
Wiederhole das Ganze mit der durchgefärbten Kerze.
Nun verdünnst du beide Lösungen 1:10. Zu jeweils 10 ml der beiden Lösungen gibst du 1 ml von Saltzmans Reagenz und vermische gut. Stelle die Gefäße auf eine weiße, gut beleuchtete Unterlage. Nach kurzer Zeit beobachtest du in beiden Reagenzgläsern die Bildung einer roten Färbung. Beim Abgas der farbigen Kerze ist diese deutlich intensiver als bei dem der farblosen Kerze.

Ergebnis
Der Nitrit-Test zeigt, dass die Abgase der durchgefärbten Kerze etwa doppelt soviel Stickoxide enthalten als die der farblosen Kerze.
Das stimmt auch mit der Beobachtung überein, dass die weiße Kerze viel weniger geruchsintensiv war als die durchgefärbte.

Diskussion
Stickoxide entstehen durch zwei Reaktionen:
a) zwischen den Elementen aus der Luft,
b) aus Bestandteilen des Brennmaterials, das gebundenen Stickstoff enthalten kann.

Gerade Farbstoffe (wie auch der Farbstoff beim Nachweis mit Saltzmans-Reagenz) enthalten sehr oft organisch gebundenen Stickstoff, der besonders leicht zu Stickoxiden oxidiert werden kann. Die weiße Kerze dokumentiert sozusagen die Grundverseuchung, die farbige Kerze zeigt den Anteil, den der bunte "Schnick-Schnack" mit sich bringt.

Ich hoffe, dass Ihr Euch die schöne Kerzenstimmung nicht werdet nehmen lassen. Aber gelernt habt ihr wie auch ich, dass man bei Kerzenschein öfter mal lüften sollte...

Hintergründe zum Experiment


Rüdiger Blume


Weitere Tipps des Monats


Literatur
[1] E. Wiederholt, H. Hartkamp, K. Gutsche: Demonstrationsversuch zum Nachweis von Stickoxiden in Luft und Abgasen. Chemie für Labor und Betrieb 36 (1985), 338-342.

E. Wiederholt: Untersuchung der Luftzusammensetzung im Unterricht, schulischer Nachweis von Stickstoffdioxid in Luft und Abgasen.
in: R. Demuth (Hrsg.): Chemie und Umweltbelastung. Lehrerband. Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt 1993.

[2] R. Blume, A. Hildebrand und U. Hilgers: Umweltchemie im Unterricht. Ein praktischer Leitfaden; Cornelsen-Verlag, Berlin 1996, 279 S. (ISBN 3-464-03513-1)


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Letzte Überarbeitung: 21. Dezember 2011, Dagmar Wiechoczek