Bild 1: Was wäre dieser Gefahrgutwaggon ohne die Puffer vorn und hinten? Sicherlich eine
fahrende Zeitbombe!
Aus dem Chemieunterricht kennen wir Pufferlösungen. Meere gelten als CO2-Puffer. Ein Pufferstaat trennt zwei feindliche Nachbarn (die sich dann an ihm gütlich tun…). Und dann gibt es noch das einschlägige Etablissement in Vergnügungsvierteln (was hier nicht vertieft werden soll…). Was ist all diesen Puffer-Beispielen gemeinsam? Schüler auf dem Schulhof wissen es: Puffen ist gleichbedeutend mit Stoßen. Abpuffern dagegen heißt, Stöße abzufangen.
Das Stoßen und Gegenstoßen erfolgt, um das betroffene System im Gleichgewicht zu halten. Die Pufferung ist dann optimal, wenn die einwirkende Kraft so durch aus dem System stammende Gegenkräfte ausgeglichen wird, dass die Auslenkung des Systems minimal gehalten wird. Dabei sollte das Abfangen nicht durch sprunghafte Änderung im System (wie zum Beispiel durch einen Bruch) erfolgen, sondern durch ein kontinuierliches Ausweichen. Man denke an die Knautschzonen beim Auto. Oder an die anfangs erwähnten Puffer an den Eisenbahnwaggons. Gutes Management einer Pufferreaktion erfordert also die genaue Dosierung der Gegenkräfte. Zur technischen Realisierung greift man zu Regelung und zur elektronischen Steuerung. Auf diese Art und Weise „oszilliert“ das System immer um einen Sollwert herum. Wir sehen, dass Pufferung und Regelungs- sowie Steuerungstechnologien zusammengehören. Ein einfaches Beispiel kennen wir aus dem Labor: Es geht um den Temperaturpuffer, also um den Thermostaten.
Pufferung ist vor allem für natürliche, mit dem Leben verbundene Vorgänge äußerst wichtig. Bei dem Störfaktor muss es sich nicht mal um einen Stoß handeln, der einem Eisenbahnunglück gleichkommt. So wird z. B. der pH-Wert des Bluts innerhalb enger Grenzen (7,3-7,46) konstant gehalten. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es ernsthafte Erkrankungen. Aus diesem Grunde enthält das Blut ein System mehrerer ausgefeilter Pufferungssysteme. Aber auch im „normalen Chemiealltag“ möchte man möglichst viele Parameter konstant halten, um genaue Aussagen über den Ablauf einer Reaktion treffen zu können. Dazu gehören Temperatur und pH-Wert. So war die pH-Pufferung von Reaktionsmedien der Geniestreich, der es Michaelis und Menten ermöglichte, das erste Mal eine mathematische und dazu auch heute noch anerkannte richtige Beschreibung des Ablaufs von Enzymreaktionen zu veröffentlichen. Wie wir die Temperatur regeln, haben wir gehört: Mit einem Thermostaten.
Wenn sich während der Reaktion der pH-Wert verändert, ändert sich auch die Reaktionsgeschwindigkeit. Denn die Esterspaltung ist eine Gleichgewichtsreaktion. Also muss der pH-Wert konstant gehalten werden. Das geht technisch so: Mittels einer protonensensitiven Glaselektrode wird ständig die Veränderung des pH-Werts gemessen. Weicht der vom Sollwert ab, so wird wohldosiert Lauge zugegeben. So bleibt der pH-Wert mehr oder weniger konstant. Genau genommen schwingt er in kleinen Intervallen um den Sollwert.
Bei den puffernden Systemen handelt es sich stets um schwache Säure/Base-Systeme. Diese bilden ein chemisches Gleichgewicht. Wenn zu diesem Gleichgewichtssystem irgendeine Säure zugegeben wird, erhöht sich die Konzentration der Protonen bzw. Oxonium-Ionen. Die werden – damit sich wieder ein Gleichgewicht einstellt - von den Anionen geschluckt, wobei sich undissoziierte Säure bildet. Das Gleichgewicht verschiebt sich in die linke Richtung. Geben wir eine Lauge zu, so erhöht sich die Konzentration der Anionen. Das Gleichgewicht verschiebt sich nach rechts. Das ist doch alles recht einfach, oder?
Mit diesem Puffer können wir schon einiges an Säure oder Lauge abfangen. Machen wir zunächst einmal ein qualitatives Experiment, das heißt ein Experiment, wo es nicht so genau auf das Arbeiten ankommt und das für Anfänger geeignet ist.
Bild 2: Ergebnis von Versuch 2
Durch Zugabe von starker, das heißt vollständig dissoziierter Base (Natronlauge) haben wir die Puffersäure aufgebraucht. Umgekehrt haben wir durch Zugabe von 12,5 ml Salzsäure die Pufferbase umgesetzt. Dann war Schluss mit der Pufferung: Der Indikator schlug um. Bemerkenswert ist bei diesem Versuch, wie lange nichts zu passieren scheint! Der Indikator wenigstens verhält sich lange Zeit ziemlich still.
Gleichgewichte beschreibt man durch eine Konstante. Diese Gleichung für deren Gleichgewichtskonstante wird logarithmiert und umgestellt. So erhalten wir die bekannte Puffergleichung. Sie wird nach den ersten Anwendern Henderson und Hasselbalch benannt. Diese untersuchten die Pufferwirkung des Blutes. Mit dieser Gleichung können wir gut rechnen. Erst einmal ist pH = pKs, wenn die Konzentrationen von Säure und Base gleich sind. Hier ist auch die Pufferwirkung am größten. Das sind dann die 1:1-Puffer, wie wir sie bislang benutzt haben.
Wir können auch den umgekehrten Fall annehmen, indem wir zu unserem Puffer Salzsäure zugeben. Dann nimmt der pH-Wert um 0,176 ab.
Der Puffer muss also mindestens 1000fach konzentrierter sein als das Protonen oder Hydroxid-Ionen produzierende Reaktionssystem. Ein anderer, wichtiger Aspekt der Pufferung soll nicht unerwähnt bleiben: Die puffernden Substanzen dürfen nicht an der Reaktion, deren pH-Wert sie konstant halten sollen, beteiligt sein. So darf man biochemische Reaktionen, bei denen Phosphatübertragungen untersucht werden sollen, nicht mit Phosphat puffern. Um die Theorie der Puffer besser zu durchdringen, sollten fortgeschrittene Schüler oder Lernende die potentiometrischen Titrationskurven von Säure/Base-Systemen hinzuziehen. Dazu haben wir eine Webseite. Da wird auch der praktisch wichtige Begriff der Pufferkapazität genauer erläutert.
Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie. Letzte Überarbeitung: 15. August 2008, Dagmar Wiechoczek |