Es wird endlich warm, und es wird viel getrunken, zum Beispiel Cola-Getränke. Unweigerlich kommt die Frage auf, ob es stimmt, dass man damit Rost entfernen könne. Entsprechend häufig sind die Anfragen. Man kann natürlich spotten: Warum probieren das die Leute nicht einfach mal aus?
Unser Nachbar renoviert gerade sein Haus, deshalb liegen da genug rostige Nägel herum. Wir haben einige eingesammelt und damit den folgenden Versuch gemacht, den jeder leicht nachmachen kann:
Bild 1: Rostige Nägel nach vier Stunden in Wasser (links) und Coca Cola® (rechts)
Wenn wir schon dabei sind: Gibt es andere Getränke, die zum Rostentfernen geeignet sind?
Bild 2: Rostige Nägel nach vier Stunden in verschiedenen Flüssigkeiten (siehe Versuch 2)
Cola schmeckt zwar süß, ist aber die Lösung einer Säure. Coca Cola® enthält jedoch anders als die meisten Limonaden keine Citronensäure, wohl aber Kohlensäure. Diese spielt offenbar keine sonderliche entrostende Rolle, wie man aus dem Vergleich von über Nacht abgestandener Cola mit frisch geöffneter folgern kann. Das viel kritisierte Säuerungsmittel ist vielmehr Phosphorsäure. Die ist zwar in der Lage, Rost zu zersetzen. Dabei bildet sich aber schwerlösliches Eisenphosphat, das das noch nicht zersetzte Oxid mit einem undurchlässigen Überzug versieht, so dass sich die Zersetzung selbst ausbremst.
Was man zum Schutz vor fortschreitendem Rosten benötigt, ist eine fest haftende und dazu auch undurchlässige Schicht, auf der man auch Farben aufbringen kann. Dazu nutzt man die Phosphorsäure bzw. saure Phosphatlösungen. Zunächst muss man den Rost mechanisch entfernen (zum Beispiel mit einer Drahtbürste). Die Reste des Rosts bzw. die Eisen(III)-Ionen werden von der Phosphorsäure in gut haftendes Eisenphosphat überführt.
Zunächst hat die Kohlensäure den Rost zersetzt. Dabei spielt aber nur die erste Dissoziationsstufe der Kohlensäure eine Rolle. Die Hydrogencarbonat-Ionen sind instabil. Sie zerfallen unter Abgabe von CO2. Zurück bleiben Hydroxid-Ionen. Die Hydroxid-Ionen reagieren mit den Eisen(III)-Ionen zu braunem Eisen(III)-hydroxid, der Grundsubstanz von Rost. Nach anfänglicher Rostentfernung setzt somit die Rostneubildung bald wieder ein.
Betrachten wir die bekannte Gleichgewichtsreihe des CO2/H2O-Systems: Cola-Getränke sind wegen der Anwesenheit von Phosphorsäure sauer. In solchen Lösungen wird das Dissoziationsgleichgewicht (8) nach links verschoben. Die so entstehende Kohlensäure ist nicht stabil, da sie gemäß zerfällt. Man kann auch sagen, dass unter Einwirkung der Phosphorsäure die Gleichgewichtsreihe (6-8) des CO2/H2O-Systems rückwärts verläuft. Das ist der Grund, weshalb die phosphorsaure Cola so stark sprudelt. Und weshalb sich der Rost in Cola nicht zersetzt, obwohl sie augenscheinlich CO2 enthält. Es ist schlicht überhaupt keine aktive Kohlensäure bzw. Hydrogencarbonat-Ion zum Entrosten vorhanden. Die gleiche Argumentation gilt analog für Citronensäuresprudel.
Rüdiger Blume
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