Prof. Blumes Tipp des Monats Dezember 2014 (Tipp-Nr. 210)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Von Halos, Halonen und Halogenen

Bald ist sind wieder Ferien und es ist wieder Winterurlaub angesagt. Da gibt es auf der Ski-Piste um die Sonne schöne Lichteffekte zu sehen - auch bei klarem Himmel. Verantwortlich dafür sind in der Atmosphäre schwebende, fein verteilte Eiskristalle.

Aber auch in unseren Breiten (und deshalb auch auf dem Schulhof) gilt: Wenn man mit einer guten Sonnenbrille aufmerksam zum Himmel Richtung Sonne und vor allem auch über sich senkrecht nach oben (zum Zenit) schaut, kann man viel Interessantes und Buntes erkennen, was auf Interaktionen zwischen Wolken und der Sonnenstrahlung beruht. Das ist in unseren Breiten vor allem der Fall, wenn sich Wetterwechsel ankündigen.

Von den Lichteffekten gibt es verschiedene Formen, von denen hier vier vorgestellt werden sollen. Die Bilder sind allesamt in Oerlinghausen bei Bielefeld von unserer Terrasse aus mit einer normalen kleinen, elektronischen Kamera aufgenommen worden. Zum besseren Erkennen der Farben ist im Bildbearbeitungsprogramm mit Helligkeit und Kontrast gespielt worden.

Da sind zunächst öfter Bunte Wolken zu sehen.

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Bild 1: Bunte Wolke (07-11-2014)
(Foto: Blume)


Einen bevorstehenden Wetterwechsel zeigt besonders der Hof um die Sonne an. Diesen Hof sieht man ab und zu auch beim Mond. Sonnenhöfe sind farblich eher unauffällig und werden als braun beschrieben.

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Bild 2: Sonnenhof (08-04-2013)
(Foto: Blume)


Es gibt genau genommen zwei Arten von Sonnenhöfen, einmal den sonnennahen 22°-Hof (wie im Bild 2) und den sonnenferneren 46°-Hof (in Bildern 5 und 6).

Anstelle des Hofs kann man waagerecht links und rechts von der Sonne an den äußeren Punkten des gedachten (nicht vorhandenen) Hofs farbenfrohe, auffallend helle Nebensonnen erkennen.

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Bild 3: Nebensonne (28-10-2014)
(Foto: Blume)


Die prächtigste und zugleich seltenste Erscheinung dieser Art ist sicherlich der umgedrehte Regenbogen, der Zirkumzenital-Bogen (auch Circumzenithal-Bogen geschrieben). Diese Bezeichnung bedeutet einen der Sonne zugewandten Ausschnitt eines gedachten Kreises um den Zenit, also um den Himmelspunkt senkrecht über dem Betrachter. Deshalb sollte man bei entsprechenden Wetterlagen unbedingt ab und zu über sich schauen.

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Bild 4: Zirkumzenital-Bogen (11-10-2014)
(Foto: Blume)


Der Fachmann spricht bei diesen Lichteffekten von Halos oder auch Halonen. Das Singular-Wort Halo stammt vom griechischen halos, Strahlenkreis.

Was hat das mit Chemie zu tun? Aus diesen Erscheinungen kann man auf die Zusammensetzung der Atmosphäre schließen. Denn es handelt sich um Effekte, an denen eine Modifikation des Wassers beteiligt ist.

Halone treten immer auf, wenn es zu Wetterumstellungen kommt, wenn z. B. eine Front aufzieht. Dann überzieht sich der Himmel mit feinen Wolken. Diese Cirruswolken befinden sich in sehr großer Höhe (um 10 km). Sie bestehen bei den hier herrschenden tiefen Temperaturen, die unter -70 °C liegen können, aus Eiskristallen. Dabei handelt es sind nicht um Schneeflocken, sondern um freischwebende trigonale bzw. hexagonale Prismen und Blättchen. An ihnen wird das Sonnenlicht reflektiert und gebrochen, was zu den beobachteten Lichteffekten führt. Da sich die Wolken bewegen, sind die Effekte manchmal nur kurzfristig zu sehen.

In seltenen Fällen bilden sich sogar verschiedene Halone auf einmal aus. Das ist dann ein wahrlich unwirkliches Himmelsschauspiel.

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Bild 5: Mehrfache Halone (31-10-2014)
(Foto: Blume)


Die Halos in Bild 5 durchschneidet ein Kondensstreifen, der von einem Flugzeug stammt. Hier ist ein anderes Bild von den mehrfachen Halos, das nur den Bereich oberhalb der Sonne zeigt.

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Bild 6: Mehrfache Halone; Ausschnitt aus Bild 5 (31-10-2014)
(Foto: Blume)


Von oben nach unten sieht man den Zirkumzenital-Bogen, der auf dem darunter gelegenen 46°-Hof aufsitzt. Dann folgt der so genannte Parry-Bogen, der den sehr hellen Aufsitzbogen des 22°-Hofs gegenläufig (im Sinne von Konvex-Konkav) durchschneidet. Der 22°-Hof ist am unteren Bildrand zu erkennen.


Was haben die Halos, Halone und Halogene gemeinsam?
Viele fragen sich, ob die Begriffe Halo (bzw. Halone) und Halogen etwas miteinander zu tun haben. Manche meinen, dass die atmosphärischen Halone auf Eiskristallen beruhen und dass Salz ja auch aus Kristallen besteht. Das ist falsch.

Beide Wörter bzw. Wortteile haben - obwohl im Deutschen identisch geschrieben - sachlich und etymologisch nichts miteinander zu tun. Denn sie leiten sich von zwei vollkommen verschiedenen griechischen Wortstämmen ab. Das wird deutlich, wenn man sich die griechische Schreibweise der Worte genau ansieht:

ἅλως     (halos, deutsch: Hof, Tenne, Rundung, Schild, Strahlenkreis, Heiligenschein, Sonnen/Mond-Halo)

ἅλς       (hals, deutsch: Salz), Genitivform: ἅλος (halos)

Das erste Wort enthält das lange „o“: ω (o-mega), das andere das kurze „o“: o (o-mikron). (Das Symbol ω erinnert an ein doppeltes o.)

Wo kommt übrigens im deutschen Wort Halo das „h“ her? Das akzent-artige Symbol (der so genannte Spiritus asper) über dem α steht für ein „gehauchtes h“ (lat. spiritus, Hauch; asper, rau). ἅλως wird also „halos“ gesprochen.

Zum Vergleich: Im Deutschen gibt es auch Worte, die gleich klingen, die aber eine kleine orthografische Abweichung aufweisen und deshalb völlig unterschiedliche Bedeutungen haben. Beispiel: Mein Main oder Mehr Meer.

Das Wissenschaftswort Halogen stammt neben dem griechischen ἅλος noch vom γεννάω (deutsch erzeugen), es handelt sich also um das Element, das Salze zu erzeugen vermag. Hal steckt auch in verschiedenen deutschen Ortsnamen wie Schwäbisch Hall oder Bad Reichenhall; es handelt sich um Orte, an denen Salz gewonnen wird oder wurde. Klicke dazu hier.

Verwirrend ist noch, dass die Pluralform von Halo Halone genannt wird. Halone sind für den Chemiker spezielle FCKW, die zum Feuerlöschen eingesetzt werden / wurden - z. B. von der Flughafenfeuerwehr.

(Für die sprachwissenschaftliche Erklärung Dank an StD. Dr. Heinrich Schönemann, Dipl.-Chem., Neukirchen-Vluyn)

Rüdiger Blume


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Letzte Überarbeitung: 02. Dezember 2014, Dagmar Wiechoczek