Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie


Tipp des Monats April 2018 (Tipp-Nr. 250)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Kaffeerösten – eine kontrollierte Verkohlung

Uwe Lüttgens
mit freundlicher Unterstützung von Maike Janetzke (RöstTeam Falkensee [1])


Darf es ein milder Café Crème sein? Oder mögen Sie lieber einen starken Espresso mit viel Coffein? Vielleicht auch einen Türkischen Kaffee – extrem dunkel geröstet und staubfein gemahlen? Egal, wie Sie Ihren Kaffee am liebsten genießen, er sollte stets frisch zubereitet sein.

Bild 1: „Café Crème“, frisch zubereitet - einfach lecker!
(Foto: Lüttgens)

Ebenso wichtig: Die Kaffeebohnen sollten nicht zu alt sein oder bereits lange lagern, denn sonst verlieren sie schnell an Aroma. Am besten kauft man Röstkaffee möglichst frisch. Mit ein wenig Aufwand kann man seinen Kaffee auch zu Hause rösten.

Falls Sie beim Lesen des Tipps Lust am Experimentieren bekommen, klicken Sie hier zum Experiment „Rösten von Kaffee“. Vielleicht entwickeln Sie sich ja vom Kaffeegenießer oder Barista zum engagierten Kaffeeröster? Zur Vertiefung des Themas Kaffee und Rösten seien [2] und [3] empfohlen.


Die Kaffeebohne – botanisch ein Kirschkern
Die Kaffeebohne entwickelt sich als Frucht aus der Blüte der tropischen Kaffeepflanze der Gattung Coffea. Wirtschaftlich bedeutend sind zwei Arten: C. arabica und C. canephora, zu der auch die Kaffeesorte Robusta zählt. Die befruchtete Kaffeekirsche, die sich im reifen Zustand dunkelrot färbt, ist eine ca.1,5 cm große Steinfrucht.

Bild 2: Grüne Kaffeebohnen
(Foto: Lüttgens)

Geschützt wird die Bohne vom Silberhäutchen, einer fest anhaftenden Schale, die beim Rösten entfernt wird. Die reife Bohne muss rechtzeitig geerntet werden, sonst fängt sie an zu gären - und wird damit zu einer dem Kaffeegenuss wenig zuträglichen „Stinkerbohne“. Für die weitere Aufbereitung gibt es zwei Verfahren:

  • Die gelbgrüne oder hellbraune „Naturbohne“ entsteht durch ca. zweiwöchige Trocknung (trockene Aufbereitung) in der Sonne, bevor sie geschält und poliert wird.
  • Für die grüne oder blaugrüne „Gewaschene Bohne“ wird direkt nach der Ernte die Schale entfernt, gewaschen und dann kürzer getrocknet, bevor sie mit Bürsten poliert wird.

Bevor die rohen Kaffeebohnen in Säcke verpackt werden, müssen sie geprüft werden. Wichtige Kriterien sind die Farbe und die Form – es gibt Flachbohnen, zu denen C. arabica gehört, Perlbohnen, zu denen C. canephora gehört und Riesenbohnen. Die Größe, auch ein Kriterium, hat keinen Einfluss auf den späteren Geschmack.

Bild 3: Rohkaffee wird in 70-kg-Säcken gehandelt
(Foto: Lüttgens)


Wie mögen Sie den Röstkaffee?
Mit typisch afrikanischem würzigen Körper, spritzigen Citrusaromen, also sehr aromatisch und mit wenig Säure? Oder lieber mittelkräftig-würzig, mit komplexen Aromen und guter Säure, feinem schokoladigem Nachgeschmack mit Kakao- und Raucharomen? … wie auch immer Sie sich entscheiden, neben der Herkunft kommt es auf die Röstung des Rohkaffees an – sie entscheidet neben der Bohnensorte, dem jeweiligen Anbaugebiet und der Aufbereitung über das Aroma Ihres Kaffees. In nördlichen Breiten, z. B. in den skandinavischen Ländern, bevorzugt man eher hellere Röstungen, während im Süden, z. B. in Italien oder Spanien, dunkel geröstete Kaffeebohnen bevorzugt werden. Die meisten Europäer konsumieren den Kaffee mittelbraun geröstet.


Rösten, die „Königsdisziplin“ der Kochkunst
Das Rösten gehört zu den thermischen Verfahren, mit denen Speisen zubereitet werden können. Im Unterschied zum Kochen oder Dünsten, bei dem Wasser die Wärme auf das Lebensmittel überträgt, oder dem Braten und Frittieren, bei dem bekanntlich Fett bei entsprechend höheren Temperaturen diese Aufgabe übernimmt, kommt das Rösten ebenso wie das Grillen ohne flüssige Wärmeüberträger aus.

Das Rösten ist ein Prozess, bei dem die noch ungenießbaren grünen Bohnen auf Temperaturen zwischen 180°C bis 300°C erhitzt werden - unterschiedlich lange je nach Verfahren. Durch Temperatur und Röstdauer lässt sich der Röstgrad so steuern, dass die gewünschte Qualität entsteht. Man könnte das Rösten als kontrollierten Übergang zur Verkohlung bezeichnen.

Und deshalb gehört das Rösten zu den Königsdisziplinen! Denn: Der Röstprozess muss auf dem Weg zur Verkohlung ständig kontrolliert werden, ehe es zu spät ist. Nur derjenige wird ein erfolgreicher Kaffeeröster, der sekundengenau den Röstvorgang beenden kann.

Die physikalischen und chemischen Prozesse, die beim Rösten ablaufen, steuern neben dem Röstgrad – von hell bis dunkel – den „Körper“, das Aroma- bzw. das Geschmacksprofil und die „Säure“ des Röstkaffees.


Wie erfolgt die Wärmeübertragung?
Die Wärme wird entweder über heiße Gase – das ist das schonendste und effektivste Verfahren – oder durch direkten Kontakt der grünen Bohnen mit einer heißen Oberfläche übertragen. Bei dem zweiten Prozess besteht das Problem, dass jeweils nur kleine Bereiche der Bohne mit dem Röstbehälter Kontakt haben. Dort kann schnell die Temperatur so hoch sein, dass bereits eine unerwünschte Verkohlung an einzelnen Stellen auf der Oberfläche der Bohne einsetzt. Diese Art der Wärmeübertragung nennt man Wärmeleitung. Überträgt ein Gas, normalerweise Luft, die Wärme, spricht man von Konvektion (lat. convectare: zusammenfahren, zusammenbringen). Man erhält als Produkt eine gleichmäßig von allen Seiten geröstete Bohne. Die dritte Art der Wärmeübertragung, die Wärmestrahlung, findet bei beiden Verfahren statt, ist aber für den Röstvorgang von untergeordneter Bedeutung.


In der Rösterei
In der kleinen Rösterei, in der der Röstprozess gezeigt wird, kommen drei entscheidende Faktoren zusammen: Der ausgewählte Rohkaffee ist frisch, die hochwertige Röstmaschine arbeitet nach dem Konvektionsverfahren und die Röstmeisterin bringt langjährige Erfahrung mit. Ihre Wahl für die Röstung fällt auf die Kaffeesorte Robusta, eine Perlbohne, die in Guatemala gepflückt wurde. Die dort angebauten Bohnen schmecken nussig. Stammt der Rohkaffee dieser Sorte hingegen z. B. aus Indien, dann sind schokoladige Aromen bestimmend.

Vor dem eigentlichen Rösten müssen die Rohkaffeebohnen fachmännisch beurteilt werden: Geprüft wird auf einwandfreien Geruch, denn Kaffeebohnen nehmen schnell Fremdgerüche an. Werden die grünen Bohnen in den Händen gerieben, sollten Sie einen heuartigen Geruch entfalten und keinesfalls muffig riechen. Auch wichtig: Bohnen aus neuer Ernte sehen „frischfarbig“ aus, alte Bohnen matt und bleich. Nun muss die Menge für die Röstung so gewählt werden, dass ein optimales Röstergebnis erzielt wird: Zu wenig Bohnen bedeutet eine zu hohe Wärmeübertragung auf jede einzelne Bohne. Sind zu viele Bohnen im Röster, werden diese eher gebacken als geröstet.


1. Phase: Die Bohne wird im Trommelröster erhitzt

Bild 4: Die 2 m hohe Trommelröstmaschine kann pro Charge bis zu 15 kg Kaffeebohnen rösten. Dann kann es bis zu 25 min dauern, bis die Bohne fertig ist.
(Foto: Lüttgens)

Der Trommelröster, der nach dem Konvektionsverfahren arbeitet und einen schonenden Röstprozess ermöglicht, muss vorgeheizt werden, bevor die grünen Bohnen eingefüllt werden können und dann in der Rösttrommel von einem gleichmäßig heißen Luftstrom umspült werden.

In der ersten Phase werden die Bohnen erwärmt. Die Bohne riecht bis zu einer Temperatur von ca. 140°C nach Heu oder frisch gebackenem Brot. Ursache sind erste chemische Zersetzungsprozesse: Zucker werden abgebaut und weitere Inhaltsstoffe lösen sich aus den Zellwänden, zu erkennen an einer gelblichen Verfärbung der Bohnen in dieser Phase.


Der Einbrand muss angegeben werden
Gleichzeitig verdampft das physikalisch gebundene Wasser aus der Bohne – es sind dies je nach Bohne ca. 11 – 25%, wie der Vergleich zwischen der Wägung vor dem Röstvorgang und danach zeigt. Bei der Gewichtsabnahme der Kaffeebohnen sprechen Fachleute vom Einbrand.

Gleichzeitig vergrößert sich das Volumen: Die im rohen Zustand mit einer ledrigen Haut umgebene Bohne bläht sich auf, weil neben den an die Tausend Röstaromen, die sich bilden, auch Röstgase – im wesentlichen Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid – freigesetzt werden. Und die blähen die Bohnen rasant auf.

Bild 5: Gut zu erkennen: Durch den Röstvorgang nimmt die Masse deutlich ab – das Volumen jedoch deutlich zu.
(Foto: Lüttgens)

Helle Sorten verlieren weniger Substanz, ihr Einbrand liegt zwischen 12 – 15%. Bei einer dunklen Röstung kann der Verlust bis zu 24% betragen. Berechnet wird der Einbrand mit folgender Formel:

Damit ergibt sich für die Röstung ein mittlerer Masseverlust von:

Röstereien müssen diesen Masseverlust angeben, damit die in Deutschland zu zahlende Kaffeesteuer korrekt berechnet werden kann.


2. Phase: Die Röstung

Der Röstvorgang dauert unterschiedlich lange, je nachdem, welche Bohnensorte man wählt und ob man einen Café oder einen Espresso herstellen will.

Klick mich an!

Bild 6: Während der Bräunung karamellisiert die Bohne zunehmend. Das kann man sehen und riechen!
(Foto: Lüttgens)

Nach der Verdampfungsphase wird die Bohne zunehmend braun gefärbt, sie karamellisiert bei Temperaturen von ca. 170 – 200°C. Die beginnende Karamellisierung erkennt man am zunehmend süßlich duftenden Geruch, den die anfangs glasig aussehenden, später gebräunten Bohnen nun verbreiten.


Der „First Crack“
Nun, wenn die Temperatur auf ca. 190 – 205 °C gestiegen ist, kommt es auf ein gutes Gehör an. Denn die Bohne lässt es richtig krachen! Sie platzt jetzt auf, weil die Hülle dem zunehmenden Druck, der durch verdampfendes Wasser und freigesetzte Gase entsteht, nicht mehr länger standhalten kann – man spricht vom „First Crack“.

Bild 7: Um den „First Crack“ zu erkennen, bedarf es eines guten Gehörs!
(Foto: Lüttgens)

Erst bilden sich feine Haarrisse, dann platzen die Bohnen am Schnitt, damit überschüssiger Druck abgebaut wird. Der explosionsartige Druckabbau lässt sich je nach Kaffeesorte mal besser hören und mal weniger gut. Das ist die Phase, in der das Volumen der Bohne deutlich zunimmt, bis auf das 1,5-1,8 fache ihrer ursprünglichen Größe.


Für Spezialisten: Die Bohne heizt sich langsam auf, während sie ihre Röstgase freisetzt.
Grund ist zum einen die hohe Wärmekapazität, zum anderen sind es die anfangs überwiegenden endothermen, also Wärme benötigenden Prozesse, allen voran die Verdampfung von Wasser:

H2O (l) -> H2O (g) | ΔH = 40,67 kJ/mol (100 °C)

Bei der Verdampfung steigt der Druck. Und zwar bevorzugt an den Stellen, die besonders wasserreich sind. Dort kann schließlich viel Dampf entstehen. Und das hat Folgen. Denn: Dort, wo der Druck ansteigt, nimmt auch die Temperatur deutlich zu – bis es die Bohne zerreißt. Bevorzugt tut sie das an der „Wicklung“, das ist eine Schicht im Innern der Bohne, an der das Keimblatt hineinwachsen kann, wenn es zur Keimung kommt.

Die beim Rösten einsetzende Abgabe von CO2 – chemisch korrekt spricht man von einer Decarboxylierung – trägt entscheidend zur Volumenzunahme der Bohne bei:

R-COOH -> R-H + CO2

Reagieren zwei Carbonsäuren miteinander, entstehen dabei Ketone:

2 R-COOH -> R-CO-R + CO2 + H2O

Aminosäuren können ebenfalls durch Erhitzen CO2 abgeben, unter Bildung primärer Amine:

R-CH(NH2)-COOH -> R-CH2-NH2 + CO2

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass beim Röstvorgang auch Kohlenstoffmonoxid CO durch chemische Reaktionen freigesetzt wird.


Das Geheimnis einer guten Röstung: Das Temperaturprogramm
Wird die rohe, noch grüne Kaffeebohne geröstet, entsteht das eigentliche Aroma des Kaffees – die Inhaltsstoffe zersetzen sich zunehmend bei Temperaturen um 200 - 230 °C. Die Bohne gleicht nun einem chemischen Labor, in der alles mit allem reagieren kann. Der Chemiecocktail besteht aus annähernd tausend verschiedenen Aromastoffen. Je schonender, also zeitaufwändiger die Röstung erfolgt, desto mehr Aroma ist möglich.

Manche schwören aber auf eine schnelle Röstung: Bis zu 3 Minuten darf bei ihnen der Röstvorgang maximal dauern – man spricht vom high temperature short time roasting – bei entsprechend hohen Temperaturen (ca. 250 °C). Andere, wie die Falkenseer Röstmeisterin, bevorzugen es deutlich langsamer: Beim high temperature long time roasting darf der Röstvorgang 10 min und länger dauern. Vielleicht ist es eine Art Glaubensfrage?!

In jedem Falle sollte die Temperatur genauestens verfolgt werden. Im Temperaturprogramm erkennt man gut, dass nach der Befüllung mit Rohkaffee die Temperatur in der Rösttrommel deutlich abnimmt, bevor sie langsam wieder ansteigt, bis die Endtemperatur erreicht ist.

Bild 8: Im Temperaturprogramm ist der kontinuierliche Anstieg der Temperatur vom Einfüllen der Bohnen (ca. 60 °C) bis zum Ende des Röstvorgangs (ca. 210 °C) gut zu erkennen.
(Foto: Lüttgens)

Bleibt die Röstung blass, spricht man von Zimtröstung. Mittlere Röstungen nennt man Amerikanisch; stärkere Röstungen werden als Wiener Röstung bezeichnet.


Für Spezialisten: Eine Kaffeebohne verhält sich in mancherlei Hinsicht wie ein Stück Holz
Zumindest, wenn man sich anschaut, wie schnell sie die Wärme der Umgebungsluft aufnehmen kann und wie lange diese gespeichert wird. Denn: Kaffeebohnen leiten die Wärme nicht sonderlich gut, ihre Wärmeleitfähigkeit λ beträgt ca. 0,14 Wm-1K-1, also durchaus vergleichbar mit der von Holz. Die Wärmekapazität c einer Kaffeebohne ist relativ hoch mit Werten zwischen ca. 1,5 und 2,8 kJ kg-1 K-1, also auch ähnlich der von Holz. Was heißt das? Erstens: Wählt man ungünstige Röstbedingungen, ist die Bohne zwar außen schön braun, innen jedoch kaum geröstet, es wurde nicht ausreichend Wärme ins Innere der Bohne geleitet. Das Ergebnis: Der Kaffee schmeckt „unreif“. Und zweitens: Bricht man den Röstvorgang nicht schnell genug ab, dann kühlt die Bohne nicht stark genug ab. Die Folge: Im Innern röstet die Bohne munter weiter; sie „überröstet“ sozusagen. Kein gutes Röstergebnis! [vgl. 5, S. 8]

Während der Röstung sollte die Verbrennungsenthalpie, also die Energie, die in der Bohne enthalten ist, abnehmen, da aus energiereicheren höhermolekularen Verbindungen kleinere und damit energieärmere Stoffe, z. B. CO2 und H2O, gebildet werden. Jedoch kann, so zeigen Messungen, während der in der 2. Phase ablaufenden exothermen Prozesse die Energie genutzt werden, um Verbindungen mit höherer Energie zu bilden [5]. Insgesamt sind die Vorgänge jedoch zu komplex, um eine eindeutige Aussage treffen zu können.

Ca. 30 µm große Poren in der Bohne, die zu Beginn der Röstung rundlich sind, sehen später oval aus, bis sie schließlich aufreißen und die Struktur zerstören. Dies zeigen sogenannte elektronenmikroskopische Aufnahmen des Inneren von grünen und gerösteten Bohnen [5].

Mehrere Millimeter große Hohlräume, sogenannten Kavernen, bilden sich während der Röstung anfangs, werden bei starker Röstung jedoch kleiner, bis sie schließlich „verkleistern“ [5].

Übrigens: Unsere Perlbohne hat eine sehr enge Fruchtkerbe. Dort dringt die Wärme weniger schnell ein. Die Perlbohne platzt also nicht so schnell auf, wie eine Flachbohne mit einer weiteren Fruchtkerbe.


Jetzt kommt es auf das richtige Gespür an
Die Kunst beim Rösten ist es, den Moment abzupassen, bevor die Bohne beginnt zu verbrennen. Sie erinnern sich? Das macht sie zur „Königsdisziplin“ der Kochkunst! Ist die Oberfläche schön hell, dann schmeckt der Kaffee später nussartig. Ist sie dunkel und schon verbrannt, riecht der Röstkaffee muffig – entsprechend schmeckt dann auch der Kaffee in der Tasse. Die Röstmeisterin steht an der Röstmaschine und entnimmt nun ständig Proben. Sie prüft die Farbe, den Duft und die Struktur der Bohne, die nicht mehr schrumpelig sein sollte, sondern glatt – dann war der „First Crack“ erfolgreich.

Oberhalb von 150°C – die endothermen Reaktionen haben ihren Höhepunkt erreicht – schreitet die Karamellisierung weiter voran: Aus den Kohlenhydraten entstehen u. a. Maltol, Isomaltol und Hydroxymaltol, drei Aromen, die dem Kaffee Geschmack verleihen.

Die Röstaromen Maltol und Isomaltol sind typische Produkte der Karamellisierung. Die beiden chemischen Isomere haben die gleiche Summenformel C6H6O3.

Bei der Französischen Röstung und der Italienischen Röstung wird weiter erhitzt, bis es ein zweites Mal zu knacken beginnt – man spricht vom „Second Crack“. Die Zellstrukturen brechen jetzt zunehmend weiter auf. Die Bohnen sehen dunkel- bis schwarzbraun aus und sind auf der Oberfläche mit öligen Tröpfchen bedeckt. Zahlreiche Säuren wie z. B. die Chlorogensäure werden über die Zellwand nach außen abgegeben, wobei sie ihre chemische Struktur verändern können.

Jetzt wird es spannend: Der Punkt, an dem die Verkohlung einsetzt, bei der sich die Zellwände komplett zersetzen, sollte keinesfalls erreicht werden.

Bei der Zersetzung der Inhaltsstoffe der Kaffeebohne spricht man von einer Pyrolyse (griechisch: pyr: Feuer und lysis: auflösung), womit die thermische Spaltung von Verbindungen gemeint ist, bei der sich durch den Bruch von Bindungen aus den Ausgangsstoffen neue Stoffe bilden. Und das muss bei milden Bedingungen stattfinden, sonst verkohlt die Bohne!


3. Phase: Die Kühlung

Ist der gewünschte Röstgrad - in unserem Falle für einen Espresso - erreicht, müssen die gerösteten Bohnen sofort gekühlt werden, damit alle chemischen Reaktionen rasch gestoppt oder so weit verlangsamt werden, dass wir nicht schwarze Kohle-Bohnen produzieren. Stichwort: „Überröstung“. Dazu läuft unterhalb der Rösttrommel ein Lüfter in einem Sieb, in dem die Bohnen ständig umgerührt werden.

Bild 9: Die gerösteten, heißen Bohnen müssen rasch heruntergekühlt werden, da sie sonst unerwünscht nachbräunen. Dies geschieht durch ständiges Rühren und Luft Einblasen.
(Foto: Lüttgens)

Übrigens: Frisch gerösteter Kaffee gast weiterhin CO2 aus. Das schützt ihn einige Tage in der Verpackung, weil kein aggressiver Sauerstoff an die Kaffeebohnen kommt, der die Aromastoffe durch Oxidationsprozesse zersetzen könnte.



Ein vergleichender Blick auf die Kaffeebohne vor und nach dem Rösten

Kaffeebohne
rohgeröstet

Quelle
Einbrand:14,2 %Eigene Röstung
016,4 %[1]
08 - 24 %[5]
Dichte in kg/l≈ 1,3 – 1,4≈ 0,8 – 0,98[4, 5]
Volumen100 %≈ 112 %Eigene Röstung
100 %150 - 180%[5]
Spezifische Oberfläche in m2/kg4,95[4]
Wassergehalt in Gew.% (33% Luftfeuchte, 20-26 °C)7,5 - 11,01,5 - 4,3[4, 5]
Kornformrelativ kompaktWabenförmig mit Porenradien von 10 – 30 µm[4, 5]
Porengestalt (≈ 30 µm)rundlichzunehmend oval, später zerstört[5]
Wärmekapazität c in KJ · kg-1 · K-11,46 – 2,8[5]
Verbrennungsenthalpie H in KJ · g-1≈ 18,8 – 20,1≈ 21 - 22[5]

Die Angaben zu den physikalisch-chemischen Daten können von Sorte zu Sorte und je nach Röstbedingungen deutlich variieren. Und sie sagen natürlich nichts über den Geschmack der gerösteten Bohnen aus - den müssen Sie selbst testen, natürlich bei einer gepflegten Tasse Kaffee!


Quellen:
[1] RÖST TEAM, Kaffeerösterei Falkensee, http://www.roestteam.de (abgerufen am 21.11.2017)
[2] M. Röhm: Kaffee; in: J. Koolman, H. Moeller, K.-H. Röhm (Hrsg.): Kaffee, Käse, Karies …, Biochemie im Alltag; Wiley-VCH, Weinheim 1997
[3] Claus Fricke: Handbuch Kaffeerösten zu Hause, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2007
[4] Axel G. Steer: Physikalisch-chemische Parameter des Kaffeegetränkes und Untersuchungen zur Röstkaffee-Extraktion, Cuvillier Verlag, Göttingen 2003
[5] Claudia Fischer: Kaffee: Änderung physikalisch-chemischer Parameter beim Rösten, Quenchen und Mahlen; Cuvillier Verlag, Göttingen 2005


Weitere Tipps des Monats


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 20. März 2018, Fritz Meiners