Grünliche Haare nach dem Baden Dennis Dietz
Es ist Sommer und der Kleingarten steht als Ort der Erholung bereit. Die Familie ist eingeladen und der Pool zur Abkühlung vorbereitet. Stolz präsentiert meine Schwester ihre frisch blondierten Haare, bevor sie ins kühle Nass abtaucht. Als später alle beim Essen zusammensitzen, kommt der Schock: Ihre Haare haben sich verfärbt. Meine Schwester ist außer sich: „Du hast zu stark gechlort – meine Haare sind grün!“. Als Bruder tut es mir natürlich leid, doch als Chemiker bin ich auch fasziniert. Mein erster Gedanke: Kann Chlorwasser blonde Haare grünlich verfärben? Schließlich ist Chlor ja auch ein gelbgrünes Gas.[1] Und falls nicht – was hat es dann auf sich mit den grünen Haaren? Bild 1: Unser Pool im Kleingarten
Zunächst muss der pH-Wert des Poolwassers kontrolliert werden. Für das Baden wird ein pH-Wert von 7,2 empfohlen. Ist der pH-Wert zu niedrig oder zu hoch, dann kauft man Granulate, nach deren Zugabe der pH-Wert reguliert wird. Enthalten ist z. B. Natriumhydrogensulfat.[2] Die Hydrogensulfat-Ionen reagieren als Brønsted-Säure mit Wasser-Molekülen unter der Bildung von Hydronium-Ionen.
Bild 2: pH-Regulation des Poolwassers durch Salze Damit im Poolwasser nicht ein Sammelsurium von Bakterien, Viren und Pilzen gedeiht, setzt man zur Desinfektion das giftige Gas Chlor ein. Empfohlen wird ein Wert von 1-2 mg freiem Chlor pro Liter Poolwasser. Um diesen Wert zu erreichen gibt es Granulate zur kurzfristigen Regulation - man spricht von einer Stoßchlorierung -, aber auch sog. Langzeittabletten, die das Chlor nur langsam freisetzen. Ein Blick in die Sicherheitsdatenblätter offenbart uns deren Inhaltsstoffe: Für eine Stoßchlorierung eignet sich Natriumhypochloritlösung.[4] Langzeittabletten enthalten eine Verbindung mit dem seltsamen Namen Symclosen. Dabei handelt es sich um Trichlorisocyanursäure.[5] Letztlich bilden beide Verbindungen in wässriger Lösung unterschiedlich schnell Hypochlorige Säure. Bild 3: Bildung von Hypochloriger Säure Hypochlorige Säure wirkt aufgrund des in wässriger Lösung gebildeten Sauerstoffs desinfizierend. Beim Zerfall der Hypochlorigen Säure wird außerdem Salzsäure gebildet. Salzsäure und Hypochlorige Säure bilden in einer weiteren Gleichgewichtsreaktion Chlor und Wasser. Sich zersetzende wässrige Lösungen der Hypochlorigen Säure enthalten daher immer auch etwas Chlor, das wie der gebildete Sauerstoff eine desinfizierende Wirkung hat.[6] Bild 4: Die desinfizierende Wirkung von Hypochloriger Säure Da man sich nicht immer regelmäßig um den Pool kümmern kann, bieten Hersteller Kombinationsprodukte an, die beides können, sowohl den pH-Wert regulieren als auch das Poolwasser desinfizieren. Diese Produkte wirken über einen langen Zeitraum und können zusätzlich Trübstoffe beseitigen sowie Algen bekämpfen, um das Poolwasser klar und sauber zu halten. Die Sicherheitsdatenblätter dieser Produkte zeigen uns, dass neben den bereits genannten Mitteln zur Desinfektion auch Kupfersulfat und/oder Aluminiumsulfat in diesen Produkten enthalten sind.[7] Für die Untersuchung dazu, welcher Stoff die grünliche Verfärbung der frisch blondierten Haare verursacht hat, stehen also eine ganze Reihe an Chemikalien zur Auswahl. Wir müssen, um den Verursacher dingfest zu machen, immer nur eine Variable ändern. Dazu wird zunächst die Wirkung aller hier aufgeführten Chemikalien auf einzelne Haarproben untersucht. Zuvor wurden die Haarproben frisch blondiert. Die entsprechende Versuchsvorschrift hierfür finden Sie hier. Versuch 1: Was verfärbt blondierte Haare grünlich? Das frisch blondierte Haar wird in sechs etwa gleich große Proben aufgeteilt. Eine Probe dient dem späteren Vergleich. Anschließend werden fünf Proben für 30 Minuten in folgende Lösungen getaucht: Die einzelnen Haarproben werden abschließend mit Wasser gespült, dann mit einem Föhn getrocknet und schließlich mit der unbehandelten Probe verglichen. Bild 5: Nur Kupfer(II)-sulfatlösung verfärbt frisch blondierte Haare grünlich. Auf dem Bild sind die Ergebnisse der Ansätze c) und d) gezeigt
Unsere Beobachtung: Lediglich in der Kupfersulfatlösung verfärben sich die blondierten Haare grünlich. Um die Ursache hierfür zu verstehen, müssen wir den Prozess der Blondierung noch einmal genauer betrachten. (Dazu haben wir auch einen Tipp des Monats).
Bild 6: Spaltung von Disulfidbrücken Außerdem werden Tyrosyl-, Threonyl- und Methionylreste zum Teil abgebaut.[8] In der Folge wird die Verbundstruktur des Haares durch eine künstliche Blondierung geschwächt. Aus diesem Grund sollten solche Behandlungen nicht zu häufig durchgeführt werden. Das blondierte Haar ist also anfällig und weist kleine Hohlstellen dort auf, wo sich die Melaninpigmente zuvor befunden haben. In diese Lücken kann Kupfer(II)-sulfat eingelagert werden. Wenn das stimmt, sollten naturblonde Haare nicht so anfällig für eine grünliche Verfärbung durch Kupfer(II)-sulfat sein. Dies soll im folgenden Versuch untersucht werden.
Die naturblonden Haare sind deutlich weniger anfällig als die frisch blondierten Haare. Es ist nur eine schwache grünliche Verfärbung erkennbar.
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