Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie


Tipp des Monats November 2019 (Tipp-Nr. 269)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Sonne, Meer und helle Haare

Dennis Dietz und Sabine Streller

Unterwegs mit dem Leistungskurs Chemie auf Kursfahrt in Sizilien: Die Schülerinnen und Schüler genießen die heiße Sommersonne, kühlen sich im salzigen Mittelmeer ab und genießen die hervorragende italienische Küche. Beim Abendessen werden die braune Haut und das helle Haar betrachtet und plötzlich kommt die Frage auf, weshalb man eigentlich gerade am Meer immer so helles Haar bekommt. Liegt es daran, dass das Haar durch das Baden im Wasser besonders häufig nass ist? Oder spielt vielleicht das Meersalz eine Rolle für die Aufhellung der Haare? Oder ist es allein die Sonneneinstrahlung, die hier einen Einfluss hat?

Bild 1: Haare am Ende des Sommerurlaubes
(Foto: Dennis Dietz)


Wie sind Haare aufgebaut?
In einer länglichen Hautvertiefung, der Haarfollikel, befindet sich die Harzwiebel. In diese ragen zentral Blutgefäße hinein, die für die Ernährung der Haarwurzelzellen sorgen. Die Haarwurzel befindet sich in der Haut, und aus der Haut schaut der Haarschaft hinaus. Haare sind fadenförmige Gebilde, die aus abgestorbenen keratinhaltigen Hornschuppen bestehen. Die Hornschuppen sind dabei zylindrisch um das Haarmark angeordnet.[1]

Die Haarfarbe eines Menschen ist ein bedeutsames persönliches Erkennungsmerkmal. Sie variiert von schwarz über braun und blond bis ins Rötliche. Die Farbe entsteht durch die Einlagerung von Melaningranula in die Hornschuppen. Mit Melanin bezeichnet man eine Gruppe von hochmolekularen Farbstoffen. In den Haaren findet man zwei verschieden getönte Farbstoffe: Eumelanin und Phäomelanin. Nicht nur deren Gesamtmenge entscheidet über die Haarfarbe, sondern auch ihr Mengenverhältnis.[2,3]

Bild 2: Strukturen der Bausteine von Eumelanin und Phäomelanin. Die Pfeile zeigen die Stelle an, wo bei der Polymer-Synthese der gleiche Baustein angesetzt wird.[3]

Eumelanin bildet dunkelbraune, fast schwarze Pigmente, während Phäomelanin-Pigmente eher gelb bis rot sind. Je mehr Eumelanin das Haar also besitzt, desto dunkler ist dieses. Blonde Haare beinhalten nur wenig Eumelanin und Phäomelanin. Rote Haare entstehen, wenn deutlich mehr Phäomelanin als Eumelanin im Haar enthalten ist. Es ist faszinierend: Alle natürlichen Haarfarben werden also durch die Kombination von lediglich zwei Pigmentfarbstoffen gebildet.

Sowohl Eumelanin als auch Phäomelanin werden biosynthetisch ausgehend von der Aminosäure Tyrosin über mehrere Zwischenstufen gebildet. Eine wichtige Rolle nimmt dabei das Enzym Tyrosinase bereits im ersten Reaktionsschritt ein.[4]

Bild 3: Tyrosin-Oxidation zu Dopaquinon durch das Enzym Tyrosinase

Mit zunehmendem Alter ergrauen die Haare, da die Melaninbildung in den Melanocyten gehemmt wird.[5] Die Katalase ist ein Enzym, das die Zellen vor der oxidierenden Wirkung des bei Stoffwechselprozessen gebildeten Wasserstoffperoxids schützt. Wird der Mensch älter, dann wird dieses Enzym nur noch in geringen Mengen gebildet. In der Folge steigt die Konzentration an Wasserstoffperoxid signifikant an. Dieses oxidiert die Aminosäure Methionin in dem Enzym Tyrosinase, sodass dieses funktionsunfähig wird – die Melaninproduktion ist gestoppt. Nebenbei reagiert das Wasserstoffperoxid mit weiteren Reparaturenzymen, die die Tyrosinase normalerweise reparieren. Die Fähigkeit zur Bildung von farbigem Haar ist damit dauerhaft verloren.[5]


Was passiert beim Blondieren?
Haare können auch künstlich aufgehellt werden. Dazu gibt es in jeder Drogerie zahlreiche Mittel zu kaufen. Sieht man sich ein typisches Blondierungsmittel im Laden an, dann findet man die folgenden Inhaltsstoffe:

Bild 4: Inhaltsstoffe eines klassischen Blondierungsmittels
(Foto: Dennis Dietz)

Für das Umfärben muss der „Entwickler“ und das „Colorations-Gel“ miteinander vermischt werden. Was da genau abläuft, beschreiben wir in einem besonderen Tipp des Monats.

Das Ammoniak beschleunigt die oxidierende Wirkung des Wasserstoffperoxids, das man auch aus Bleichmitteln kennt.[6] Außerdem lässt es die Haare aufquellen. Das Wasserstoffperoxid entfaltet seine oxidierende Wirkung nach folgender Reaktionsgleichung:[7]

Wasserstoffperoxid wird somit durch den Farbstoff zu Wasser reduziert. (Zu den Redoxreaktionen von Wasserstoffperoxid klicke hier.)

Durch die Zersetzung der Pigmente entsteht die blonde Farbe. Dazu muss je nach ursprünglicher Haarfarbe die richtige Konzentration an Wasserstoffperoxid und die richtige Einwirkzeit beachtet werden. Denn wir erinnern uns: Blonde Haare besitzen nur wenig Eumelanin und Phäomelanin. Stimmen also die Konzentration des Wasserstoffperoxids und die Einwirkzeit nicht, dann ist das Haar entweder zu dunkel (da noch ausreichend Eumelanin da ist) oder wird sogar weiß (alle Pigmente wurden zersetzt). Zum Schluss wird der Blondierungsprozess durch eine saure Spüllösung beendet.


Versuch 1: Echthaar blondieren

Das Echthaar wird zunächst mit Hilfe von Alkohol entfettet und anschließend in drei gleich große Proben aufgeteilt. Eine Probe dient dem Vergleich nach dem Versuch. Nun werden zwei Bechergläser folgendermaßen gefüllt und für 30 Minuten stehen gelassen:

  1. Haarprobe + 20 mL Wasserstoffperoxidlösung (w = 6%)
  2. Haarprobe + 20 mL Wasserstoffperoxidlösung (w = 6%) + 1 mL Ammoniaklösung (c = 1 mol/L)

Im Anschluss werden die Haarproben mit Wasser gewaschen und einem Föhn getrocknet.

Bild 5: Echthaar vor und nach der Blondierung mit Wasserstoffperoxid
(Foto: Dennis Dietz)

Es ist gut zu erkennen, dass die Haare nur durch die Kombination von Wasserstoffperoxid und Ammoniak innerhalb von 30 Minuten merklich blondiert werden. Das ist bereits während des Experiments zu erahnen: Nur bei der ammoniakalischen Wasserstoffperoxidlösung ist eine Gasbildung zu beobachten. (Eine kindgerechte Vorschrift ist hier zu finden.)


Was ist die Ursache für das Blondwerden im Sommer?
Der Einfluss des UV-Lichts der Sonne auf das Haar ist ausführlich untersucht. Prinzipiell absorbieren die Melaninpigmente im Haar die energiereiche UV-Strahlung. Anschließend wird die aufgenommene Energie wieder in Form von Wärme abgegeben.[8] Auf diese Weise wird das Haar also vor der energiereichen Strahlung geschützt. Im Zuge der Absorption gelangen die einzelnen Melaninmoleküle in einen angeregten Zustand. Die Folge ist, dass photochemische Zersetzungsreaktionen ablaufen. Dadurch werden die Pigmente mit der Zeit abgebaut oder gebleicht. Wenn nur noch wenig Eumelanin und Phäomelanin übrig ist, dann ist das Haar blond. Dunkles Haar ist deutlicher stabiler in Bezug auf diese Abbaureaktionen als helleres Haar. Das Eumelanin ist nämlich deutlich photostabiler als das Phäomelanin.[8] Die logische Konsequenz ist, dass sich bereits hellere Haartöne eher durch UV-Licht weiter aufhellen als dunklere.

Wie beim künstlichen Blondieren auch, beeinflusst die UV-Strahlung nicht nur die Haarpigmente. Auch hier werden Disulfidbrücken der Proteine gespalten, Fette oxidiert und Aminosäureseitenketten abgebaut. Kurz um: Auch die UV-Strahlung lässt das Haar poröser und anfälliger werden.[8]

Hellt das Haar nun durch Wasser oder Salz schneller auf? Für eine Untersuchung der Fragestellungen der Schülerinnen und Schüler des Chemie-Leistungskurses nehmen wir an, dass zwei Mal am Tag im Meer baden gegangen und die Haare jeweils in der Sonne getrocknet wurden. Den Rest des Tages schien - wie es sich für eine schöne Kursfahrt gehört – natürlich die Sonne. In dem folgenden Versuch achten wir auf das Prinzip der Variablenkontrolle: Wir werden also nur einen Parameter variieren und die anderen konstant lassen, um eine möglichst wissenschaftlich korrekte Antwort auf die genannten Fragestellungen geben zu können.


Versuch 2: Untersuchung des Einflusses von Sonne, Wasser und Salzwasser auf das Ausbleichen von Haaren

Echthaar (mittelblond), Alufolie, Wasser, Meersalz

Zunächst wird eine Meersalzlösung (w = 3,8 %) hergestellt. Die gewählte Konzentration entspricht der durchschnittlichen Konzentration von Salz im Mittelmeer. Anschließend werden drei Haarbüschel jeweils zur Hälfte in Alufolie eingewickelt und sechs Tage lang den folgenden Bedingungen ausgesetzt:

  1. Das trockene Haarbüschel liegt den ganzen Tag lang in der Sonne.
  2. Das Haarbüschel wird zwei Mal am Tag mit Wasser angefeuchtet und liegt den ganzen Tag lang in der Sonne.
  3. Das Haarbüschel wird zwei Mal am Tag mit Meersalzwasser angefeuchtet und liegt den ganzen Tag lang in der Sonne.

Die Alufolie wird am Ende der Untersuchung beseitigt und die Haarproben werden miteinander verglichen.

Bild 6: Ergebnisse der Untersuchung nach sechs sonnigen Tagen. Unterhalb der Zopfgummis waren die Haare durch Alufolie geschützt.
(Foto: Dennis Dietz)

Nach sechs Tagen sind alle Haarbüschel sichtbar blonder geworden. In Bezug auf den Blondierungsgrad ist kein Einfluss von Wasser oder Meersalzwasser auf die Haare festzustellen. Jedoch merkt man beim Experimentieren mit den Haaren, dass diese durch das Meersalzwasser zunehmend spröde werden. Nach dem Baden im Meer sollten die Haare also unbedingt gründlich gewaschen werden.


Fazit
Die Annahme, dass das viele Schwimmen oder das Salz des Meerwassers einen Einfluss auf das Aufhellen der Haare hat, ist ein Trugschluss. Vielmehr von Bedeutung ist die Tatsache, dass wir uns am Meer einfach länger der Sonne und damit der bleichenden Wirkung der UV-Strahlung aussetzen. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass die Sonneneinstrahlung auf der Wasseroberfläche reflektiert und damit verstärkt wird.


Literatur:
[1] Anatomica, Körper und Gesundheit, h.f.ullmann, 2007, Tandem Verlag GmbH, S. 458.
[2] Madea B, Mußhoff F, Haaranalytik Technik und Interpretation in Medizin und Recht, Deutscher Ärzte Verlag, S. 41 und 51.
[3] Ito S, Wakamatsu K. Diversity of human hair pigmentation as studied by chemical analysis of eumelanin and pheomelanin. JEADV 2011, 25: 1369 – 1380.
[4] Ito S, Wakamatsu K. Human hair melanins: what we have learned and have not learned from mouse coat color pigmentation. Pigment Cell Melanoma Res. 2010, 24: 63-74.
[5] Wood J M, Decker H, Hartmann H, Chavan B, Rokos H, Spencer J D, Hasse S, Thornton M J, Shalbaf M, Paus R, Schallreuter K U. Senile hair graying: H2O2-mediated oxidative stress affects human hair color by blunting methionine sulfoxide repair. The FASEB Journal 2009, 23: 2065-2075.
[6] Winter F, Handbuch der Gesamten Parfumerie und Kosmetik, 1949, 4. und 5. Auflage, Springer-Verlag Wien GmbH, S. 641.
[7] Wiberg N, Hollemann A F, Lehrbuch der Anorganischen Chemie, Walter de Gruyter, Berlin, New York, 2007, 102. Auflage, S. 537.
[8] Lee W-S, Hair Photoaging, in: Trüeb R M, Tobin D J, Aging Hair 2010, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 123-132.


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Letzte Überarbeitung: 1. November 2019, Fritz Meiners