Cooles Getränk – aber mit wieviel Eiswürfeln? Uwe Lüttgens
Im Tipp des Monats September 2021 haben wir uns mit dem festen Aggregatzustand des Wassers und dessen Übergang in den flüssigen Zustand beschäftigt – genauer: Mit der kühlenden Wirkung von Eis in Kaltgetränken. Nach der Klärung der Frage, warum ein Eiswürfel eigentlich kühlt, wurde ein für die Praxis wichtiges Problem aufgeworfen: Wie viele Eiswürfel brauche ich eigentlich, um ein – sagen wir mal - ein 5° C kaltes Getränk herzustellen? Einen Eiswürfel, drei davon oder doch lieber sieben Würfel, um garantiert ein Kaltgetränk zu bekommen? Bild 1: Sieben Eiswürfel sorgen garantiert für eine starke Abkühlung – beispielsweise von Rotwein
Die mEisten Menschen entscheiden sicherlich spontan über die Zugabe von Eiswürfeln. Vielleicht auch, wie das Bild suggeriert, getreu nach dem Motto: Viel hilft viel. Mein Leistungskurs Chemie [*], der sich mit viel Engagement im letzten Semester mit thermodynamischen Überlegungen auseinandergesetzt hat, durfte sich auch dieser Aufgabe, einem praktischen Optimierproblem, intensiver annehmen. Heraus kam eine kleine Abschätzung, die ich hier präsentiere. Versuch 1: Schmelzen von Eiswürfeln - Messung der Temperatur Geräte und Chemikalien: Glas mit Leitungswasser, Eiswürfel aus dem Gefrierfach, Thermometer, Löffel zum Rühren Durchführung: Ein Glas wird mit Wasser gefüllt und die Temperatur TWasser gemessen. Anschließend werden unterschiedlich viele Eiswürfel hinzugegeben. Schließlich wird in regelmäßigen Zeitabständen oder nach dem vollständigen Schmelzen der Eiswürfel die Temperatur des Wassers möglichst mittig im Glas bestimmt. Beobachtungen: Der Wasserstrahl wird zum Ballon hin in seiner Fallrichtung abgelenkt. Bild 2: Messanordnung des Versuchs vor der Zugabe der Eiswürfel. Ein einfacher Versuch, der zu Hause durchgeführt werden kann.
Ergebnis: Je nach Anzahl der Eiswürfel kühlt sich das Getränk unterschiedlich rasch und unterschiedlich stark ab. Der Versuch wurde mit 1, 3 und 7 Eiswürfeln (je ca. 18 ml Volumen) zur Abkühlung von 300 ml Wasser mit einer Anfangstemperatur von 20°C durchgeführt. Die Messung wurde entweder nach dem Schmelzen der Eiswürfel oder nach spätestens 12 Minuten beendet. Bild 3: Links: Drei Eiswürfel, nach 10 Minuten vollständig geschmolzen, führen zu einer Temperatur von 7° C.
Was soll die Formel leisten? Schön wäre es, wenn man die Anzahl n der benötigten Eiswürfel leicht berechnen könnte, die notwendig sind. Dazu sollten die Angabe des Volumens VWasser und die gewünschte Abkühlung ΔTWasser des warmen Getränks genügen. Versuchen wir es mal... Die Änderung der Temperatur des Wassers ΔTWasser ergibt sich aus der Temperaturänderung der Aufwärmphase des Eises auf 0° C ΔTAufwärm (1. Phase) und der Temperaturänderung der Schmelzphase ΔTSchmelz bei 0° C (2. Phase): Für beide Temperaturänderungen haben wir bereits Formeln im angesprochenen Tipp genutzt. Die hier verwendeten Größen sind dort ebenfalls zu finden. Gehen wir nun schrittweise vor: Mit QSchmelz = qSchmelz · mEis ergibt sich aus (3): Setzen wir (2) und (3) in (1) ein, ergibt sich: Nutzen wir nun noch die Formel für die Wärmeenergie des Eises QEis = cEis · mEis · ΔTEis, sollten wir alles beisammenhaben, um die gewünschte Formel zu erstellen: Vereinfacht ergibt sich: In dieser Formel finden sich alle für uns interessanten Informationen. Nun muss diese Formel noch so umgestellt werden, dass wir nur noch die Variablen eingeben brauchen, um die Masser der Eiswürfel mEis zu bestimmten: Oder einfacher, wenn das Eis aus dem Gefrierfach kommt und eine Temperatur TEis = -18 °C hat und somit ΔTEis = 18 K beträgt: Berechnen wir nun die Konstante: Nun haben wir eine einfache Formel gefunden, in die nur eingesetzt werden muss:
Gegeben ist weiterhin die Wassermasse mWasser = 300 g, das von 20° C auf 5° C abgekühlt werden sollen. Damit ist der Betrag von ΔTWasser = 15 K. Ein Vergleich mit dem experimentellen Ergebnis, bei dem sich für ein Kaltgetränk von 300 ml drei Eiswürfel zu einer raschen Abkühlung auf 7° C ergeben haben, zeigt, dass unsere einfachen Annahmen vollkommen ausreichen, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu bekommen. Anders gesagt: Die Formel zu Lösung des Optimierproblems kann als tragfähig betrachtet werden, schließlich wird sie durch das Experiment annähernd bestätigt.
Noch eine Anmerkung von Professor Blume: Er kühlt seinen Rotwein (neben Spätburgunder - nach alter Tübinger Tradition - Lemberger-Trollinger) selbstverständlich ohne Eiswürfel, einfach im Kühlschrank. Schließlich sollte der kostbare Wein keinesfalls verwässert werden...
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