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Tipp des Monats Oktober 2023 (Tipp-Nr. 316)


Beim Experimentieren den Allgemeinen Warnhinweis unbedingt beachten.


Die durchsichtige Donnerbüchse – Beobachtungen zur Knallgasreaktion mit Wasserstoff

Jens Schorn

Video 1: Knalldosenexperiment
(Video: Schorn)

Jedem aus dem Unterricht bekannt und gut im Gedächtnis sind Beschreibungen und Experimente über und mit Wasserstoffgas als Knallgasgemisch [7]. Um die Heftigkeit der Reaktion zu verdeutlichen wird neben dem mit Knallgas gefülltem Luftballon gerne auch das hier im Video gezeigte Experiment von der Lehrkraft durchgeführt. Es hat seinen einzigartigen Stellenwert zur Demonstration exothermer Reaktionen und dem Nachweis von Wasserstoff mit der sogenannten Knallgasprobe.


Experiment 1: Knallgasexplosion in einer Blechdose

Material:
a) Metalldose (alte Konservenbüchse 500-750mL) ohne Boden und einem Loch (1,5mm Durchmesser) im Deckel.
b) Wasserstoffgas aus einer Druckgasflasche oder einem Generator (Kipp´scher Apparat o.Ä.).
c) Feuerzeug oder langer Holzspan mit Zündhölzern.

Durchführung:
1. Das Loch im Dosendeckel zuhalten oder mit einem Klebestreifen verschließen. Die Dose von unten über den Zufuhrschlauch mit Wasserstoffgas füllen. Das aus einer Druckgasflasche entweichende Gas erzeugt einen Ton, der sich beim Füllen der Dose verändert. Er wird höher.
2. Die gefüllte Dose auf dem Tisch abstellen und den Gasgenerator oder die Druckgasflasche schließen und in sicherer Entfernung abstellen. Das aus dem oberen Loch entweichende Wasserstoffgas schnell entzünden und mindestens drei Meter Entfernung zum Experiment einnehmen.
3. Den Mund für einen Druckausgleich zum Mittelohr öffnen, da sonst das Trommelfell reißen könnte.

Beobachtungen:

Video 2: Knalldose Blech kurz mit Ton
(Video: Schorn)


1. Im Dunkeln ist die blaue Flamme des austretenden und kontrolliert abbrennenden Wasserstoffs zu beobachten.
2. Nach ca. 2-3 Minuten ist ein Ton wahrnehmbar, der langsam abfällt. Die Dauer bis zum Eintritt des Tons hängt von der Größe des Spalts ab, den der untere Dosenrand zur Tischplatte bildet. Je größer der Spalt, desto schneller bildet sich der Ton.
3. Zum Ende des abfallenden Tons ist ein sehr lauter Knall zu hören, die Dose fliegt senkrecht nach oben und unten schlagen Flammen aus der Dose heraus.

Ergebnis:
Zuerst brennt der Wasserstoff kontrolliert mit blauer Flamme ab. In der Dose verringert sich durch den Verbrauch des Wasserstoffs bei der Verbrennung das Volumen. Es entsteht ein Unterdruck, der Luft aus der Umgebung der Dose durch den offenen Boden nachzieht.
Der anfänglich reine Wasserstoff in der Dose vermischt sich auf diese Weise mit der Luft und dem in der Luft enthaltenden Sauerstoff.
Ab einer oberen Explosionsgrenze von 75,6% Wasserstoffgas in Luft [1] findet eine Kettenreaktion statt und das Gemisch explodiert.

Die hier ablaufende Reaktion nennt man aufgrund des Knalls Knallgasreaktion.

Die zugrunde liegende Verbrennung verläuft wie folgt:

2 H2 + O2 -> 2 H2O

Diese Verbrennungsreaktion verläuft in einer sehr schnellen Kettenreaktion ab, wie im Tipp Nr. 178 beschrieben ist.


Kann man den Ablauf der Knallgasreaktion sichtbar machen?
Bei dem gezeigten Experiment (Video 1) sieht man erst zu einem sehr späten Zeitpunkt unten aus dem Boden der Dose die Flammen herausschlagen. Um in die Dose hineinsehen zu können wurde hier eine Alternative in Form einer umgestalteten PET-Flasche verwendet.


Experiment 2: Knallgasexplosion in einer PET-Flasche

Material:
a) Oberes Drittel einer PET-Flasche (1L – Größe) mit einem scharfen Messer abschneiden. Der Schnitt sollte möglichst plan sein, sodass der entstehende Rand gut auf der Tischplatte steht. In den Deckel ein Loch (1,5mm Durchmesser) bohren.
b) Wasserstoffgas aus einer Druckgasflasche oder einem Generator (Kipp´scher Apparat etc.).
c) Feuerzeug oder langer Holzspan mit Zündhölzern.

Die beiden Dosentypen im Vergleich:

Bild 1: Dosen im Vergleich
(Foto: Schorn)

Bild 2: Dosen im Vergleich
(Foto: Schorn)

Durchführung:
1. Das Loch im Flaschendeckel zuhalten oder mit einem Klebestreifen verschließen. Die Halbflasche von unten über den Zufuhrschlauch mit Wasserstoffgas füllen. Das aus einer Druckgasflasche entweichende Gas erzeugt einen Ton, der sich beim Füllen der Flasche verändert. Er wird höher.
2. Die gefüllte Halbflasche auf dem Tisch abstellen und den Gasgenerator oder die Druckgasflasche schließen und in sicherer Entfernung abstellen. Das aus dem oberen Loch entweichende Wasserstoffgas schnell entzünden und mindestens drei Meter Entfernung zum Experiment einnehmen.
3. Den Mund für einen Druckausgleich zum Mittelohr öffnen, da sonst das Trommelfell reißen könnte.

Beobachtungen:

Video 3: Knalldose Plastic kurz mit Ton
(Video: Schorn)


1. Im Dunkeln ist die blaue Flamme des austretenden und kontrolliert abbrennenden Wasserstoffs zu beobachten.
2. Nach ca. 1-2 Minuten ist ein Ton wahrnehmbar, der langsam abfällt. Die Dauer bis zum Eintritt des Tons hängt von der Größe des Spalts ab, den der untere Flaschenrand zur Tischplatte bildet. Je größer der Spalt, desto schneller bildet sich der Ton.
3. Zum Ende des abfallenden Tons ist ein sehr lauter Knall zu hören, die Flasche fliegt senkrecht nach oben und in der Flasche ist eine Flamme zu beobachten, die unten aus der Flasche herausschlägt.

Ergebnis:
Zuerst brennt der Wasserstoff kontrolliert mit blauer Flamme ab. In der Flasche verringert sich durch den Verbrauch des Wasserstoffs bei der Verbrennung das Volumen. Es entsteht ein Unterdruck, der Luft aus der Umgebung der Flasche durch den offenen Boden nachzieht.
Der anfänglich reine Wasserstoff in der Flasche vermischt sich auf diese Weise mit der Luft und dem in der Luft enthaltenden Sauerstoff.
Ab einer oberen Explosionsgrenze von 75,6% Wasserstoffgas in Luft [1] findet eine Kettenreaktion statt und das Gemisch explodiert.

Bei der Knallgasreaktion in der Halbflasche kann man an den folgenden Schnappschüssen (von links nach rechts) gut erkennen, wie der Verlauf der Flammenfront in der Flasche abläuft.

Bilder 3-10: Schnappschüsse Knalldose Plastic
(Foto: Schorn)

Obwohl sich die Zündquelle für die Explosion in Form der brennenden Wasserstoffflamme an dem oberen Loch im Flaschendeckel befindet, entwickelt sich erstaunlicherweise die sichtbare Flamme erst am unteren Rand der Flasche. Die Flammenfront steigt dann von unten nach oben in der Flamme auf, während die Flasche mit hoher Geschwindigkeit nach oben fliegt.


Wieso wird die Flamme zuerst an der Unterseite der Flasche oder Dose sichtbar?
An diesen einfachen Beobachtungen kann man erkennen, dass Verbrennungsreaktionen extrem schnell ablaufen und bislang zu den großen Herausforderungen bestehender und zukünftiger Rechnergenerationen zählen, wenn es um die Simulation und Nachvollziehbarkeit von Verbrennung allgemein geht [8].

Die vielen Teilschritte der lawinenartigen Kettenreaktion, wie sie oben beschrieben wurden, fressen sich in Form einer Flammenfront von oben nach unten durch das unverbrannte Knallgasgemisch hindurch, ohne das wir den Verlauf beobachten können. Erst nachdem sehr viele Verzweigungen der Kettenreaktionen stattgefunden haben, werden sie für uns mit den einfachen Mitteln der Videografie sichtbar. Das kann man auch an Aufnahmen erkennen, die direkt im Verbrennungsraum von Benzinverbrennungsmotoren gemacht wurden [9]. Der Zündfunke entsteht am Zylinderkopf in der Mitte, aber die ersten sichtbaren Flammen liegen am Zylinderrand.

Die Verwendung der durchsichtigen Dose liefert somit den Vorteil, die Flammenfront beobachten zu können, auch wenn man hierzu die aufgenommen Videos möglichst langsam ablaufen lassen sollte.

Video 4: Knalldose Plastic langsam. Ton ausschalten und Abspielgeschwindigkeit reduzieren!
(Video: Schorn)

Um diesen Tipp zu einem echten Tipp im Sinne des Wortlautes zu machen, sei noch auf einen kleinen Nachteil bei der Verwendung der durchsichtigen PET-Flasche hingewiesen. Durch die Wärme der Wasserstoffflamme an dem Austrittsloch des Wasserstoffs, fängt der Kunststoffdeckel an zu schmelzen. Das Loch vergrößert sich langsam, da der Kunststoff zusammenschrumpft und der Deckel sollte bei häufiger Wiederholung des Experiments gegen einen neuen Lochdeckel ausgetauscht werden.


Quellen:
[1] Viktor Obendrauf; Feuerzeugbenzin im Arbeitstakt; Chemie und Schule (Salzburg.) 15 (2000) Nr.3
[2] Warnatz, Jürgen; Berechnung der Flammengeschwindigkeit und der Struktur von laminaren
[3] https://www.chemieunterricht.de/dc2/tip/04_12.htm
[4] https://www.chemieunterricht.de/dc2/gefahr/vkat-031.htm
[5] https://www.chemieunterricht.de/dc2/tip/18_03.htm
[6] Galileo - Knallgas / HHO-Gas Versuch
[7] Dr. Uwe Lüttgens u.a.; Fokus Chemie 7/8; Cornelsen Schulverlage GmbH Berlin, 1. Auflage 2016.
[8] https://www.uni-heidelberg.de/uni/presse/RuCa1_99/warnatz.htm
[9] https://youtu.be/UvmBLqjaZxY


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Letzte Überarbeitung: 23. Oktober 2023, Fritz Franzke