Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 350
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1906
F: Hilfe, der Waldmeister blüht zu früh!
Was ist los: Wir wollen eine Maibowle machen, und dazu wollten wir Waldmeister sammeln. In Ihrer Webseite schreiben Sie, dass man zur Maibowle „nicht-blühenden“ Waldmeister nehmen soll. Jetzt stellen wir fest, dass wir in unserem Wald nur blühenden Waldmeister finden - mitten im April!


A: Richtig. Ist mir auch schon aufgefallen. Die Waldmeisterblüte hat bereits um den 15. April begonnen. Das liegt wohl am zu warmen und zu „frühen Frühling“.

Auf diese Weise merkt wohl langsam auch der Letzte, dass irgendetwas mit unserem Klima nicht mehr stimmt.

Zurück zum Waldmeister: Sammeln Sie jetzt Ihre Portion, nehmen Sie halt etwas mehr und lassen Sie den Waldmeister trocknen. Dann dürften genug Aromastoffe (vor allem Cumarin) zur pünktlichen, das heißt terminlich korrekten Zubereitung Ihrer Maibowle vorhanden sein.


1907
F: Wieso heißt Schachtelhalm „Zinnkraut“? Zinn ist doch wohl nicht darin enthalten.


A: Stimmt. Zinn ist zwar ein Spurenelement, das sogar in unserem Organismus eine Rolle zu spielen scheint. Aber in größeren Mengen ist das nicht im Schachtelhalm enthalten.

Vielmehr enthält Schachtelhalm eine größere Menge an Kieselsäure, also letztlich eine Vorstufe von Quarz. (Wie beide zusammenhängen, erklären wir hier.) Damit ist die Pflanze als Poliermittel geeignet - eben für das früher viel verwendete Zinngeschirr.
Was den Kieselsäuregehalt betrifft: Da hätte man zum Polieren auch Gras oder Brennnesseln nehmen können.

Noch einmal zum Namen: Es gibt tatsächlich Pflanzen, die als Anzeiger für gewisse Mineralien dienen oder bestimmte Mineralien in größeren Mengen enthalten, was sich dann auch im Namen niederschlägt. Beispiele: Gipskraut, Bleiwurz, Kalk-Enzian, Silikat-Enzian, Kali-Salzkraut…

Schachtelhalm
(Foto: Blume)


1908
F: Ich hätte eine Frage zu den Nachwachsenden Rohstoffen. Wäre es möglich für einen Schüler Biosprit aus Haushaltsöl herzustellen? Wenn ja wie und mit welchem Zeitaufwand.


A: Ich gehe davon aus, dass Sie mit Biosprit Fettsäurenmethylester meinen. Die Synthese aus Haushaltsöl ist möglich.

Zu Ihrer Frage: Man macht das durch Umesterung mit Methanol. Hier haben wir eine Vorschrift.

Welche Zeit der Schüler benötigt, kommt darauf an, wie viel er herstellen will. Für eine Tankfüllung wird ein geübter Schüler bei ausreichender materieller Ausstattung des Schullabors wohl eine Woche benötigen.


1909
F: Mir hat vor kurzem jemand erzählt, dass das Schwimmbadwasser nur dann nach Chlor riecht, wenn vorher Urin dazu gekommen ist. Stimmt das?
Schließlich riechen Chlorreiniger oder Leitungswasser im Ausland (z.B. Türkei) auch nach Chlor und da ist doch wohl kein Urin drin...
Welche chemische Reaktion steckt denn dahinter?


A: Irgendwie stimmt das: Wenn man aus dem Schwimmbad kommt, spürt man einen merkwürdigen Geruch an sich. Aber das ist kein Chlorgeruch.

Deshalb muss man wissen, was eigentlich der „Geruch nach Chlor“ ist: Wenn Sie Chlor riechen wollen, mischen Sie (ganz wenig!!!) chlorhaltiges Reinigungsmittel mit (ganz wenig!!!) säurehaltigem WC-Reiniger. Diese Art Chlor ist in den Leitungswassern in der Türkei, aber auch z. B. in einigen Gegenden in England zu riechen.

Was Ihr Informant meint, ist der Geruch nach chlorierten organischen Substanzen. Die riechen ganz anders. Besonders berüchtigt sind die chlorierten Phenole, die schon in Picogramm-Mengen bzw. im ppb-Bereich geruchlich („geschmacklich“) wahrgenommen werden. Das kann ganze Fischpopulationen hinsichtlich ihrer Verwendung als Lebensmittel verderben.

Hier berichten wir darüber.

Dazu kommt der Abbau von Citronensäure (und ähnlichen Substanzen), die zur Bildung von geruchsintensiven Haloformen führen. Iodoform CHI3 z. B. riecht nach „Krankenhaus“, Chloroform CHCl3 süßlich.

Hier berichten wir darüber.


1910
F1: Ich bin in der Q11 und fange bald mit meiner Seminararbeit zum Thema "Isolierung von Lycopin aus Tomaten" an. Ich habe bei meinen Recherchen bereits eine andere Anfrage zur Isolierung von Lycopin auf ihrer Webside gefunden, bei der Sie erklären, dass die Gewinnung des Lycopins mit Petrolether möglich wäre. Allerdings kann ich ansonsten keine genaue Versuchsdurchführung finden, und möchte Sie um Hilfe bitten.
Könnten Sie mir eine genauere Anleitung zu diesem Versuch mit Petrolether schicken?

Andere Möglichkeiten zur Isolierung, die ich im Internet finden konnte, werden oft mit Dichlormethan durchgeführt. Meinem betreuenden Lehrer wäre es jedoch lieber, wenn ich mit Petrolether arbeiten könnte, da dieser nicht so "gefährlich" ist.


A1: Zur Vorschrift: Klicken Sie hier und gehen Sie auf Frage 520. Da wird Ihnen geholfen… Nehmen Sie einen Petrolether mit möglichst niedriger Siedetemperatur. Die Kristalle sind nadelförmig, also vermutlich monoklin.
Lycopin ist übrigens nicht nur der Farbstoff der Tomate, sondern auch der Hagebutte. Mit Hagebuttenmus geht das also auch.


F2: Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre Hilfe! Gibt es etwas, das ich bezüglich der Menge an Tomatenmark oder Petrolether berücksichtigen müsste? Und nach dem Mischen der beiden Substanzen filtriere ich einfach durch ein Filterpapier?


A2: Ich weiß nicht, wie viel Lycopin Sie herstellen wollen oder müssen. Pro Kilogramm reifer Tomaten bekommt man etwa 20 mg Lycopin. Wie viel Tomaten in einem Kilogramm Tomatenmark enthalten sind, weiß ich nicht. Ich würde eine Reihe kleiner Dosen nehmen.

Zur Herstellung. Filtrieren geht schlecht. Extrahieren Sie erstmal wirklich gut (Schütteln, schütteln, schütteln… - z. B. mit einem Schütteltrichter) und lassen Sie die Mischung dann länger stehen, damit sich der Festkörper absetzt. Gießen oder „hebern“ Sie die überstehende Flüssigkeit mit einer Pipette samt Peleusball vom gebildeten Bodensatz ab. Sie können auch zentrifugieren. Die so erhaltene Flüssigkeit können Sie filtrieren und weiter bearbeiten.


F3: Ich habe ihren Versuch zur Gewinnung von Lycopin nun schon ein paar mal ausprobiert, aber ich erhalte keine schönen Lycopinkristalle. Alles, was bei mir nach dem Filtrieren übrig bleibt, ist ein gleichmäßig roter Film, der sich über die Porzellanschale zieht.
Haben Sie vielleicht irgendwelche Tipps, was ich noch versuchen könnte oder was ich evtl. falsch mache?

Ich habe zuerst etwa 30 g Tomatenmark mit 100 ml Petrolether gemischt, danach in einem Schütteltrichter sehr lange durchgeschüttelt und schließlich die orange-rote Flüssigkeit vom übrigen, festen Tomatenmark getrennt und in eine Porzellanschale filtriert. Als ich mir das Ergebnis einen Tag später angeschaut habe, war nur dieser rote gleichmäßige Film übrig, aber nichts das einem Kristall ähneln könnte.


A3: Das Züchten von Kristallen ist eine experimentelle Kunst, die erlernt und ständig trainiert werden muss.

Beim ersten Schritt zum Extrahieren von Lycopin aus Tomatenmark werden natürlich viele Fremdsubstanzen mitgeschleppt, die die Kristallisation des Lycopins hemmen. Um die zu entfernen, muss man die Methode der Umkristallisation anwenden. Dabei werden die Lycopinfilme wieder mit wenig Petrolether aufgelöst und erneut zur Kristallisation gebracht. Man achte aber darauf, dass die Lösung nicht wieder vollständig eintrocknet! Die überstehende – wenn auch noch rote - Lösung mit den Störstoffen wird verworfen (oder in einem getrennten Gefäß aufbewahrt, um sie später noch einmal aufzuarbeiten). Beim Eindunsten sollten sich die nadelförmigen Kristalle bilden. Wenn nicht, muss man die Prozedur mehrmals wiederholen.

Aus diesem Grunde sollten Anfänger möglichst viel Substanz zur Verfügung haben, also viel Tomatenmark extrahieren. An Ihrer Stelle würde ich nicht von 30 g, sondern von einem Kilo ausgehen.

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Letzte Überarbeitung: 10. November 2012, Dagmar Wiechoczek