Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 394
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F: Wenn man Glucose (bzw. handelsüblichen Traubenzucker) kauft, welches Anomer liegt dann vor? Ist das alpha-Glucose, oder beta-Glucose? Oder ein Gemisch aus beiden? (Ein Gemisch wäre mein Tipp, da die reinen Anomeren ja komplizierter zu synthetisieren sind.) Auch hierzu konnte ich keine Informationen finden, ich kann mir aber vorstellen, dass meine Schüler das fragen….


A: Da Glucose aus ihrer wässrigen Lösung gewonnen wird, ist die Zusammensetzung von Traubenzucker, so wie ich es im Tipp zur Struktur der Anomere beschreibe: Die β-Form ist zu 64%, die α-Form zu 36% (dazu noch die offenkettige oxo-Form < 0,1%) vertreten.

Man muss aber bedenken, dass der käufliche Traubenzucker oft mittels enzymatischer bzw. säurekatalysierter Hydrolyse von Stärke hergestellt wird. Statt reiner Glucose handelt es sich bei den Traubenzuckertäfelchen um eine Mischung von niedermolekularen Stärkebruchstücken.
Da in den Traubenzuckertäfelchen erstaunlich wenig freie Glucose enthalten ist, fällt der Fehling-Nachweis manchmal recht kläglich aus. Die Herstellung eines Silberspiegels gelingt nach unseren Erfahrungen damit überhaupt nicht.


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F: Diesmal bezieht sich meine frage auf ein zerbrochenes quecksilberthermometer. Es ist schon 20 Jahre her, dass es zerbrochen ist. Aber ich fürchte, ich habe damals die Reste nicht ordnungsgemäß entsorgt. Kann es sein, dass ich von diesem Vorfall eine chronische quersilbervergiftung davongetragen habe, oder ist die Menge zu klein und ich haette längst vergiftungserscheinungen haben müssen.


A: Machen Sie sich keine Sorgen: Wie Sie vermuten, hätten Sie längst Vergiftungserscheinungen haben müssen. Sie müssen es nicht so wie ein Kollege von mir machen, der nach einem analogen Unfall aus seiner Wohnung auszog.


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F: In letzter Zeit höre und lese ich immer wieder von einer Kosmetik mit Omega-3-Fettsäure namens ALA. Ich kenne diese Abkürzung eigentlich nur von der Aminsäure Alanin.


A: Es handelt sich bei ALA nicht um die Abkürzung für Alanin; die wird mit Ala abgekürzt.
Vielmehr handelt es sich hier um eine langkettige, dreifach ungesättigte Fettsäure mit 18 C-Atomen: α-Linolensäure (engl. Alpha Linolenic Acid, daher die Abkürzung ALA).

Die Strukturformel ist:

CH3-CH2-CH=CH-CH2-(CH=CH-CH2)2-(CH2)6-COOH

Zur Nomenklatur: Omega (ω) ist der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets; damit bezeichnet man das von der Carboxylgruppe entfernteste Ende der Kohlenstoffkette. Omega-3 bedeutet, dass die letzte Doppelbindung in der drittletzten C-C-Bindung liegt.

Verwirrend ist in diesem Zusammenhang das α, mit dem man in der Strukturchemie eigentlich das zweite C-Atom einer entsprechenden Kohlenstoffkette bezeichnet. (Man denke an die α-Aminosäuren.) Bei ALA handelt es sich aber um die Benennung eines Typs der Linolensäuren.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind für Menschen und manche Tiere essentiell, d. h., sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. So handelt es sich in erster Linie um Nahrungsergänzungsmittel. Inzwischen vermeint man auch erkannt zu haben, dass ALA die Hautalterung hinausschiebt; deshalb findet man sie auch in Hautpflegemitteln.

Nun werden die meisten ungesättigten Fettsäuren vor allem aus Fischölen gewonnen. Anders ist es bei der ALA: Diese entstammt vor allem pflanzlichen Ölen. So erinnert der Geschmack von ALA an frische Walnüsse. Auch Rapsöl enthält viel ALA.
Es handelt sich bei der oben angesprochenen Kosmetik-Werbung wohl hauptsächlich darum, unter Hinweis auf die ALA vom Fischöl- und Lebertran-Image der ungesättigten Fettsäuren wegzukommen.


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F: Ich habe gelesen, dass ungeschälter Reis, Reiswaffeln und Reisbrei mit Arsen belastet sein sollen. Wie kommt das Arsen in den Reis?


A: Reis wächst bekanntlich in Feldern, die unter Wasser stehen. Wenn diese Gewässer mit Arsen belastet sind, besteht die Gefahr, dass die Pflanzen Arsen aufnehmen. Das ist zum Beispiel der Fall in Bangladesh: Der Fluss Brahmaputra, der aus dem Himalaja-Gebirge kommt, weist aus geologischen Gründen eine besonders hohe Arsenkonzentration auf. So sind auch die Fluss-Sedimente stark belastet. Chronische Arsenvergiftungen sind im Ganges-Delta keine Seltenheit.

Die Giftigkeit von anorganischen Arsenverbindungen beruht unter anderem darauf, dass sie mit Phosphaten konkurrieren. Insbesondere stört Arsen den Energie-Stoffwechsel, an dem ATP beteiligt ist. Da auch die anderen Nucleotide betroffen sind, gibt es außerdem Störungen bei der Synthese von Nucleinsäuren. Deshalb stehen Arsenverbindungen auch im Verdacht, Krebs auszulösen.

Zum Thema gibt es einen Tipp des Monats.


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F: In letzter Zeit liest man immer wieder von Sauerkraut-Platten, die von den Turnhallen-Decken fallen. Woraus bestehen die?


A: Das sind die Dämm-Platten, mit denen man u. a. die Decken und Wände von größeren Räumen wie Sporthallen ausgestattet hat. Man erkennt sie an der Zusammensetzung, denn sie bestehen aus gepresster grober Holzwolle, die durch zugefügte mineralische Anteile zusammengehalten wird. Das gibt ihnen ein sauerkraut-artiges Aussehen. Man kennt das Material im Allgemeinen unter der Bezeichnung Heraklith®.

Wenn die Deckenplatten durch eindringendes Wasser feucht geworden sind, verfärben sie sich gelb-bräunlich. Dann fangen sie rasch an, sich zu zersetzen - wie das folgende Bild zeigt.

Verwittertes Stück einer „Sauerkraut-Platte“
(Foto: Blume)


Zum Problem werden sie, wenn sie - wie in einigen Turnhallen - unsachgemäß befestigt worden sind. Auf diese Weise sind sie ein typisches Beispiel für unberechenbare metastabile Systeme geworden.

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Letzte Überarbeitung: 28. Februar 2016, Fritz Meiners