Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 397
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F: Ich möchte Ihren Versuch "Cola entfärben" durchführen. Hierfür benötige ich Aktivkohle. Meine Frage: Kann ich die Aktivkohle auch durch Kohletabletten ersetzen? Oder verhindern die in der Tablette enthaltenen Stoffe Bentonit und Maisstärke eine erfolgreiche Durchführung?

Und ein Lob zum Schluss: Auf ihrer Seite findet man tolle Anregungen. Gerade für Leute, die nur wenig Ahnung haben.


A: Ich kann Sie nur ermuntern, Kohletabletten zu benutzen. Die sind weitgehend identisch mit der unverpackten Aktivkohle, haben der gegenüber aber viele Vorteile:

Die unverpackte Aktivkohle vergammelt leicht, vor allem, wenn sie im Schullabor herumliegt - auch wenn es sich um „verschlossene“ Gefäße handelt: Denn jedes Öffnen hat zur Folge, dass die Aktivkohle aus der Umgebungsluft Substanzen aufnimmt und adsorbiert. Dadurch sinkt ihre Aktivität derartig, dass sie bald nicht mehr zum Experimentieren taugt.

Pulverförmige Aktivkohle hat außerdem den Nachteil, dass sich das Pulver an Kleider, Finger, Unterlage usw. adsorbiert und nur schwer zu entfernen ist. Weiter ist sie schwer zu filtrieren.

Dagegen ist die in Blistern verpackte Tabletten-Aktivkohle vor Umwelteinflüssen geschützt und deshalb unbegrenzt haltbar und aktiv. Dazu ist sie in handlichen Portionen verpackt, die gerade für Schülerversuche besonders geeignet sind. Hinzu kommt, dass sie leicht zu filtrieren ist.

Zusätze wie Bentonit und Maisstärke stören nicht, im Gegenteil: Sie verbreitern das Spektrum der adsorbierbaren Stoffe in den polaren Bereich - denn die reine Aktivkohle ist eher für unpolare Substanzen geeignet.

Bentonit ist übrigens eine spezielle mineralische Bleicherde. Sie besteht aus Tonmineralien wie vor allem Montmorillonit. Letzteres ist ein Alumosilicat, das eine besonders gute Quellfähigkeit in Wasser und ein hohes Ionenaustauschvermögen besitzt.


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F: Bei uns in der Nachbarschaft ist eine Bohrung zur Gewinnung von Erdwärme (Geothermie)abgeteuft worden. Die Sonden, die man darin einbrachte, wurden mit einem zementartigen Material eingebettet, das der Aufschrift auf den Tüten nach Bentonit enthält. Warum setzt man das zu? Bentonit ist doch eigentlich Bleicherde.


A: Bentonit ist ein spezielles Alumosilicat und enthält vor allem Montmorillonit, eines von vielen Tonmineralien. Letztere sind Schichtsilicate, zwischen deren Schichten sich Wasser und Kationen einlagern können. Durch die Wassereinlagerung dehnt sich das Mineral aus. Folglich besitzen Tonmineralien eine besonders gute Quellfähigkeit und ein hohes Vermögen als Ionenaustauscher.

Besonders wichtig für Bohrungen ist die Fähigkeit zur reversiblen Gelbildung, die ganz besonders beim Bentonit auftritt. Solche Gele haben die Eigenschaft, sich bei mechanischer Einwirkung wie Schütteln oder Rühren zu verflüssigen. Hört die mechanische Einwirkung auf, so verfestigt sich das Gel wieder. Man spricht von (Thixotropie) (griech. thixis, Berührung, tropos, Wandlung).


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F: Ich bin´s schon wieder, gleich mit zwei Fragen (das IN hilft mir nicht weiter):


1) Wie kann man den beachtlichen Unterschied der Schmelzpunkte von Benzol und Toluol erklären? Beide Substanzen sind sich doch in anderen Eigenschaften ziemlich ähnlich?
2) Warum wirkt Phenol so hautaggressiv? Alle anderen Benzolabkömmlinge sind doch diesbezüglich viel gutmütiger (wenn auch vielleicht noch giftiger)?

Über Ihre fachmännische Hilfe würde ich mich - wie immer- sehr freuen.

PS: Mir ist eine Nitrierung des Benzols mit lediglich 30%iger Salpetersäure (und natürlich konz. Schwefelsäure) mit ganz guter Ausbeute an Nitrobenzol gelungen - erstaunlich, wo in der Literatur immer konz. Salpetersäure verlangt wird!


A: 1) Die Schmelzpunkte sind erstaunlich unterschiedlich: Benzol 5,5 °C; Toluol -95 °C. Der Grund ist ganz einfach: Benzol ist ein völlig symmetrisch gebauter, flacher sechseckiger Körper, der kaum in sich schwingt und deshalb sehr leicht Kristalle bildet. Anders ist es beim Toluol. Der Methylrest ist so sperrig und schwingt derartig, dass dadurch die Kristallisation erschwert wird. Die gelingt erst bei tiefen Temperaturen, weil da die Schwingung geringer wird.

2) Phenol ist relativ flach gebaut und dazu noch wegen der Hydroxylgruppe sehr polar. Folglich wirkt Phenol wie ein Tensid. Damit können seine Moleküle leicht die schützende Oberhaut durchdringen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Salicylsäure, mit der man Hornhaut und Hühneraugen bekämpfen kann. In der tieferen, ungeschützten Haut kann Phenol sogar die Lipidsperren der Zellwände durchdringen. Phenol kann sogar mit Proteinen wechselwirken, indem es die Strukturen stört und denaturierend wirkt. Erschwerend kommt hinzu, dass Phenol sauer wirkt.

3) Zu Ihrem PS: Die Konzentration der Salpetersäure ist nur eine Frage der geplanten Reaktionsdauer und Ausbeute. In der Literatur geht man von möglichen Optimal-Ergebnissen, die in der Technik erwünscht sind, aus. In Ihrem Fall könnten Sie zur Schwefelsäure anstelle von Salpetersäure auch Kaliumnitrat geben.


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F: Wir hätten chemische Fragen an Sie aufgrund eines eingegangenen Prüfberichts zu Ablagerungen an einem Kleidungsknopf. Dieses weist grüne Ablagerungen (Kupfer(II)-Acetat) als Grünspan bei einem Knopf nach. Es ist ein kleiner, herkömmlicher T-Shirt-Knopf.


A: Kupfer und seine Verbindungen sind mindergiftig. Es gehört sogar zu den lebenswichtigen Spurenelementen. Kleine Mengen sollten Sie nicht beunruhigen. Das gilt auch für mögliches Verschlucken eines angelaufenen Knopfs. Ich finde es eher aus mechanischen Gründen ungesund, einen kleinen Knopf zu verschlucken, denn der kann in der Lunge des Kindes landen.

Zu Reinigen der Kleidung sollten Sie auf keinen Fall Essig oder schon gar nicht die hochkonzentrierte Essigessenz nehmen, denn erst dann bildet sich ja der Grünspan erst recht. (Acetate heißen die Salze der Essigsäure.) Ich vermute, dass daher auch Ihr Wäsche-Knopf Grünspan angesetzt hat: Viele Leute meinen, ihre Wäsche und vieles andere mit „gesundem“ Essig traktieren zu müssen - z. B. als Weichspüler.

Zum Schluss noch ein Tipp: Schneiden Sie den verdächtigen Metallknopf ab und ersetzen Sie ihn durch einen aus Perlmutter oder Kunststoff.


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F1: Der Polykondensationsversuch mit Sorbit und Zitronensäure funktioniert wirklich einwandfrei! Ich habe jetzt auch eine Versuchsbeschreibung für einen Mikrowellenversuch erstellt, der gut gelingt. Als ich die Mikrowelle sah, kam mir gleich eine Idee: Müsste man, wenn man neue Reagenzgläser nimmt und das entstehende Polykondensat etwa in eine Silikonform ausgießt, den Kondensationsgrad nicht auch durch Geschmackstest überprüfen können? Eigentlich sollte ja bei einem hohen Kondensationsgrad (und natürlich möglichst geringer thermischer Zersetzung) die Stärke der Süß/Sauer-Empfindung Aufschluss darüber geben, wie stark die Endgruppen abreagiert haben...


A1: Die Idee ist nicht so gut. Es gibt eine fundamentale Regel: Im Labor wird nichts probiert. Vor allem, wenn Schüler anwesend sind. Besser ist es, denen zu zeigen, wie man statt sensorisch-subjektiver Gefühlsbestimmung den pH-Wert von Lösungen misst oder zumindest einen Indikator einsetzt.


F2: Natürlich ist mir diese Regel bekannt und ich würde niemals Schülerinnen oder Schüler Produkte aus dem Labor probieren lassen. Die Idee, Edukte und Produkte titrimetrisch experimentell miteinander zu vergleichen, gefällt mir! Herzlichen Dank dafür!

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Letzte Überarbeitung: 13. September 2016, Fritz Meiners