Die Maillard-Reaktion

Experimente:
Versuch: Maillardreaktion (Wohlgerüche aus der Retorte)


Schneidest du einen frischen Apfel an, so wird nach kurzer Zeit die Schnittfläche braun. Diese Reaktion ist auf die in dem Apfel enthaltenen Enzyme zurückzuführen und man bezeichnet sie entsprechend als enzymatische Bräunung.
Anders ist es bei der Maillard-Reaktion, der nichtenzymatischen Bräunung. Hier dreht es sich nicht um Enzyme sondern um reduzierende Zucker, die mit Aminosäuren, Peptiden oder Proteinen reagieren. Die dabei entstehenden Produkte sind für die Farbgebung (rotbraune bis schwarzbraune Melanoidine) und die Aromabildung von großer Bedeutung. So erhalten z. B. Kaffee, Brot oder Braten ihre charakteristische Farbe und ihren Geschmack über die Maillard-Reaktion. Weiterhin sind Maillard-Produkte für den "Kochgeschmack" (z. B. bei Milch) verantwortlich und dienen so als Indikator für erhitzte Lebensmittel.


Definition der Maillard-Reaktionen
Unter Maillard-Reaktionen versteht man hitzebedingte chemische Vorgänge, die zur Aromaverstärkung und zur Farbvertiefung führen.


Der Reaktionsverlauf
Die Maillard-Reaktion ist eine mehrstufige Reaktion, d. h. sie setzt sich aus vielen aneinander gereihten Reaktionen zusammen.
Im ersten Schritt reagieren reduzierende Zucker wie z. B. Lactose oder Glucose mit einer Aminosäure oder anderen Aminoverbindungen (Peptiden, Proteine), wobei sich N-Glycoside (Glykosamine) bilden. Das sind die Amadori-Produkte.

Amadori-Umlagerung

Während die Amadori-Produkte relativ stabil sind, kann es im alkalischen Milieu zu einer Umwandlung zurück in die Endiol-Form kommen, die dann zu Eliminierungsreaktionen neigt. Dabei kann der Amin-Rest abgespalten werden, wodurch Dicarbonyl-Verbindungen, Desoxy-osone, entstehen:

Das hier aus einem 1,2-Endiol gebildete 3-Desoxyhexoson stellt nur ein Zwischenprodukt dar, welches (vor allem beim Erhitzen) schnell weiter unter Abspaltung von 2 Molekülen Wasser zu 5-Hydroxymethylfurfural (HMF) weiterreagiert.
HMF ist übrigens ein wichtiger Erhitzungsindikator bei Honig und Traubensaft.

Aus einem 2,3-Endiol bildet sich durch Abspaltung des Amin-Restes das 1-Desoxyhexoson, dessen Spaltung unter anderem Diketone, Furanone, Furane oder Pyranone ergibt. Beispielsweise ist das Pyranon Maltol für den typischen Karamellgeschmack verantwortlich:

Die in dieser 1. Reaktionsphase entstandenen Verbindungen sind aber immer noch ziemlich reaktiv, so dass sie sich im weiteren Verlauf der Maillard-Reaktion mit anderen Amin-Gruppen-tragenden Verbindungen, z. B. Aminosäuren, umsetzen können. Die vielen möglichen Folgereaktionen in der nun folgenden 2. Reaktionsphase führen zu den unterschiedlichsten Folgeprodukten.
Hier sind einige Beispiele.


Streckerabbau
Die Reaktion von Dicarbonyl-Verbindungen mit Aminosäuren führt zu einer Übertragung der Amino-Gruppe auf die Dicarbonyl-Verbindung. Die als Streckerabbau bezeichnete Reaktion liefert neben freiwerdendem Kohlendioxid a-Aminoketone und Strecker-Aldehyde, die im Vergleich zu den Ausgangs-Aminosäuren ein um ein C-Atom verkürztes Grundgerüst aufweisen. Durch Kondensation zweier a-Aminoketone entstehen Pyrazine, die häufig extrem niedrige Geruchsschwellen aufweisen und somit zu den typischen Maillard-Aromen beitragen. Beispielsweise riechen das 2,5-Dimethyl-3-ethylpyrazin nach gebackenen Kartoffeln und das Acetylpyrazin nach Popcorn.
Außerordentlich aromaintensiv sind die aus den schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein und Methionin entstandenen Abbauprodukte, die z. B. beim Braten von Fleisch entstehen. Viele werden von uns bereits gerochen, wenn ihre Konzentration noch im ppb-Bereich liegt. Methionin zersetzt sich übrigens schon bei Sonnenbestrahlung zu dem "Strecker-Aldehyd" Methional, welches für den unerwünschten Sonnengeschmack von Milch verantwortlich ist.

Und, wie anfangs bereits erwähnt, bilden sich neben vielen, vielen anderen Stoffen noch die für die Maillard-Reaktion offensichtlichen, unlöslichen braun bis schwarz gefärbten Melanoidine.
Damit du aber eine kleine Vorstellung von der Menge der an einem Aroma beteiligten Stoffe hast, die allerdings nicht nur über die Maillard-Reaktion, sondern auch durch Pyrolyse anderer Lebensmittel-Inhaltsstoffe entstehen können, hier einige Beispiele:

Im Aroma des Röstkaffees hat man über 600 Verbindungen nachweisen können, in gebratenem Fleisch und im Kakao mehr als 500, im Bier über 250. Du siehst, Aromen haben es in sich und zwar nicht nur geruchlich!

Da die Maillard-Reaktion auch in der Kälte ablaufen kann - allerdings nur sehr langsam - kommt es schon mal zu Problemen bei der Lagerung von Lebensmitteln. Denn egal, ob langsam oder schnell, nicht immer sind die entstehenden Produkte wünschenswert. Sie können zu Fehlaromen ("off flavor"), Farbveränderungen sowie zu Verlusten von essentiellen Aminosäuren (Lysin, Methionin) führen. Einige der Maillard-Produkte besitzen sogar toxikologische Relevanz.

Auf einer besonderen Webseite beschreiben wir einen typischen Vertreter von Maillard-Produkten, das Pronyl-Lysin.


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Letzte Überarbeitung: 28. Oktober 2013, Dagmar Wiechoczek