Warum hat Mineralwasser manchmal einen fischigen Geschmack?

Manche Leute meinen, dass, wenn sie abgestandenes, stark Hydrogencarbonat-haltiges Mineralwasser trinken, es manchmal fischig schmeckt. Das sei vor allem nachts oder morgens vor dem Zähneputzen der Fall. Woher kommt das?

Um das zu verstehen, müssen wir eine regelrechte chemische Reaktionskaskade studieren.

Wenn Mineralwasser länger offen steht, dampft CO2 ab.


Bei einem hohen Anteil an Calcium kann sich sogar weißer Kalkstein CaCO3 ablagern. Den sieht man dann morgens im Glas. (Manche meinen allerdings, das sei nur Hausstaub...)

Ungebundene Carbonat-Ionen reagieren mit Wasser.


Die dabei entstehenden Hydroxid-Ionen machen das Wasser alkalisch.

Zu den Gleichgewichten des CO2/H2O-Systems klicke hier oder auch hier.

Nun brauchen wir noch andere Akteure: Im Mund leben Bakterien. Die zersetzen Proteine und Aminosäuren - ganz besonders nachts. Es bilden sich letztlich durch Decarboxylierung biogene Amine. So entsteht z. B. aus der Aminosäure Glycin fischig riechendes, bei Zimmertemperatur dampfförmiges Methylamin.


Im nächtlichen, meistens saurem Milieu des Mundes liegen diese Amine weitgehend protoniert vor. Der Grund für das saure Milieu ist, dass Mundbakterien Kohlenhydrate zu Zuckersäuren oxidieren.


Im protonierten Zustand sind die Amine nicht dampfförmig, so dass man sie nicht riechen kann. Man „schmeckt“ sie folglich auch nicht. (Klicke hier.)

Im stärker alkalischen Milieu des abgestandenen Mineralwassers werden die biogenen Amine in ihre freien, leicht verdampfenden Basen umgewandelt und entfalten nun direkt in Mund und Rachen voll ihre fischige Duftnote.


Da hilft nur eines: Schnell Zähne putzen gehen und frisches Mineralwasser trinken.

Die chemischen Vorgänge erinnern an das Überführen von Kokain in Crack. Klicke Frage 990 an.


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Letzte Überarbeitung: 22. Juli 2009, Dagmar Wiechoczek