Technische Ethanolsynthesen

Gärungsalkohol reicht nicht aus
Gesetze schreiben vor, dass Getränke-Alkohol nur durch alkoholische Gärung hergestellt werden darf, also auf natürlichem Wege. Insider sprechen von Biosprit.

Für industrielle Zwecke muss Ethanol technisch produziert werden. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe:

Dies ist schon wegen der riesigen Mengen, die benötigt werden, sinnvoll. Ethanol benötigt man zum Beispiel als Lösungsmittel. Die alkoholische Gärung ist nicht gerade sehr ergiebig. Bereits ab einem Alkoholgehalt von 15 % kommt sie zum Stillstand, und es lässt sich auf diese Weise kein konzentrierteres Ethanol gewinnen. Außerdem dauert der Gärprozess recht lange und ist dazu noch abfallintensiv.

Ein weiteres Problem: Bestimmte Synthesen wie die Darstellung von Estern macht es erforderlich, von absolutem, also 100%igen Alkohol auszugehen.
Durch Destillieren des Alkohol-Wasser-Gemischs erhält man nur 96,5%igen Alkohol. Grund ist das Auftreten eines azeotropen Gemischs, wodurch eine völlige Auftrennung nicht möglich ist. Die Wasserentfernung durch chemische Zusätze ist sehr aufwendig.


Carbidsprit versus Biosprit
In Kriegszeiten und später auch in den Notzeiten wie auch in der DDR hat man Ethanol aus Carbid, also letztlich aus Kalk und Kohle gemacht. Zunächst wurde in Elektroöfen Carbid hergestellt.

CaCO3 + 3 C + Energie ———> CaC2 + CO + CO2

Calciumcarbid reagiert mit Wasser zu Ethin.

CaC2 + 2 H2O ———> Ca(OH)2 + C2H2

An Ethin wird Wasser addiert. Katalysator sind Quecksilberverbindungen wie in Schwefelsäure suspendiertes "Mercurisulfat" HgSO4. Der zunächst gebildete Vinylalkohol lagert sich spontan zu Acetaldehyd (Ethanal) um.

Dieser Aldehyd wird unter Addition von Wasserstoff zu Ethanol reduziert.

Das Verfahren ist weitgehend außer Dienst gestellt, denn es war ausgesprochen umweltschädigend. Zum einen betraf das schon die staubintensive Herstellung von Calciumcarbid. Dann entstehen beim Zersetzen mit Wasser viele giftige Nebenprodukte wie zum Beispiel die Phosphane wie PH3 oder P2H6 ("Geruch nach Carbid"), die man auch als Gift gegen Wühlmäuse einsetzt.
Das Schlimmste aber waren die mit hochtoxischen Quecksilber(II)-Verbindungen verunreinigten Abwässer. Sie waren zum Beispiel Anlass für die Umweltkatastrophe in der Minamata-Bucht.


Wie Industriealkohol heute technisch hergestellt wird
Es gibt heute unterschiedliche Methoden, um Ethanol technisch zu synthetisieren.
Das gebräuchlichste Verfahren ist die Addition von Wasser an Ethen. Dieses Gas stammt aus Crackgasen und fällt in großen Mengen an. Grundsätzlich gibt es zwei Additionsverfahren.

Man leitet Ethen in Schwefelsäure ein. In einer exothermen Reaktion entsteht zunächst der Monoester der Schwefelsäure, Ethylhydrogensulfat. Anschließend wird das Reaktionsgemisch zusammen mit Wasser auf 70-100 °C erhitzt. Es bildet sich Ethanol, das später abdestilliert werden kann.

Schwefelsäure ist nur insofern Katalysator, als die Protonen eine wichtige Rolle spielen.

Im anderen Fall leitet man eine Mischung von Ethen und Wasserdampf bei 300 °C und unter Druck über Kieselgel, das mit Phosphorsäure belegt ist.


Bioalkohol wird aber dennoch technisch verwertet
Trotz seines Wassergehalts dient Bioalkohol zunehmend als nachwachsender Treibstoff, der in Verbrennungsmotoren oder in Brennstoffzellen eingesetzt wird. Das Wasser ist sogar förderlich, wenn wir an die Vorgänge in Verbrennungsmotoren denken: Es erhöht beim Verdampfen den Druck im Zylinder. Bei der Brennstoffzelle ist es selbst Reaktionsprodukt und stört nicht weiter.


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Letzte Überarbeitung: 22. Juni 2006, Dagmar Wiechoczek